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Thilo Castner
Die Unmoral der Herrschenden
Unkontrollierte Globalisierung gefährdet
den Weltfrieden
Der Autor war viele Jahre Nationalrat im
Schweizer Parlament und ist seit 1999 Sonderbeauftragter der
UN-Menschenrechtskommission für das Recht auf Nahrung. In
dieser Funktion hat er unzählige Reisen unternommen und die
Lebensverhältnisse rund um den Globus ausgiebig studiert. Im
Kontrast zu den Behauptungen der Neoliberalen, die Globalisierung
nutze allen und sichere den Weltfrieden, weist Ziegler in seinen
jüngsten Publikationen nach, dass die Globalisierung nur einer
kleinen Minderheit zugute kommt und dass das Zusammenleben der
Menschen durch die Ausweitung des Welthandels keineswegs
friedlicher wird, sondern neuen Konflikten und schwersten sozialen
Verwerfungen unterliegt.
Für Ziegler hat die Ideologie des
neoliberalen Dogmas - Gewinnmaximierung, Privatisierung,
Entmachtung des Staates, unbeschränkter und regelloser
Wettbewerb - zur "planetarischen Tyrannei des Finanzkapitals", zu
einer "fortschreitenden Monetarisierung aller zwischenmenschlichen
Beziehungen" und teilweise zur "Refeudalisierung der Welt"
geführt. Er schildert, mit welcher Kaltblütigkeit und
Habsucht die "Beutejäger des globalisierten Kapitals", wie er
in seiner drastisch-deutlichen Sprache die Vertreter
multinationaler Konzerne nennt, in so genannten
"Sonderproduktionszonen" Sklavenarbeit organisieren,
Hungerlöhne zahlen, die Natur schamlos verwüsten, die
Infrastruktur in den Entwicklungsländern zerstören und
auf Dauer eine "kannibalische Weltordnung" schaffen.
Hilfreich dabei, das wird mit vielen Zahlen
untermauert, sind die "Söldlinge" der Weltbank, der
Welthandelsorganisation (WTO) und des Internationalen
Währungsfonds (IWF), die sich vor den Karren der den
Welthandel beherrschenden Großunternehmen spannen lassen.
Anders als die "Beutejäger" seien diese zwar weniger von Macht
und Gier getrieben; doch als "Fundamentalisten des monetaristischen
Dogmas" seien sie unfähig zu erkennen, welche
Unmenschlichkeiten sie unterstützen.
Der Autor rechnet vor, dass Hunger, Seuchen,
Durst und armutsbedingte Konflikte jedes Jahr ebenso viele Opfer
fordern wie der Zweite Weltkrieg in sechs Jahren. Täglich
verhungern ungefähr 100.000 Menschen oder sterben an den
Folgen des Hungers. 826 Millionen Menschen sind chronisch
unterernährt, 1,3 Milliarden steht weniger als ein Dollar am
Tag zur Verfügung. In den Elendsquartieren Asiens, Afrikas und
Lateinamerikas vegetieren bereits 40 Prozent der
Weltbevölkerung.
Global steigt die Zahl der Verelendeten und
Arbeitslosen unablässig, während das Vermögen der
Eliten von Jahr zu Jahr sprunghaft wächst. Die 225
größten Privatvermögen belaufen sich auf 1.000
Milliarden Dollar - das ist so viel wie das Jahreseinkommen der 2,5
Milliarden ärmsten Menschen. 2004 kontrollierten die 500
mächtigsten transkontinentalen Kapitalgesellschaften 52
Prozent des Weltsozialprodukts, und das war mehr, als die 133 armen
Länder an Vermögen aufweisen konnten.
Bestehen Chancen, der himmelschreienden
sozialen Ungerechtigkeit Einhalt zu gebieten und die
"kosmokratischen Barbaren" in die Schranken zu weisen? Ziegler ist
davon überzeugt. Er setzt seine Hoffnungen auf die wachsende
Zahl der großen sozialen Bewegungen wie Attac, Amnesty
International, Jubilé 2000, Job with Justice oder der
Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra (MST) in
Brasilien.
Ihre Waffen seien Gegendemonstrationen mit
Zehntausenden von Teilnehmern, wenn die G8-Staaten, WTO oder der
IWF ihre Konferenzen abhalten, außerdem große
Märsche, so wie 1963 der "March on Washington" gegen
Rassendiskriminierung oder 1995 der Weltmarsch der Frauen von
Quebec. Nur Zivilgesellschaften und nicht staatliche
Organisationen, auch nicht die UNO, können eine lebenswerte
Zukunft schaffen.
Man kann Zieglers Bücher nicht ohne
Betroffenheit aus der Hand legen. Sie können zur Lektüre
all derer werden, die sich über die Unmoral und Schande der
Herrschenden informieren und wissen wollen, wie Widerstand
möglich ist.
Jean Ziegler
Die neuen Herrscher der Welt und ihre
globalen Widersacher.
Goldmann Taschenbuch 15309, München
2005; 318 S., 8,95 Euro
Das Imperium der Schande.
Der Kampf gegen Armut und
Unterdrückung.
C. Bertelsmann Verlag, München 2005;
316 S., 19,90 Euro
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