4.2.3
Zusammenfassende Bewertung13
1. Die ökonomischen Kennzahlen, mit deren
Hilfe man üblicherweise die Wettbewerbsfähigkeit einer
Volkswirtschaft zu messen versucht – Exporte,
Lohnstück kos ten, Direktinvestitionen –
deuten nicht auf eine substantielle Schwächung der deutschen
Position im internationalen Wettbewerb hin. In dieser Hinsicht ist
alles in allem die Stellung Deutschlands nicht optimal, aber gut im
Mittelfeld.
2. Die immer wieder angeführten
Kenngrößen sind teilweise mit erheblichen methodischen
Problemen behaftet und deshalb nur von begrenzter Aussagekraft.
3. Versucht man die Leistungsfähigkeit der
deutschen Volkswirtschaft im internationalen Vergleich an der
Effizienz der Ressourcennutzung zu messen, so ist eine im
Verhältnis zu vielen anderen Ländern ungüns
tige Arbeitsmarktentwicklung festzustellen.
4. Nach weitgehend übereinstimmender
Auffassung in der Wissenschaft sind für die unzureichenden
Wachstums- und Beschäftigungszahlen primär weder die
Entwicklung des Außenhandels, noch kostenmäßige
Nachteile der deutschen Unternehmen und Produkte auf den
Weltmärkten – demnach also nicht die Globalisierung im
engeren Sinne – verantwortlich.
5. Welche Gründe die schlechte
Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland hat, ist in der Wissenschaft
umstritten.
6. Eine Auffassung in der Wissenschaft macht in
erster Linie so genannte Rigiditäten des Arbeitsmarktes
verantwortlich und sieht folgerichtig die Lösung vorrangig in
der Beseitigung dieser Rigiditäten.
7. Die Gegenmeinung sieht hingegen die
Hauptursachen der geringen Arbeitsmarkterfolge in einer auch
wirtschaftspolitisch zu verantwortenden Wachstums- und
Nachfrageschwäche sowie in den nicht bewältigten Folgen
des ökonomischen Umbruches in den neuen Bundesländern.
Entsprechend liegt der Schwerpunkt auf der Forderung nach besserer
makropolitischer Steuerung.
8. Andere Analytiker diagnostizieren eine
spezielle „Dienstleistungslücke“ und führen
diese auf das Leistungsprofil und die Finanzierungsstruktur des
deutschen Sozialsystems zurück. Eine mögliche Konsequenz
wäre, durch gezielte Entlastung geringer Arbeitseinkommen von
Sozialabgaben die Voraussetzungen für ein preiswerteres
Angebot privater Dienstleistungen zu schaffen. Die andere
Möglichkeit wäre – dem skandinavischem Modell
folgend – durch eine steuerfinanzierte Ausdehnung des
öffentlichen Beschäftigungssektors (soziale
Dienstleistungen) die Arbeitslosigkeit zu verringern.
9. Insgesamt sind die empirischen Belege
dafür, dass die schlechte Arbeitsmarktentwicklung, jedenfalls
im Vergleich zu erfolgreicheren Ländern, hauptsächlich
aus Rigiditäten des deutschen Arbeitsmarktes zu erklären
ist, nur bedingt belastbar. Dass Geld- und Fiskalpolitik in den
90er Jahren dagegen nicht beschäftigungsfördernd waren,
sondern häufig konjunkturdämpfend oder gar prozyklisch
Abschwungphasen verstärkt haben, ist hingegen nicht von der
Hand zu weisen.
10. Ob es in Deutschland eine
„Dienstleistungslücke“, speziell bei den einfachen
Dienstleistungen gibt, ist umstritten.
13 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum
von der CDU/CSU-Fraktion in Kapitel
11.1.7.3.
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