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"Mit dem Rücken zur Wand"
Verbraucherschutzzentralen klagen über
Kürzungen der Landesmittel
Verbraucherschutz. Massive Kritik an der
Unterfinanzierung der Verbraucherzentralen in den Ländern
haben deren Sprecher am 13. April bei einer Anhörung im
Bundestag geübt. Wegen spürbar reduzierter Zuschüsse
besonders seitens der Landesregierungen als Folge der
verschärften Sparzwänge mussten seit 2000 bundesweit 25
Prozent aller Beratungsstellen geschlossen werden, erklärte
Olaf Weinel von der niedersächsischen Einrichtung.
Statt ursprünglich 240 gebe es jetzt nur
noch 180 dieser Büros, so Weinel, der auch Koordinator der
Verbraucherzentralen der Länder ist. Karl-Heinz Schaffartzik
aus Nordrhein-Westfalen: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand."
Jürgen Fischer aus Mecklenburg-Vorpommern: "Wir haben eine
schwere Zukunft vor uns." Aus Sicht Weinels sollte aus
öffentlichen Mitteln ein Euro pro Kopf in die
Konsumentenberatung fließen. Momentan liege die Förderung
durch die Länder jedoch nur zwischen 18 und 62 Cent je
Bürger, im Bundesschnitt seien es 30 Cent. Weinel forderte die
Länder zu einem gemeinsamen Konzept für die Finanzierung
der Verbraucherzentralen auf.
Die Einrichtungen stützten sich vor
allem auf Landesmittel. Hinzu kämen kommunale Gelder sowie
Zuweisungen aus Töpfen der Bundesregierung für konkrete
Projekte. Außerdem seien angesichts der immer schwierigeren
Lage die Einnahmen durch Gebühren für Ratsuchende
zusehends erhöht worden. Dieser Eigenbeteiligung der
Bürger seien jedoch Grenzen gesetzt, sagte Beate Weiser aus
Baden-Württemberg. In einer schriftlichen Analyse warnt Olaf
Weinel: Verteuere man die Dienstleistung zwecks besserer
Kostendeckung, halte man gerade einkommensschwache Gruppen vom Gang
zur Konsumentenberatung ab. Einhellig betonten die
Sachverständigen die wachsende Bedeutung der
Verbraucherpolitik. Gerade angesichts der fortschreitenden
Liberalisierung und Deregulierung der Märkte müsse man
die Position der Konsumenten aufwerten, so Weinel. Beispielsweise
ließen private Altersvorsorge, Telekommunikation und
Gesundheitsdienstleistungen oder Musterprozesse und Verbandsklagen
die Anforderungen an die Verbraucherzentralen steigen. Weinel in
seiner Expertise: "Eine auf Stärkung der Eigenverantwortung
der Bürger gerichtete Politik braucht informierte und gut
beratene Verbraucher."
Haushaltszwänge
Die wissenschaftliche Unterstützung
durch Fachleute werde immer wichtiger, erläuterte
Schaffartzik. Fischer betonte, dass die Verbraucherzentralen
"Hüterinnen des Wettbewerbs" seien und so einen Beitrag zum
Funktionieren der Marktwirtschaft leisteten. Die Schwächung
dieser Einrichtungen werfe "wettbewerbsrechtliche Probleme" auf,
erklärte auch Norbert Müller-Tillmann vom Schweriner
Wirtschaftsministerium, "im Markt gewinnen die Anbieter immer mehr
Dominanz". Müller-Tillmann bedauerte es, dass sein Ressort
angesichts der Haushaltszwänge die Subventionen für die
Konsumentenberatung in seinem Land von ursprünglich einmal 3
Millionen Euro jährlich auf jetzt 300.000 Euro habe reduzieren
müssen. Die Insolvenz der Verbraucherzentrale in
Mecklenburg-Vorpommern im vergangenen Jahr markiere bundesweit das
bislang dramatischste Signal für die sich verschärfende
finanzielle Situation dieser Einrichtungen. Mittlerweile sei im
deutschen Nordosten eine neue Verbraucherzentrale gegründet
worden. Statt früher 19 habe man nun aber nur noch fünf
Büros, berichtete Fischer. Ein Viertel der Landesfläche
erreiche man überhaupt nicht mehr. Statistisch gebe es jetzt
noch 0,3 bis 0,5 Berater auf 100.000 Einwohner. Themen wie
Mietrecht oder Baufinanzierung würden nicht mehr
bearbeitet.
Beate Weiser führte aus, dass als Folge
der Kürzungen bei den Landes- und kommunalen Zuschüssen
die Verbraucherzentrale in Baden-Württemberg inzwischen
lediglich noch zwölf Dependancen unterhalte.
Regelmäßige Öffnungszeiten seien abgeschafft worden,
Termine für persönliche Beratungen seien nur nach
telefonischer Absprache möglich. Testberichte etwa zu
Qualität und Preis von Waschmaschinen oder anderer
gängiger Produkte habe man standardisiert, solche Themenordner
lägen jetzt in Stadtbibliotheken zur Einsicht aus. Deutlich
ausgebaut worden seien, so Weiser, die Telefonberatung und das
Informationsangebot im Internet. Schaffartzik erläuterte am
Beispiel Nordrhein-Westfalens, dass bei den Verbraucherzentralen
rund 90 Prozent des Etats durch Personalausgaben und Aufwendungen
für Miete oder Druckkosten festgelegt seien. Angesichts des
engen finanziellen Spielraums von lediglich zehn Prozent
würden weitere Kürzungen dazu führen, "dass wir die
Bleistifte abgeben können".
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