5.3.1.2 Die Rolle
Deutschlands
Die Anzahl der
aus Deutschland stammenden Triadepatente hat sich im Laufe der 90er
Jahre um gut ein Drittel erhöht. Seit 1993 verläuft die
Entwicklung in den USA und in Deutschland nahezu parallel. Japan
und andere Volkswirtschaften, die stärker auf
Technologiegebiete mit hoher Patentdynamik (insbesondere Pharma-
und Telekommunikationsindustrie) spezialisiert sind (Schweden,
Schweiz, Finnland), rangieren vor Deutschland und den USA. In den
deutschen Patentanmeldungen kommt zum Ausdruck, dass das
Innovationsgeschehen nicht auf Spitzentechnologien spezialisiert
ist. Die Stärken liegen eher in den Sektoren
„höherwertiger Technik“. Wirtschaftszweige der
Spitzentechnik stehen beim Exportwachstum (16 Prozent) auf dem
ersten Rang. Die Exportdynamik der hochwertigen Technik ist
wesentlich geringer und erreicht seit 1995 ca. fünf bis sechs
Prozent. Trotz Steigerungen ist der Anteil Deutschlands bei den
Exporten FuE-intensiver Güter gegenüber den USA
zurückgegangen. Auch der Anteil deutscher Patentanmeldungen
beim EPA ist im letzten Jahrzehnt auf ca. 13 Prozent
zurückgegangen (vorherige Dekade 18 Prozent). Den
Untersuchungen zufolge (ZEW 2001: 82f.) spielt sich die Zukunft des
Pharmasektors immer mehr im Bereich der Biotechnologie ab. Waren
1999 gerade 3,2 Prozent der eingereichten Anmeldungen Biopatente,
so steigerte sich dieser Wert nach Angaben des EPA im Jahre 2000 um
mehr als 23 Prozent. Nur in der Datenverarbeitung war der Zuwachs
größer. 41 Prozent der internationalen Patentanmeldungen
im Pharmasektor haben dabei einen direkten Bezug zur Biotechnologie
(1991: 31Prozent). Dementsprechend verwundert es kaum, wenn ein
immer größerer Teil der Markteinführungen neuer
pharmazeutischer Wirkstoffe auf Biopharmazeutika entfällt
(1999 knapp ein Viertel). Das deutsche Patentgeschehen im
Pharmabereich mit biotechnologischer Relevanz geht zunehmend auf
Hochschulen und Forschungseinrichtungen oder BioTech-Firmen
zurück. Die Pharmakonzerne verantworten weniger als die
Hälfte (43Prozent) der Patentierung. Wichtiger wird also die
Vernetzung von Partnern aus der Wissenschaft, kleinen
Biotechnologieunternehmen und Pharmakonzernen. Trotzdem verzeichnet
die deutsche Pharmaindustrie insgesamt Anteilsverluste bei
weltweiter Patenttätigkeit sowie bei verkaufsstarken
Neueinführungen. Der Umsatzanteil bei den 50
umsatzstärksten neuen Wirkstoffen ging von zwölf Prozent
in der zweiten Hälfte der 80er Jahre auf ca. drei Prozent zehn
Jahre später zurück.
Da die
Außenhandelsanteile allerdings nicht im gleichen Ausmaß
schrumpften, ist Deutschland nach wie vor eine führende
Exportnation im Bereich der pharmazeutischen Industrie. Auch wenn
sich die internationalen Gewichte in den 90er Jahren im
Pharmabereich stärker in Richtung USA verschoben haben, ist
Deutschland hier mit einem Welthandelsanteil von ca. 20 Prozent
größter Exporteur. Die größte Herausforderung
der Pharmaindustrie liegt somit künftig in der Integration von
Bio- und Gentechnologie in der Produkt- und Prozessentwicklung. Der
Anteil der biopharmazeutischen Patentanmeldungen an allen
pharmazeutischen Patentanmeldungen aus Deutschland stieg von ca. 25
Prozent (1990–1992) auf ca. 35 Prozent (1996–1998).
Auch der Anteil der biopharmazeutischen Wirkstoffe bei den
Produktneueinführungen stieg von ca. zwei Prozent Anfang der
90er Jahre auf ca. 20 Prozent am Ende der 90er Jahre (ZEW 2001:
20).
Für die
Beschäftigungsentwicklung sieht die Bilanz anders aus: Ein
Vergleich zum Anteil der forschungsintensiven Produktion von 41,5
Prozent 1999 an der gesamtwirtschaftlichen Produktion und einem
Beschäftigungsanteil von über 39 Prozent an der
Gesamtbeschäftigung im Jahr 2000 macht die
überdurchschnittliche Produktivität der Branche deutlich.
Beschäftigung und Produktionsanteil haben sich in den 90er
Jahren gegenläufig entwickelt. Durch den gerade in diesen
Branchen überdurchschnittlich starken Konkurrenzdruck der
Industrieländer stieg zwar die Produktion um 20 Prozent seit
1997, das Beschäftigungsniveau nahm aber bis zum Jahr 2000 nur
um zwei Prozent zu, wobei gleichzeitig der nicht
forschungsintensive Bereich der Industrie Arbeitsplätze
abbaute (ZEW 2001: 44). Die Produktivitätssteigerung lag
demgegenüber über dem Industriedurchschnitt. Darüber
hinaus ist die enge Korrelation mit der Entwicklung
wissensintensiver Dienstleistungen zu betrachten, deren Bedeutung
in diesem Wechselspiel zunahm.
Auf die wachsende
ökonomische und politische Bedeutung von Patenten hat die
Bundesregierung mit ihrem Programm „Wissen schafft
Märkte“ (BMBF 2001a), einer Verwertungsoffensive
für geistiges Eigentum, reagiert. Die Entwicklung ist
allerdings zu neu, um sie in dieser Enquete-Kommission hinsichtlich
ihrer Konsequenzen zu beurteilen.
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