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Raimond Reiter
Wie man Politik richtig verkauft
Politisches Marketing - was ist das? / Von
Raimond Reiter
Die interessante Aufsatzsammlung bietet ein
breit gefächertes Angebot zu einem aktuellen Thema. Es werden
sowohl eine theoretische Analyse und Einordnung des politischen
Marketings diskutiert als auch viele Beispiele aus der politischen
Praxis dargestellt. Über 40 Beiträge wurden von
Führungskräften, Praktikern und Wissenschaftlern
verfasst. Um dem Leser eine schnelle Orientierung und einen
gezielten Zugang zu ermöglichen, stehen am Anfang der
Beiträge "Key Words" und jeweils eine Gliederung.
Insgesamt sind die Aufsätze zu sechs
Themen zusammengefasst, die sich mit folgenden Stichworten
markieren lassen: Analyse und Konzepte des politischen Marketing,
politisches Marketing in der Praxis, politische Kommunikation,
Politikberatung und Politikvermittlung, politisches Management in
der Gesellschaft, politische Öffentlichkeitsarbeit.
Der Beitrag des Herausgebers kann als
Schlüsseltext angesehen werden. Unter dem Titel "Politisches
Marketing als Konzept für eine aktive Politik" wird das Pro
und Kontra von "politischem Marketing" differenziert und
aufschlussreich betrachtet: "In der gegenwärtigen Politik
gewinnt politisches Marketing … eine immer wichtigere Rolle",
so die Diagnose von Volker Kreyher. Einerseits werde in der
aktuellen Entwicklung eine "Modernisierung und
Professionalisierung" des Politischen gesehen, die unabwendbar sei.
Andererseits verweisen, so der Autor, viele Kritiker auf abgehobene
Machtzentren der Entscheidung, in der Fachleute den Bezug zum
Bürger verloren haben.
Wer sich durch alle Texte gelesen hat, wird
vermutlich finden, dass beide Positionen begründet sind - die
Frage ist dann, wann, an welcher Stelle im politischen System, mit
welchen Mitteln und vor allem in wessen Interesse politisches
Marketing eingesetzt wird. Vor der qualifizierten Bewertung eines
komplexen Themas steht die Analyse. Zu ihr gehört, dass sich
das politische System und seine Rolle in der Gesellschaft in den
letzten Jahrzehnten umfassend gewandelt haben. Zu den
veränderten Bedingungen politischer Wahrnehmung und Interessen
gehören eine Individualisierung der Lebensverhältnisse
und der Verlust von sozialer Gruppenorientierung und politischer
Strukturen.
Die persönliche und soziale
Mobilität hat zugenommen, politische Einstellungen sind
instabiler geworden. Die Bedeutung sozialer und politischer
Traditionen und Bindungen reduziert sich, damit auch eine fest
gefügte Orientierung und Parteibindung. Statt fundamentaler
Einstellungen spielen in der Politik inzwischen Faktoren wie
persönliche Relevanz, einzelne politische Ereignisse und die
Betroffenheit in Gruppen der Gesellschaft eine viel
größere Rolle. Um die Zielgruppen des Politischen unter
diesen Bedingungen erfolgreich zu erreichen, gewinnen die Medien
größere Bedeutung.
Auch werden in den Zentren der Macht typische
Elemente der Medien antizipiert, um eine wirkungsvolle
Medienpräsenz sicherzustellen: Aktualität,
Überraschung, Wichtigkeit, Betroffenheit und Nähe. In der
sprachlichen Gestaltung spielen auch Aspekte wie Verdichtung,
Vereinfachung, Emotionalisierung, Visualisierung und Dramatisierung
eine Rolle. Leicht zu erkennen ist, dass sozial und politisch
schwache Interessengruppen wenige Möglichkeiten haben, sich in
einer derartig strukturierten Konkurrenz der Informationen
durchzusetzen.
Auch die veränderten Interessen der
politischen Subjekte und Akteure gehen in das politische Marketing
ein, wobei durchaus Grenzen und teilweises Scheitern dabei
erkennbar werden. Es gibt keine Sicherheit, dass politische
Kampagnen, Events, Talkshows, Medieninzinierungen aller Art,
"Markenpolitik" und andere Methoden dazu führen, dass
Zielgruppen der Parteien und Institutionen die gewünschte
Botschaft oder das gewünschte Verhalten immer auch
annehmen.
Eine Reihe von konkreten Beispielen rundet
das Bild ab. Dazu gehören der Bundestagswahlkampf 2002 (M.
Thielen), das politische Plakat als Botschaftenträger (C.
Mannstein) und eine Oberbürgermeisterwahl (G.
Büssemaker).
Bei der Fülle der Beiträge zum
politischen Marketing mögen nicht alle Themen
gleichermaßen interessieren. Das mag auch am Titel liegen,
denn der Inhalt des Buches ließe auch Formulierungen wie
"politische Öffentlichkeitsarbeit", "politische Kommunikation"
oder "politisches Management" zu. Das informative Buch ist wohl
auch Kritikern des politischen Marketings für die aktuelle
Diskussion zu empfehlen.
Volker J. Kreyher. (Hrsg.)
Handbuch Politisches Marketing.
Impulse und Strategien für Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft.
Nomos Verlag. Baden-Baden 2004; 575 S., 49,-
Euro
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