3.7.3 Bedeutung
und Entwicklung von KMU in Schwellen- und
Entwicklungsländern
3.7.3.1 Die Bedeutung und
Entwicklung von KMU in Schwellenländern
Dem leistungsfähigen Mittelstand in den
Industrieländern steht eine noch andere Situation in den
Schwellenländern gegenüber. In den hoch entwickelten
Volkswirtschaften sichern KMU die nationale Wettbewerbs- und
Innovationsfähigkeit und sind gleichzeitig
Beschäftigungsmotor. In den Schwellenländern leisten KMU
zwar bereits heute wichtige Beiträge für Innovationen und
die wirtschaftliche Entwicklung. Um die Bedeutung der KMU in den
Indus trieländern zu erreichen, sind jedoch die
notwendigen Rahmenbedingungen vor Ort entscheidend. Einige
Schwellenländer, die am weltweiten Handel teilnehmen, konnten
ihre Exportquote von 4,3 Prozent in den achtziger Jahren auf
6,4Prozent in den neunziger Jahren steigern, aber diese Zunahme
beruht alleine auf den Steigerungen von nur 13 Ländern in
Lateinamerika und in Ost- bzw. Südostasien. In den
Schwellenländern haben sich insgesamt in den letzten beiden
Jahrzehnten die Indikatoren für Beschäftigung und damit
die Einkommenssituation verbessert. Es haben sich
grundsätzlich marktgerechte und offene Rahmenbedingungen
durchgesetzt, die Direktinvestitionen sind gestiegen. Diese
Länder gewinnen für Stabilität und Dynamik der
Weltwirtschaft an Bedeutung. Sie sind entscheidend für die
Integration der Entwicklungsregionen in die globalen
Dienstleistungs-, Güter- und Kapitalmärkte. Sie sind
Motoren für regionale Kooperation und Integration und
lösen damit deutliche Effekte für die Länder mit
schwachen Wirtschaftsstrukturen in ihren Regionen aus.
Für die Schwellenländer sind
Direktinvestitionen ein wichtiges Element, um langfristig den
Anschluss an die Industrieländer zu erreichen. Bei der
WTO-Konferenz in Doha wurden Veränderungen bei den
Rahmenbedingungen für Auslandsinvestitionen vereinbart. Die
Verhandlungen über ein multilaterales Rahmenabkommen für
Auslandsinvestitionen sollen im Herbst 2003 aufgenommen werden. Bei
dieser Liberalisierung kann jedes Land die Sektoren benennen, die
es für Auslandsinvestitionen öffnen will.
Für Schwellenländer sollen
Ausnahmeklauseln eingearbeitet werden. Sonderregelungen sind bei
der Marktöff nung der Schwellenländer gerechtfertigt, nicht
aber beim Investitionsschutz. Schwellenländer brauchen
Investitionsanreize, die durch einen verminderten
Investitionsschutz aber nicht zu erreichen sind. In dem neuen
Rahmenabkommen sollen auch ökologische und soziale Standards
festgelegt werden. Einige Schwellen- und Entwicklungsländer
vermuten hinter diesen Forderungen protektionistische Bestrebungen.
Hier sind mittelfristig Lösungen zu finden, die beiden Seiten
gerecht werden.
Durch
Orientierung am Weltmarkt, durch wettbewerbsfähige heimische
Unternehmen und ausländische Di rekt investitionen
werden die Schwellenländer schneller als die übrigen
Entwicklungsländer wachsen – und damit auch die dort
ansässigen kleinen und mittleren Un ternehmen.
Innovative KMU,
die mit den Industrieländern, aber auch mit den Ländern
ihrer Regionen kooperieren, verbessern die Leistungsfähigkeit,
Beschäftigungs- und Ausbildungssituation.
Die zunehmende
Zusammenarbeit zwischen KMU in einigen Schwellenländern mit
KMU in Industrieländern ist eine positive Antwort und Folge
der Globalisierung. Es wird z. B. gemeinsam an internationalen
Ausschreibungen teilgenommen und in dieser Zusammenarbeit Projekte
vor Ort abgewickelt; es findet Wissenstransfer statt. Diese
Kooperationen werden zum Teil auch durch Projekte der
Entwicklungszusammenarbeit unterstützt und gefördert.
Teilnehmer sind in der Regel KMU mit gut ausgebildetem Personal in
den Bereichen Technik, Konstruktion und Dienstleistung.
Beispiele: Bekannt sind die erfolgreichen
KMU in Indien als wichtige Zulieferer von IuK-Leistungen und heute
erfolgreiche selbstständig am Markt operierende Unternehmen.
Es sind KMU, die dazu beigetragen haben, dass die indische
Softwareindustrie 1998/1999 Umsätze in Höhe von ca. 3,8
Milliarden US-Dollar erzielte und 180000Menschen
beschäftigen konnte. In einer Reihe weiterer Entwicklungs- und
Schwellenländer, so China, Brasilien, Jordanien,
Südafrika, Costa Rica und Chile, sind entsprechende KMU
entstanden, um die ehrgeizigen Programme dieser Länder, bei
der Softwareproduktion international wettbewerbsfähig zu
werden, umzusetzen.
Im Bereich
anderer intelligenter Dienstleistungen, z. B. in den verschiedenen
Sparten der Ingenieur- und Medizintechnik, ist ebenfalls eine sich
entwickelnde Zusammenarbeit mit KMU festzustellen, die auch durch
Neugründungen von Investoren aus den Industrieregionen
unterstützt wird.
Eine weitere
erfolgreiche Form der KMU sind die von sog. ethnischen Netzwerken
und Familienclans betriebenen Unternehmen. Diese sind oft
völlig vom Kreditmarkt unabhängig und teils sehr
erfolgreich. Besonders häufig sind diese Unternehmen in
Indonesien, Singapur und China zu finden.
Wichtig
können für KMU in den Entwicklungsländern aber auch
Kooperationen mit international tätigen Unternehmen oder
Organisationen sein, durch die ein Technologietransfer in diese
Länder und Unternehmen ermöglicht wird. Hier spielen auch
transnationale Unternehmen (TNC) eine wichtige Rolle, die durch
ihre Direktinvestitionen und Produktion vor Ort die Entwicklung von
lokalen innovativen KMU – oft im direkten Umfeld –
stark fördern. Gerade das „Outsourcing“ von
Prozessen hat große Potenziale für KMU auch in
Entwicklungsländern freigelegt. Diese erhalten die Chance,
innovativ und damit global wettbewerbsfähig zu werden. Der
Bedeutung dieser Kooperationen entsprechend hat die UNCTAD hierzu
im Jahre 2000 ein Programm aufgelegt und Empfehlungen in ihrem
World Investment Report 2001 erarbeitet. Beispiele für solche
lokalen KMU sind Zulieferbetriebe („Backward Linkages“,
typisch etwa im Automobilbau) und Weiterverarbeiter („Forward
Linkages“, typisch etwa in der chemischen Industrie). Wichtig
sind auch intra-industrielle Kooperationen („Horizontal
Linkages“). Durch diese Zusammenarbeit werden hohe
Qualitätsstandards transferiert und helfen den lokalen
kooperierenden KMU beim Aufbau und der Entwicklung der
Produktionen. Dies wirkt sich auch positiv auf die Aus- und
Weiterbildung aus. Mit Ausnahme einiger Schwellenländer sind
transnationale Unternehmen bisher kaum funktional mit dem
traditionellen Kleingewerbe verknüpft. Deshalb gilt es,
die se Kooperationen zu fördern.
Ziel solcher
Kooperationen muss eine Entwicklung der lokalen Unternehmen sein,
um im Laufe der Zeit Produkte und Dienstleistungen immer
höherer Qualität herstellen zu können, die dann auch
ohne den anfänglichen Kooperationspartner auf dem Markt
wettbewerbsfähig sind.
Kooperationen von
TNC mit KMU in Entwicklungs- und Schwellenländern können
jedoch auch nachteilig für die jeweilige Volkswirtschaft sein,
wenn z. B. eine Kooperation in einer durch Zölle oder andere
Maßnahmen geschützten Industrie erfolgt, so dass das KMU
nicht wirklich auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig wird.
Probleme können auch auftreten, wenn das ausländische
Unternehmen eine auf dem lokalen Nachfragemarkt zu starke Stellung
inne hat und Druck auf die kooperierenden KMU ausübt. In
diesem Zusammenhang sei auf die Diskussion der Codes of Conduct
verwiesen (vgl. Kapitel3.6), wo die Bedeutung von Sozial- und
Umweltstandards bei Kooperationen von TNC mit Unternehmen in
Entwicklungs- und Schwellenländern ausführlicher
thematisiert wird.
Diese
Entwicklungen und Möglichkeiten werden wiederum nur bei einem
kleinen Teil der Entwicklungsländer (fortgeschrittene
Entwicklungsländer) aktiv genutzt, bei der Gesamtbetrachtung
der Entwicklungsländer ergibt sich ein anderes Bild.
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