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Günter Pursch
CDU sagt klar und deutlich Ja
Merkel sieht Große Koalition als einzig
mögliche Konstellation
"Als stärkste Kraft haben wir den Auftrag,
die Regierung zu bilden." Dies erklärte die CDU-Vorsitzende
Angela Merkel am 14. November vor den rund 100 Delegierten des
"Kleinen Parteitags" in Berlin. In ihrer 40-minütigen Rede
warb sie eindringlich dafür, dem mit der SPD ausgehandelten
Koalitionsvertrag die Zustimmung zu geben. Das Ergebnis war
eindeutig: Es gab lediglich drei Gegenstimmen und eine
Enthaltung.
Die designierte Bundeskanzlerin unterstrich,
nach dem Wahlergebnis vom 18. September sei die Große
Koalition die "einzige verantwortliche Perspektive" für
Deutschland. Es sei "relativ müßig", heute darüber
zu befinden, ob die Wählerinnen und Wähler bewusst oder
unbewusst eine Große Koalition gewählt hätten.
"Tatsache ist zunächst einmal: Sie haben Rot-Grün
abgewählt und dem Land damit einen großen Dienst
erwiesen." Andererseits hätten sie der Union aber nicht die
von ihr "gewünschte Koalitionskonstellation" mit der FDP
gegeben.
Merkel erklärte, bereits vor Beginn der
Koalitionsverhandlungen habe ihre Partei Wert darauf gelegt, dass
"die Politik nicht schon wieder mit einer Lüge" beginnen
dürfe. Mit Blick auf Kritiker in der eigenen Partei habe sie
den Eindruck, dass manch einer sich "die Realität dieses
Landes immer noch nicht ausreichend" klar gemacht habe. Solide
Haushaltspolitik sei "immer ein Markenzeichen" der Union gewesen.
Dabei gehe es nicht um "Erbsen zählen", sondern um die Frage,
wie man es mit der Zukunft halte: "Wie viel Verantwortung
übernehme ich dafür, dass diejenigen Generationen, die
nach uns kommen, ebenfalls noch Spielräume haben?" Die
Investitionsquote liege unter neun Prozent. "Wir leben von der
Substanz", beschwor sie die Delegierten. Man müsse sich jetzt
der Verantwortung stellen und aufhören, von der Subs-tanz zu
leben. Für 2007 sei deshalb angestrebt, einen
verfassungsgemäßen Haushalt aufzustellen. Das Defizit
2007 belaufe sich auf 35 Milliarden Euro. 15 Milliarden sollen
durch Einsparungen erwirtschaftet werden. Im Zuge der
Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte würden
"Einnahmeverbesserungen in Höhe von zehn Milliarden Euro"
möglich. Man habe weitere zehn Milliarden Euro für
Einmaleffekte wie den Verkauf von Bundesvermögen zur
Verfügung.
Rentenkürzungen werden von der CDU
abgelehnt. Es sei nun eine Rentenreform vorgesehen, "wie wir sie
auch dann nicht besser hätten machen können, wenn wir
allein regierten", erklärte Merkel. Die Lebensarbeitszeit
würde verlängert und der Nachhaltigkeitsfaktor, der den
demographischen Gegebenheiten Rechnung trage, werde
berücksichtigt.
Politische Kraft könne sich nach Merkels
Worten nicht "im Sanieren erschöpfen", sie müsse auch
"inve- stieren und reformieren". Nach vier Jahren Großer
Koalition werde man beurteilt werden: "Geht es den Menschen in
diesem Land besser? Haben die Menschen Arbeit, von der sie leben
können? Haben die Menschen anspruchsvolle Arbeitsplätze?
Haben sie zukunftsfähige und sichere
Arbeitsplätze?"
Als Erfolg verbuchte Merkel, dass die CDU
erreicht habe, "ein Prozent der Mehrwertsteuererhöhung plus
Strukturmaßnahmen bei der Bundesagentur für Arbeit"
zusammenbringen zu können. Außerdem werde es zu einer
zweiprozentigen Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung
kommen. Dies sei einer der Kernpunkte des Regierungsprogrammes im
Wahlkampf gewesen. Geschehe die Senkung der Lohnzusatzkosten nicht,
habe man bei den einfachen Tätigkeiten "überhaupt keine
Chance" mehr wettbewerbsfähig zu sein. Dies halte sie für
einen "Riesengewinn". Das sei die "deutliche Handschrift der
Union".
Bei Wachstum und Beschäftigung nannte
sie als Ziel, in den kommenden zehn Jahren von der "roten Laterne"
weg zu kommen und wieder eine Spitzenposition in Europa zu
erreichen. Deutschland gehöre zu den ersten Drei auf dem
Kontinent und nicht zu den letzten Drei, formulierte sie den
Anspruch der CDU. Dies bedeute, den Abwärtstrend zu stoppen:
"Wir müssen eine Trendumkehr schaffen. Wir müssen das
Gefühl von mehr Sicherheit für den eigenen Arbeitsplatz
und von mehr Schutz gegen Risiken bei Krankheit und Alter wieder
festigen", schrieb sie den Delegierten ins Stammbuch.
Der Koalitionsvertrag bedeute keinen
Abschluss, sondern sei der Anfang einer Regierungstätigkeit.
Er sei die Basis für die gemeinsame Arbeit, der Ausgangspunkt
für eine "gemeinsame Wanderung mit einem Partner, mit dem wir
über fast 40 Jahre lang in tiefste Kämpfte verstrickt
waren". Das sei nicht einfach, aber die Verhandlungen hätten
gezeigt, dass es einen Geist der Gemeinsamkeit gebe und dass auch
die "anderen sich der Verantwortung stellen"
würden.
Die Mannschaft der Union, so hob sie hervor,
könne sich sehen lassen. "Ich sage ausdrücklich: Auch die
Mannschaft der anderen zeigt das Bemühen, sich der gemeinsamen
Verantwortung zu stellen." Die CDU habe die Pflicht, nun alles
daranzusetzen, "dass in dieser Legislaturperiode statt eines
Stillstandes, statt eines Zickzackkurses und statt
Unberechenbarkeit Verlässlichkeit und handwerklich ordentliche
Arbeit einkehren, damit wieder Vertrauen in die Politik wachsen
kann". Merkel ist der Überzeugung: "Wenn die Union an der
Spitze der Verantwortung steht, wird es dem Lande besser
gehen."
Thüringens Ministerpräsident Dieter
Althaus hob in der Aussprache hervor, dass es in der
Koalitionsvereinbarung gelungen sei, die Probleme Deutschlands klar
zu analysieren und Lösungen mit Hilfe einer
unmissverständlichen Politik anzubieten. Der
CDU-Bundestagsabgeordnete Hartmut Schauerte bezeichnete den Vertrag
als ein "politisch umgesetztes Wahlergebnis. Rund 50 Punkte im
Vertrag finde er gut für den Mittelstand. "Die Richtung
stimmt", erklärte er. Hessens Ministerpräsident Roland
Koch sagte, der Haushalt 2006 sei die "Schlussbilanz von
Rot-Grün", nicht jedoch die "Eröffnungsbilanz von
Schwarz-Rot". CDU-Generalsekretär Volker Kauder appellierte an
die Delegierten, "die Menschen müssen spüren, dass wir
uns etwas zutrauen". Die Große Koalition bezeichnete er als
"große Chance" und betonte: "Wir werden nur erfolgreich sein,
wenn wir als Union zusammenhalten."
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