Günter Pursch
Große Koalition hätte Mehrheit in der
Länderkammer
Aktuelle Sitzverteilung im Bundesrat und
Fraktionsstärken seit 1949 im Bundestag
Nach der vorzogenen Bundestagswahl, die sowohl den
Sozialdemokraten als auch der Union mit ihren jeweils
möglichen Koalitionspartnern von Grünen und FDP keine
Mehrheit brachte, gab es allerlei Spekulationen, wer mit welcher
Partei in eine Bundesregierung eintreten könnte. Nun
allerdings ist in der föderal verfassten Bundesrepublik
Deutschland für ein regierungsfähiges Bundeskabinett
nicht nur die Mehrheit im Bundestag wichtig. Auch im Bundesrat muss
für zustimmungspflichtige Gesetze eine entsprechende Mehrheit
- 35 von 69 Stimmen - in der Länderkammer gefunden werden.
Eine Koalition unter Einschluss der Linkspartei.PDS mit dem
ehemaligen SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine lehnten die
Sozialdemokraten ebenso umgehend wie strikt ab. Die PDS hatte
bereits im Wahlkampf ihre Ablehnung jeglicher Koalition
formuliert.
Die FDP schloss wiederum vehement eine Partnerschaft mit der SPD
aus, an der aufgrund der Mehrheitsverhältnisse auch die
Grünen hätten beteiligt werden müssen - kurz
Ampelkoalition genannt.
Bereits nach dem ersten Sondierungsgespräch zwischen
CDU/CSU und Grünen - wegen der Farben schwarz, gelb und
grün in der Landesflagge kurz Jamaika-Koalition oder auch
Schwampel (Schwarze Ampel) genannt - scheiterte ein mögliches
Regierungsbündnis, da die Grünen mit der Union zu wenig
politische Gemeinsamkeiten sahen. Auch hier hätte die FDP als
weiterer Partner eingeschlossen werden müssen.
Die CDU stellt in Hessen, Thüringen, Saarland und Hamburg,
die CSU in Bayern jeweils die Alleinregierung. Diese
unionsregierten Länder haben somit 21 Stimmen im
Bundesrat.
Die SPD stellt in keinem Bundesland mehr die absolute Mehrheit.
Große Koalitionen gibt es in Brandenburg und Bremen: Hier
stellt jeweils die SPD den Regierungschef (im Bundesrat haben die
beiden Länder zusammen acht Stimmen). In Sachsen und
Schleswig-Holstein sind die Sozialdemokraten Juniorpartner der CDU;
sie verfügen im Bundesrat ebenfalls über acht Stimmen. In
Rheinland-Pfalz regiert ein SPD/FDP-Kabinett (vier Stimmen). Die
PDS ist in den Kabinetten von Mecklenburg-Vorpommern und Berlin
jeweils unter der Führung der SPD vertreten, beide Länder
haben im Bundesrat zusammen sieben Stimmen.
Die FDP ist an den Landesregierungen mit der CDU in
Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und
Sachsen-Anhalt beteiligt, im Bundesrat haben diese Länder
zusammen 22 Stimmen, zählt man Rheinland-Pfalz hinzu, in der
eine SPD/FDP-Koalitionsregierung amtiert, sind es 26 Stimmen. Nach
den Wahlniederlagen von Rot-Grün in Schleswig-Holstein und in
Nordrhein-Westfalen sind die Grünen an keiner Landesregierung
mehr beteiligt, spielen also im Bundesrat auch keine Rolle
mehr.
Sollte es im Bund zu einer Großen Koalition aus CDU/CSU und
SPD kommen, so hätte diese durch die Länder Bayern,
Hessen, Thüringen, Saarland Hamburg - jeweils Alleinregierung
von CSU und CDU - sowie mit Brandenburg, Sachsen,
Schleswig-Holstein und Bremen - den Ländern mit großen
Koalitionen - 36 Stimmen im Bundesrat. Zurzeit haben die
Länder mit CDU- beziehungsweise CSU-Alleinregierungen sowie
mit der FDP als Koalitionspartner 43 Stimmen, der so genannte
"Neutrale Block" - also die Landesregierungen, in denen die SPD
einen Koalitionspartner hat - 26 Stimmen.
Seit der ersten Bundestagswahl 1949 stellte immer die
stärkste Fraktion den Präsidenten. Anders sieht das bei
den Wahlen zum Bundeskanzler aus. 1969, 1976 und 1980 war die SPD
zweitstärkste Fraktion im Bundestag. Da der CDU/CSU jedoch ein
Koalitionspartner fehlte - es waren jeweils damals vier Parteien
mit drei Fraktionen im Hohen Haus vertreten -, wurden die
SPD-Politiker Willy Brandt und Helmut Schmidt mit den Stimmen der
SPD/FDP-Abgeordneten ins Kanzleramt gewählt.
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