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Detlev Lücke
Aufgekehrt...
Wir leben in medialen Zeiten. Was nichts anderes heißt,
dass uns der Fernseher täglich mitteilt, was draußen so
passiert, wenn wir gerade nicht zum Fenster hinausschauen. Mal
abgesehen vom traurigen wie betrauerten Tod des Papstes waren das
beispielsweise die Hochzeit des Knitterpaares Camilla und Charles
oder die Bauchspeicheldrüsenentzündung des
bedauernswerten Regenschirmträgers und Welfenprinzen aus
Hannover. Alles fließt als Lebensfilm an uns vorüber, und
wir schalten ab, bevor wir das Gerät abschalten. Ganz
früher musste ein Bote von Marathon nach Athen laufen, um
schweißbedeckt und todesmatt zu schreien: Enikamen (Wir haben
gesiegt!). Nämlich über die Perser. Gar nicht mal sicher,
wann oder ob diese frohe Botschaft irgendwann den letzten
Metöken am Stadtrand von Athen erreicht hat. Heute
übernimmt das Unterschichtenfernsehen diese Aufgabe. Ein wenig
später als ganz früher regelte die Post den Austausch von
Botschaften. Dass sich ein Briefträger irgendwann mal
totgelaufen hätte, ist nicht bekannt. Sammler dagegen
interessierten sich meist mehr für die Briefmarke als für
den Inhalt im Kuvert.
Apropos Briefmarke. Johannes Paul der Zweite ist zwar noch nicht
subito santo gesprochen worden, aber ein postalisches Gedenken ist
ihm gewiss. Auch deutsche Grafiker arbeiten schon dran. Am 12. Mai
erscheint ein 55-Cent-Postwertzeichen mit dem Bild Karol Wojtylas.
Warum auch nicht. Lediglich die Auflage steht noch nicht fest. Sie
hänge, wie es aus der Pressestelle des Bundesministeriums
für Finanzen gerade heißt, von der Nachfrage ab.
Fiskalisch logisch. Sozusagen eine postalische Einschaltquote, die
unabhängig davon ist, dass auch Österreich, Kroatien und
natürlich Polen den Stellvertreter Christi auf Erden mit einer
Briefmarke ehren.
An ein Wunder scheint es dagegen zu grenzen, dass das
55-Cent-Papierchen nicht das erste deutsche Postwertzeichen mit dem
Porträt des jüngst Verstorbenen ist. Mit ihrer
drittletzten Markenschöpfung überhaupt brachte die DDR im
Mai 1990 zum 70. Geburtstag des polnischen Papstes eine Marke mit
dessen Konterfei heraus. (Es wor doch ni oalles schlescht.) Der
Wert von 35 Pfennigen (Ost) entsprach dem damaligen Porto für
Auslandsbriefe (Eben: Es wor doch ni oalles schlescht.)
Wahrscheinlich hatten die ostdeutschen Kupferstecher nach der
damals noch gültigen Formel gearbeitet: Wo wir sind, ist vorn.
Und wenn wir hinten sind, ist hinten vorn. Eine Losung, die die
DDR-Menschen gern aktuellen Politikmachern und -kaputtmachern
überlassen. Übrigens wäre der Papst damals nie auf
eine Westmarke gelangt, denn bei der Bundespost kommen Lebende
nicht auf die Sendung. Selbst Schmeling kriegte die Marke erst zu
seinem 100. Geburtstag, nachdem er mit 99 Jahren verstorben war.
Bei Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen ist es praktischer, da liegen
die Nachrufe im Schreibtisch. Karl der Fünfte hatte seine
Beerdigung probehalber miterlebt. Nachahmung lieber nicht
empfohlen.
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