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Waren- und Dienstleistungsmärkte1
3.1
Globalisierungstrends: Daten und Fakten
Seit Jahrzehnten ist ein hohes Wachstum des
Welthandels zu beobachten. Selbst auf dem zunehmend höheren
Niveau lässt diese Dynamik kaum nach.2 Zwischen 1948 und 2000 nahm der
Warenhandel3 real
jährlich im Durchschnitt um 6,1 Prozent zu und weitete sich
damit schneller aus als die Produktion (3,9 Prozent p.a.).4 Die Volkswirtschaften sind heute
wahrscheinlich wie nie zuvor in der Geschichte vom Welthandel
abhängig (WTO 1998a: 33). Diese Dynamik ist nicht auf den
Warenhandel beschränkt. Auch der Dienstleistungshandel weitet
sich stark aus. Er expandierte in den beiden letzten Jahrzehnten
sogar etwas schneller als der Warenhandel. Nach wie vor ist
Westeuropa die führende Exportregion, gefolgt von Nordamerika
und Asien. Die regionalen Gewichte verschieben sich jedoch.
Nord amerika hat als Exporteur einen spürbaren
Anteilsverlust hinnehmen müssen.5
Westeuropa hat als führende
Exportregion seine Position dagegen ausbauen können.6 Sprunghaft hat Asien als
Exportregion an Bedeutung gewonnen – vorangetrieben vor allem
durch Japan und später auch durch die asiatischen
Schwellenländer.7
Deutlich zurückgefallen als Exportregionen sind
Lateinamerika8 und
Afrika9 – und damit
ein großer Teil der Gruppe der ärmsten
Entwicklungsländer (LDC).
WTO-Daten zeigen
auf, dass Entwicklungsländer (ausgenommen Länder im
Kriegszustand und die ehemaligen kommunistischen Staaten), die am
weltweiten Freihandel teilnehmen, ein Exportwachstum von
durchschnittlich 4,3Prozent in den 80er Jahren auf 6,4 Prozent
jährlich in den 90er Jahren verzeichnen konnten. Zwar hat sich
der Anteil der Exporte am BIP der Entwicklungsländer insgesamt
erhöht, aber diese Steigerung konzentrierte sich auf lediglich
13 Länder (drei in Lateinamerika und zehn in Ost- und
Südostasien). Letztere sind in ihrer Wirtschaftskraft und in
ihrem Entwicklungsstand näher an die entwickelten
Industrieländer gerückt, auch wenn die Finanzkrisen des
vergangenen Jahrzehnts (Mexiko 1994/95, dynamische asiatische
Ökonomien 1997, Russ land 1998, Brasilien 1999) herbe
Rückschläge im Aufholprozess darstellten. In den anderen
Entwicklungsländern konzentrieren sich die Exporte
hauptsächlich auf Rohstoffe und nicht auf indus trielle
Güter.
Die dynamischen und die strukturschwachen
Entwicklungsländer driften immer stärker auseinander.
Wenngleich auch die 49 LDC als Gruppe ihre Exporte erheblich
ausweiten konnten (1950–1999: 5,2 Prozent p.a.),
verschlechterte sich ihr Welthandelsanteil insgesamt deutlich von
3,2 Prozent 1950 auf 0,5 Prozent 2000 (UNCTAD 2001d). Doch selbst
diese Gruppe ist äußerst heterogen. Einige LDC
profitieren vom Export von Öl und arbeitsintensiven
Industrieprodukten, andere dagegen sind auf die Ausfuhr relativ
wenig nachgefragter Primärprodukte angewiesen oder infolge
innerer und äußerer Konflikte exportschwach.
In den letzten 20 Jahren ist der Anteil des
Handels der Industrieländer untereinander am Welthandel weiter
gestiegen (1980: 45 Prozent, 1999: 49 Prozent). Noch stärker
hat die Bedeutung des Süd-Süd-Handels, also der Handel
der Entwicklungsländer untereinander (ohne OPEC), im selben
Zeitraum zugenommen (1980: drei Prozent; 1999: neunProzent). Sein
Anteil am gesamten Handel der Entwicklungsländer ist von 24
auf 35 Prozent gewachsen (UNCTAD 2001d).
1 Der vorliegende Berichtsteil der Arbeitsgruppe Waren-
und Dienstleistungsmärkte wurde großteils im Konsens
verabschiedet. Minderheitenvoten oder Sondervoten zu einzelnen
Abschnitten oder Handlungsempfehlungen liefern die Arbeitsgruppen
der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und PDS sowie das
sachverständige Kommissionsmitglied Dr. Michael Baumann in
Kapitel 11.
2 Vgl. dazu und zum Folgenden WTO (2001b).
3 Ohne Dienstleistungen.
4 Vgl. WTO (2001b).
5 Von 28 Prozent 1948 auf 17 Prozent 2000 (WTO 2001e:
44).
6 Von 31 Prozent 1948 auf 40 Prozent 2000 (WTO 2001e:
44).
7 Von 14 Prozent 1948 auf 27 Prozent 2000 (WTO 2001e:
44).
8 Von 12 Prozent 1948 auf 6 Prozent 2000 (WTO 2001e:
44).
9 Von 7 Prozent 1948 auf 2 Prozent 2000 (WTO 2001e:
44).
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