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Sven Clausen
Deutschland ist ein Eldorado für
Finanzinvestoren
Wie Hedge-Fonds-Manager und
Private-Equity-Häuser viel Geld für Wenige
verdienen
Um sein Geschäft in Deutschland ausbauen zu können,
ließ sich Stephen Schwarzman von den Vorzügen der Elbe
und Alster überzeugen. Zwar ist das Finanzzentrum der Republik
eindeutig in Frankfurt. Aber Hanns Ostmeier, den sich der Chef von
Blackstone, einem der größten Finanzinvestoren der Welt,
als Deutschland-Statthalter ausgesucht hatte, wollte nun einmal aus
privater Vorliebe unbedingt in Hamburg sein Büro aufschlagen.
Und da Hamburg, Frankfurt oder München aus US-Sicht ohnehin
nicht viel mehr als eine Fingernagelbreite voneinander entfernt
sind, ließ der Multi-Milliardär Schwarzman seinen Adlatus
Ostmeier eben gewähren. Hauptsache, sein Unternehmen ist in
Deutschland mit einer deutschen Truppe präsent.
Denn die größte Volkswirtschaft Europas ist
längst der weltweit interessanteste Markt für die
wendigen Firmenjäger: Es gibt zahlreiche Unternehmen mit
großem Potenzial zu niedrigen Preisen. Und auf die haben es
Private-Equity-Häuser wie Blackstone und Hedge-Fonds
abgesehen. Beide sammeln dazu Milliarden von vermögenden
Familien oder anderen Geld-Verwaltern wie etwa Versicherungen oder
Banken ein - mit dem Versprechen, es ihnen nach einiger Zeit mit
satter Rendite wieder zurückzugeben. Allerdings gehen die
Finanzinvestoren dabei mit unterschiedlicher Strategie vor:
Hedge-Fonds ist ein Sammelbegriff für Finanzinvestoren, die
mit einer Vielzahl von Strategien Aktienkurse in die von ihnen
gewünschte Richtung zu treiben versuchen. Die Bezeichnung
kommt vom englischen "Hedge", was "Hecke" oder "absichern"
bedeutet. Grund: Die ersten Vertreter dieser Investorenklasse
hatten sich den Ruf erworben, mit ihren Investitions-Strategien auf
keinen Fall Verluste erleiden zu können. Das ist inzwischen
eindeutig nicht mehr der Fall. Die Branche hat in den vergangenen
Jahren einen enormen Boom erlebt, 1.000 Milliarden Dollar verwaltet
sie inzwischen - zu viel, um sich mit den Investitionen nur auf die
Rosinen konzentrieren zu können. Und zu viel auch, um nicht
auch nur mäßig talentierte Geld-Jongleure anzuziehen.
Häufig spielen die Hedge-Fonds ihr Spiel, ohne dass die
Öffentlichkeit dies bemerkt - etwa indem sie nach dem Kauf
eines größeren Aktienpaketes mit dem Management hinter
verschlossenen Türen dessen Strategie diskutieren und es dabei
die Macht des Großaktionärs spüren lassen. Immerhin
ist auch der Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft
letztlich nur Angestellter seiner Eigner. Werner Seifert bekam das
schmerzhaft zu spüren. Nachdem sich mehrere Hedge-Fonds mit
größeren Paketen eingedeckt hatten und die Mehrheit der
Aktien kontrollierten, forderten sie den damaligen Chef der
Deutschen Börse auf, seine Kaufpläne für die London
Stock Exchange fallen zu lassen und die hohen Barreserven des
Konzerns an die Aktionäre zu verteilen. Als sich Seifert
weigerte, setzen sie schließlich sein Ende an der
Konzernspitze durch.
Die Heuschrecke ist nicht zu stoppen
Anders als Hedge-Fonds schnappen sich Private-Equity-Häuser
die Unternehmen gleich komplett. Private- Equity steht dabei
für "privates Kapital" - im Gegensatz zu "Equity", das bei
börsennotierten Unternehmen von einer großen Zahl von
Investoren bereitgestellt wird, eben den Aktionären. Weil die
Private-Equity-Häuser die Unternehmen komplett
übernehmen, bedarf es eines breiteren Ansatzes als bei
Hedge-Fonds: Die Investoren müssen mit den Beschäftigten
umgehen und wohl oder übel in der Regel auch mit der
Öffentlichkeit. Darum haben sie anders als Hedge-Fonds meist
Dependancen in Deutschland und meist auch einen deutschen Kopf, der
das Büro führt. Für das Geschäft bedarf es
einer perfekt eingespielten Truppe, die nach lohnenden
Investitionen Ausschau hält.
Vor allem aber braucht man für diese satten Renditen
lohnende Übernahmeziele. Und Deutschland bietet seit Jahren
genau das: Entweder die Unternehmen sind, sofern
börsennotiert, aufgrund der schwachen Aktienentwicklung und
der jahrelangen negativen Gesamtbewertung Deutschlands als
Investitionsstandort im Wert massiv gesunken. Oder aber, so die
Firmen in Privatbesitz sind, die schwache deutsche
Binnenkonjunktur, die kreditmüden deutschen Banken oder
Probleme beim Generationenwechsel haben die Unternehmen
übernahmereif gemacht. Und gleichzeitig rechnen die
Finanzinvestoren nach den Reformen in Deutschland mit einem
Aufschwung, der den Wiederverkauf der Unternehmen zu einem
lohnenden Geschäft macht.
Von deutschen Industrie-Unternehmen hatten die Finanzinvestoren
bei ihren Kaufplänen lange Zeit kaum ernsthafte Konkurrenz zu
erwarten. Denn die mussten in der Regel nach Börsensturz und
Konjunkturabsturz selbst erst einmal sehen, wie sie sich wieder
würden berappeln können. Also konnten sie, ausgestattet
mit lokaler Expertise und den Milliarden aus aller Welt, in
relativer Seelenruhe unterbewertete deutsche Firmen kaufen.
Doch dann hört die Seelenruhe auf: Weil ihre Geldgeber ihre
Rendite selbst innerhalb weniger Jahre sehen wollen, müssen
die Investoren auch mit viel Tempo zu Werke gehen. Ist das
Unternehmen einfach nur schlecht gemanagt, etwa weil eine
ungeklärte Nachfolge-Regelung Entscheidungswege lähmt,
ist das relativ einfach: Neues Management hinein, ein wenig Schliff
hier und da - und schon lässt sich die Firma mit sattem Gewinn
weiterverkaufen oder an die Börse bringen.
Ihre zum Teil berauschenden Renditen steigern die
Finanzinvestoren dabei mit einem simplen Trick: Außer mit
Eigenkapital, das sie von ihren Geldgebern zur Verfügung
gestellt bekommen haben, finanzieren sie häufig noch mehr als
die Hälfte der Kaufsumme durch Fremdkapital, also Kredite. Der
Clou: Diese Schulden bürden sie dem Unternehmen auf, das sie
damit gekauft haben. Bei einem Verkauf aber fließt ihnen die
ganze Kaufsumme zu, zur Schuldentilgung wird in der Regel wenig bis
gar nichts verwendet. Die alten Eigentümer hinterlassen zum
Teil kräftig verschuldete Unternehmen, die in der Zukunft von
Schuldendiensten belastet werden. Ein interessanter Fall ist etwa
Cognis: Die ehemalige Henkel-Tochter hatten Permira und Goldman
Sachs 2001 gekauft, um sie möglichst rasch danach an die
Börse zu bringen. Ein lukrativer vollständiger Ausstieg
war bislang nicht möglich, also zapften die Eigner über
einen Trick ein wenig Geld ab: Sie luden dem Unternehmen Anfang des
Jahres über eine Anleihe noch mehr Schulden auf. Das Geld der
Gläubiger kam aber nicht Cognis zugute, sondern floss als eine
Art Sonderdividende in die Taschen der Eigentümer.
Inzwischen fließen Hedge-Fonds, aber auch
Private-Equity-Häusern so viel Geld zu, dass sie kaum noch
wissen, wohin damit. Gleichzeitig sind zahlreiche deutsche
Industrieunternehmen inzwischen deutlich fitter als noch vor
einigen Jahren. Konnten sich die Finanzinvestoren noch vor ein,
zwei Jahren aussuchen, welches Unternehmen sie kauften, müssen
sie inzwischen häufig wieder mit Unternehmen konkurrieren, die
mit Zukäufen ihr Geschäft stärken wollen. Der Zwang,
für immer mehr Geld ihr Rendite-Versprechen einzulösen
und die Rückkehr der so genannten strategischen Investoren
birgt die Gefahr, die Preise in die Höhe zu treiben. Und um
trotzdem den angepeilten Gewinn beim Wiederverkauf zu erzielen,
müssen die Finanzinvestoren ihre frisch erworbenen Unternehmen
noch schärfer und mit noch weniger Rücksicht auf
Arbeitsplätze auf Rendite trimmen. Für ihre
öffentliche Wahrnehmung ist das problematisch. Die Branche hat
das erkannt - erste Anzeichen, stärker als bisher ihre
Zukäufe und Strategien zu erklären, sind zu erkennen.
Hedge-Fonds haben mit der Öffentlichkeit weniger Probleme -
weil sie Firmen in der Regel nicht komplett kaufen. So lange sie
Aktien kaufen können wie sie wollen, können sie zwar als
Heuschrecke gebrandmarkt, aber nicht wirklich gestoppt werden. Zwar
gibt es vereinzelt den politischen Wunsch in Deutschland, diese
aggressiven Investoren zu regulieren. International gibt es
dafür aber keine Mehrheit. Und ein deutscher Alleingang
dürfte dem Image des Landes als Investitionsstandort schaden.
Doch es gehen nicht alle Hedge-Fonds und Private-Equity-Häuser
rüde vor. Es wird geschätzt, dass inzwischen mehr als
zehn Prozent der Aktien deutscher Großkonzerne in der Hand von
Hedge-Fonds sind. Und die Mehrzahl der Investoren will eben nicht
das Management austauschen. Sie haben investiert, weil sie an das
Wachstum und den steigenden Wert deutscher Unternehmen glauben.
Sven Clausen ist Ressortleiter Finanzen der "Finacial Times
Deutschland" und arbeitet in Frankfurt.
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