11.3.2.2 Ergänzende Handlungs
empfehlungen: Stabilisierung der Wechselkurse und Demokratisierung
der globalen Finanzinstitutionen
11.3.2.2.1 Stabilisierung der
Währungs beziehungen: Globale Zielzonen und regionale
Währungssysteme
Empfehlung
Die PDS-Arbeitsgruppe
fordert den Bundestag und die Bundesregierung auf, sich auf
internationaler Ebene für die Einführung von Zielzonen
für die drei großen Währungen einzusetzen und den
Aufbau regionaler Währungskooperationen nachdrücklich zu
unterstützen.
Gegenüber
der Währungsspekulation ist weder die völlige Freigabe
der Wechselkurse noch die vollständige Bindung an eine
Leitwährung angebracht. Sinnvoll ist vielmehr eine Reform der
internationalen Währungsbeziehungen auf zwei Ebenen. Auf der
ersten sollen regionale Währungssysteme entwickelt werden, in
denen nicht nur feste Wechselkurszielzonen mit flexiblen
Anpassungsmöglichkeiten für die Leitkurse festgelegt
sind, sondern auch eine intensive wirtschaftspolitische
Zusammenarbeit erfolgt. Anders als im Europäischen
Währungssystem sollte diese Kooperation sich allerdings nicht
nur auf monetäre Konvergenz, sondern auch auf
realökonomische Ziele wie Beschäftigung, Einkommen und
sozialen Zusammenhalt richten. Auf der zweiten Ebene sollte ein
Management der Wechselkurse zwischen den Leitwährungen
eingeführt werden, das mit fallweise koordinierten
Interventionen beginnt und mittelfristig zur Einrichtung von
Zielzonen führt.
Zur Vermeidung spekulativer Attacken
müssen starke kurzfristige Schwankungen der Wechselkurse
ebenso wie ihre starre Fixierung ohne Rücksicht auf die
Entwicklung ökonomischer Grundlagen vermieden werden.
Besonders geeignet hierfür ist die Vereinbarung von Leitkursen
mit tolerierten Abweichungen (sog. Zielzonen oder target zones).
Wenn die Marktkurse den Zielkorridor zu verlassen drohen, greifen
die Notenbanken und Regierungen der betroffenen Länder und der
IWF durch gegensteuernde Interventionen auf den
Devisenmärkten ein. Ein solches System kann allerdings nur mit
politischer Flexibilität funktionieren. Sie lässt sich
herstellen, indem die Zielzonen für unterschiedliche
Währungen (je nach Grad der bestehenden wirtschaftspolitischen
Kooperation zwischen den beteiligten Ländern) unterschiedlich
definiert werden, regelmäßige Überprüfungen und
undramatische Anpassungen der Leitkurse vorgenommen werden und die
Interventionspflicht abgestuft oder begrenzt wird. Diese
Flexibilität vermindert den Anreiz zur Spekulation und
erhöht zugleich den Anreiz zur wirtschaftlichen
Kooperation.
11.3.2.2.2 Demokratisierung des IWF
Empfehlung
Die PDS-Arbeitsgruppe fordert die
Bundesregierung auf, sich nachdrücklich für die
Demokratisierung des IWF, und hier insbesondere für eine
Neuverteilung der Stimmrechte zugunsten der
Entwicklungsländer, einzusetzen.
Wir begrüßen, dass diese von uns
bereits im Zwischenbericht aufgestellte Forderung jetzt auch
Eingang in die Handlungsempfehlung 2.12 der Mehrheit gefunden hat.
Gegenwärtig sind IWF und Weltbank Einrichtungen, die von den
Industrieländern dominiert werden. Das Stimmrecht der 184
Mitgliedsländer des IWF richtet sich allein nach ihrer
ökonomischen Stärke. Mit 17,3 Prozent der Stimmen
können die USA angesichts einer notwendigen Stimmenmehrheit
von 85 Prozent für wesentliche Entscheidungen jede
grundlegende Reform blockieren. Eine solche Verteilung der
Stimmrechte ist für eine Institution, die als
Sonderorganisation der Vereinten Nationen globale Verantwortung
trägt, unvertretbar.
Zur Konkretisierung der allgemeinen Forderung
nach einer Demokratisierung des IWF wiederholen wir folgenden,
bereits im Zwischenbericht entwickelten Vorschlag:
Eine demokratische Neuordnung der Stimmrechte
im IWF sollte die ökonomische Potenz eines Landes nicht
ignorieren, aber auch nicht zum alleinigen Maßstab machen.
Daneben sollte auch die Zahl der Menschen eine Rolle spielen, die
in einem Land leben. Darüber hinaus wird hier vorgeschlagen,
zusätzlich zu diesen beiden Kriterien die Fortschritte bei der
qualitativen Entwicklung zu berücksichtigen. Sie lässt
sich ansatzweise mit Hilfe des Index der menschlichen Entwicklung
darstellen, in dem neben dem Prokopfeinkommen auch qualitative
Kriterien wie Gesundheit und Bildung zu Buche schlagen. Wenn die
relative Position der Mitgliedsländer bei diesen drei
Bezugsgrößen jeweils zu einem Drittel gewichtet wird,
ergibt sich folgende Neuverteilung der Stimmrechte:
Durch eine solche Stimmrechtsreform
würden die vier bevölkerungsreichsten
Entwicklungsländer in die Gruppe der zehn Länder mit dem
größten Stimmrecht aufrücken. Insgesamt würde
die Neugewichtung zu einer erheblich gleichmäßigeren
Verteilung von Stimmen und Einfluss führen und die
gegenwärtige drastische Dominanz der Industrieländer
(allein 45 Prozent der Stimmen für die G 7 Länder!)
beenden. In Verbindung mit einer Senkung der Mindestmehrheit bei
wesentlichen Entscheidungen von 85 Prozent auf 75 Prozent ergibt
sich eine Struktur, die Majorisierungen oder Blockierungen
erschwert und zum Versuch zwingt, Verständigung und Ausgleich
herbeizuführen.
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