Marianne Wollenweber
Wohlstand und Arbeit sind für alle zur
Genüge da
Franz Alts Visionen einer ökologischen
Marktwirtschaft
Die Zukunft scheint düster zu sein. Mit den Aktien
großer Unternehmen steigt oft auch die Zahl der in die
Arbeitslosigkeit Entlassenen; kaum noch jemandem gelingt es, die
Menschen aus ihrer pessimistischen Grundstimmung zu reißen.
Trotzdem oder gerade deshalb lässt sich der bekannte
Umweltjournalist Franz Alt nicht von seinen positiven Visionen
für das 21. Jahrhundert abbringen, das so wenig
vielversprechend begonnen hat.
Alt wird seit Jahren nicht müde, die Grundbedingungen
für ein neues, ökologisches Wirtschaftswunder zu
skizzieren. Seine neuen und bekannten Gedanken zum Ausstieg aus
unserer derzeitigen, ressourcenintensiven Wirtschafts- und
Lebensweise sind jetzt in einem handlichen Taschenbuch
zusammengefasst.
Der Autor konzentriert sich auf die wichtigsten Themenfelder
für eine zukunftsfähige Entwicklung von Wirtschaft und
Gesellschaft: Arbeit, Energieversorgung, Mobilität und
Agrarwirtschaft. Dabei scheut der Christdemokrat auch nicht vor
unpopulären Vorschlägen zurück. Schon mit einer
Verkürzung der Arbeitszeit um drei Stunden pro Woche
könnten eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden,
meint er.
Wichtig ist dem Autor auch die Ökologisierung der Arbeit.
Allein durch eine Wende in der Energieerzeugung und -versorgung
seien noch einmal mehr als eine Million Arbeitsplätze zu
schaffen. Zumindest dieser Wunsch des Autors wurde inzwischen schon
fast von der Wirklichkeit überrollt. Laut Mitteilung des
Bundesumweltministeriums waren in Deutschland im Jahr 2002 fast 1,5
Millionen Menschen im Umweltschutz beschäftigt. Allein bei den
erneuerbaren Energien stieg die Anzahl der Beschäftigten im
Vergleich zu 1998 um 50.000, nicht zuletzt durch den massiven
Ausbau der Solarenergie, für den sich Alt seit Jahren stark
macht.
Allerdings mutet Franz Alt seinen Lesern auch einiges zu, wenn
er sich beispielsweise über die angebliche "Todesstrafe auf
den Straßen" auslässt. Zudem erscheint seine Vision vom
Auto als dem Dinosaurier unter den Verkehrsmitteln, der zum wenig
genutzten "Lückenbüßer" für Defizite beim
öffentlichen Verkehr mutieren soll, vor dem Hintergrund der
Entwicklung der Verkehrsströme ziemlich unrealistisch. In
vielen Regionen kann der öffentliche Verkehr die geforderte
Mobilität der Menschen einfach nicht garantieren.
"Alle Macht den Verbrauchern" heißt es plakativ im vierten
Kapitel, in dem Alt ein Zurück zu einer ursprünglich
ökologischen Agrarwirtschaft mit gesunden Lebensmitteln
fordert. Die hoch subventionierte europäische
Landwirtschaftspolitik sei gescheitert; nur der Öko-Landbau
könne die Verwüstung unseres Planeten aufhalten, die
Bodenerosion stoppen und die Bodenfruchtbarkeit vermehren. Aber
kann eine ökologische Landwirtschaft in Zukunft auch die
Ernährung der Weltbevölkerung sichern, wie der Autor
betont? Dieser These können sich auch viele kritische
Umweltwissenschaftler, zum Beispiel des Washingtoner
World-Watch-Instituts, mit Blick auf das immense Wachstum der
Weltbevölkerung nicht anschließen.
Im letzten Kapitel bekennt sich der Autor zu einer radikalen
ökologischen Ethik. Die Schöpfung sei so ausgelegt, dass
sie ausreichend Güter zur Befriedigung der Bedürfnisse
aller Lebewesen biete. Die ökologische Phantasielosigkeit, die
ein Hemmschuh für den Wirtschaftsstandort Deutschland und
für die Reduzierung der Massenarbeitslosigkeit geworden sei,
müsse endlich überwunden werden. Am Ende der Anstrengung
winkten Arbeit und Wohlstand für alle.
Ob sich Franz Alts Wegweiser aus der Krise verwirklichen
lässt? Die Fortsetzung seiner Gedanken kann sich jeder im
Internet ansehen: auf der Homepage des Autors unter
www.sonnenseite.de.
Franz Alt
Das ökologische Wirtschaftswunder.
Arbeit und Wohlstand für alle.
Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2005; 167 S., 7,50
Euro
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