Günter Pursch
Kanzler Schröder auf Gegenkurs
Widerstand bei Aufhebung des EU-Waffenembargos
gegen China
Trotz massiven Widerstands aus der
rot-grünen Koalition setzt sich Bundeskanzler Gerhard
Schröder (SPD) weiter für die Aufhebung des
Waffenembargos ein, das die Staats- und Regierungschefs der EU -
damals noch EG - 1989 gegen China wegen der blutigen
Niederschlagung der Studentenrevolte auf dem Platz des Himmlischen
Friedens in Peking beschlossen hatten. Deutlich traten in der
Bundestagsdebatte am 14. April Meinungsunterschiede zwischen dem
Regierungschef einerseits sowie dem Bundesaußenminister und
Vizekanzler Joseph Fischer (Grüne) andererseits zu Tage.
Während der Bundeskanzler das Embargo
"entbehrlich" nannte, stellte Fischer dagegen Bedingungen an die
Führung in Peking, ohne die die Aufhebung auf EU-Ebene nicht
konsensfähig sei. Die Einbindung Chinas ist nach Fischers
Worten eine der "zentralen Fragen des 21. Jahrhunderts". Den
Schlüssel zur Aufhebung des Embargos habe Peking in der Hand.
Bedingungen der EU seien, dass der chinesische Volkskongress den
UN-Menschenrechtspakt ratifiziere, die Toleranz zur freien
Religionsausübung sowie die langfristige Abschaffung der
Todesstrafe. Weiterhin sei die friedliche Beilegung des
Taiwan-Konflikts erforderlich.
Schröder hingegen unterstrich in der
Debatte, die EU-Staats- und Regierungschefs hätten bereits im
Herbst 2003 eine neue China-Stragegie beschlossen und auf eine
Aufhebung des Embargos hingearbeitet, da es unverkennbare
Fortschritte bei der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der
Menschenrechte in in dem Land gebe. "Das China von heute ist nicht
mehr das China von 1989", erklärte der Kanzler wörtlich.
Dem Land sei ein enormes politisches und wirtschaftliches Gewicht
zugefallen. Peking in enger strategischer Partnerschaft zu halten
sehe er als seine Aufgabe an. Auch bei einer eventuellen Aufhebung
des Embargos durch die EU stellte der Kanzler fest: "Deutschland
lieferte keine Kriegswaffen, kann keine Kriegswaffen liefern und
wird keine Kriegswaffen liefern."
Gegen eine schnelle Aufhebung wandte sich die
Unions-Partei- und Fraktionsvorsitzende Angela Merkel. Ein
Embargo-Verzicht trägt nach ihrer Auffassung nicht zur
Demokratisierung Chinas bei. Es spreche auch nichts dafür,
dass dadurch die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen
positiv beeinflusst würden. CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang
Schäuble warnte eindringlich vor einem Streit mit Washington
im Zusammenhang mit einer Aufhebung des EU-Beschlusses. Ein
einseitiges Vorgehen Europas könne eine neue transatlantische
Krise zum Schaden Deutschlands heraufbeschwören. Er nannte es
"verheerend", wenn die EU "in einer solchen Lage einseitig den
Amerikanern in den Rücken" fiele.
Scheinheiligkeit warf der FDP-Vorsitzende
Guido Westerwelle dem Bundeskanzler vor. "Menschenrechte sind keine
Symbolik", hob er hervor. Die Menschenrechte würden in China
ständig verletzt.
Deutliche Worte fand Fritz Kuhn,
außenpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag: "Ich
möchte für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
sagen, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht für eine
Aufhebung des Waffenembargos gegen China sind." In einem
Fernsehinterview kritisierte die Vorsitzendes der Grünen,
Claudia Roth, die Aufhebung als ein falsches Signal. Dies
unterstütze nicht die Demokratie, sondern die Hardliner in
Peking.
Das Europaparlament debattierte ebenfalls am
14. April diese Problematik. Mit überwältigender Mehrheit
lehnten es die Abgeordneten in Straßburg ab, das
Waffenausfuhrverbot aufzuheben. Sie forderten den Europäischen
Rat auf, Möglichkeiten zum Spannungsabbau und zur
Unterstützung der Abrüstung bei den Beziehungen zwischen
Festland-China und Taiwan zu finden. Die Europäische Union
soll "Taiwan als Modell der Demokratie für ganz China"
unterstützen. Auch die Sozialdemokraten im Europaparlament
votierten unter Führung ihres Fraktionsvorsitzenden Martin
Schulz gegen eine Verbotsaufhebung. Er forderte
erneut einen verbindlichen Codex der EU
für Waffenexporte zu finden. So lange ein solcher Codex nicht
existiere, könnten die Sozialdemokraten nicht für die
Aufhebung des Embargos stimmen. Eine solche Aufhebung kann durch
die EU-Staats- und Regierungschefs nur einstimmig getroffen werden.
Die Einstimmigkeit gilt zurzeit als nicht gesichert.
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