*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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5.3.1.5    Landwirtschaft und Ernährung

Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die Abhängigkeit der Landwirte von Saatgutkonzernen und die Gefährdung von Nahrungssicherheit durch Patente. Sie erstreckt sich gleichermaßen auf Saatgut, Lebens- und Futtermittel sowie die Verwertung der Ernte. Zwar werden in der europäischen Richtlinie Pflanzensorten von der Patentierung ausgenommen. Sofern jedoch mehr als eine spezielle Sorte beantragt wird, können Patente auf diese Sorte und auf nachfolgende Züchtungen erteilt werden. Noch werden Landwirte nach der Regelung des europäischen Sortenschutzes bei der Wiederverwendung von Saatgut von Lizenzanforderungen verschont. Allerdings kann nach der Novellierung der europäischen Sortengesetzgebung eine Nachbaugebühr erhoben werden, wie es bereits in den USA gängige Praxis ist, wo Landwirte vom Agrokonzern Monsanto verpflichtet werden, kein Saatgut ohne Lizenzgebühr zur Aussaat zu verwenden. Gegen diese Unternehmenspraxis wird bereits in zahlreichen Fällen vor amerikanischen Gerichten geklagt. In der europäischen Richtlinie tritt an die Stelle der Freiheit der Verwendung von Pflanzensorten zur Züchtung nunmehr die Möglichkeit, eine Zwangslizenz zu beantragen.

Im TRIPS-Abkommen wiederum werden die WTO-Mitglieder verpflichtet, für Mikroorganismen sowie für mikrobiologische und nicht-biologische Verfahren zur Herstellung von Pflanzen und Tieren einen Patentschutz bereitzustellen. Der bekannte Wirtschaftsjurist Lukes warnte schon 1987 vor den Folgen: „Mit der Ausdehnung der Ausschließlichkeitsbefugnisse, die sich bisher auf Vermehrungsgut beziehen, würde auch das letzte Weizenkorn bis hin zum Konsum und zur industriellen Verwertung vom Ausschlussrecht erfasst. Da die Gentechnologie in der Pflanzenzüchtung zunehmend eingesetzt wird, würden in kürzester Zeit alle für die menschliche Ernährung mittelbar oder unmittelbar bedeutsamen Kulturpflanzen dem Patenrecht unterliegen.“(Greenpeace 1999: 61f.). Die Kultivierung der Zuchtrechte, die Landwirte jahrhundertelang erbracht haben, wird den Monopolinteressen der großen Saatgutkonzerne unterworfen und daneben die Sortenvielfalt eingeschränkt. Profiteure sind die wenigen großen Agrochemie- und Lebensmittelkonzerne. Angesichts des Weltmarktvolumens ist dies kaum verwunderlich: Für Agrochemikalien wird es auf ca. 28 Milliarden US-Dollar geschätzt und nur für Saatgut werden 30 bis 50 Millionen US-Dollar veranschlagt. Die Verteilungskämpfe zwischen Monsanto und anderen Konzernen sind in vollem Gange, während Landwirte davon ruiniert werden.

Im OECD-Bericht zu „Biotechnologie, Landwirtschaft und Ernährung“ von 1994 wurde diese Entwicklung wie folgt charakterisiert: „Das Hauptaugenmerk in diesem Sektor galt der Neuorganisation des Saatgutmarktes, was eine stärkere Integration in den Agrochemikaliensektor zur Folge hatte. (...) Was die Vermarktungsstrategien für neue Produkte anbelangt, so ist die bisherige Möglichkeit als Lieferant von Gentechnik aufzutreten, ins Wanken geraten, und an ihre Stelle tritt nun eine neue Strategie. Man versucht, sich Kontrolle über die Saatgutmärkte zu beschaffen, bzw. was noch wichtiger ist, in den nachgelagerten Bereich der Absatzmärkte vorzudringen, um so den industriellen Mehrwert für sich zu reklamieren.“ (OECD 1994)

Eine weltweite Verknappung und Verteuerung von Lebensmitteln kann die Folge sein, so dass auch die Weltbank vor Monopolpreisen warnt. Neben den höheren Preisen sind die Entwicklungsländer besonders betroffen, da 80 Prozent ihres Saatguts bisher aus heimischer Ernte stammt, die dann ersetzt werden könnten bzw. noch zu patentieren wären. Hinweise darauf gibt das Verfahren einiger großer Saatgutkonzerne. Parallel zur Umsetzung des TRIPS-Abkommens gingen sie z. B. in Indien dazu über, den Bauern patentgeschütztes Saatgut zunächst kostenlos zur Verfügung zu stellen. In wenigen Jahren werden die Bauern davon abhängig, weil sie kein eigenes Saatgut mehr zur Verfügung haben und auch kein lokales Saatgut mehr angeboten wird. Die Sortenvielfalt nimmt angesichts der Marktkonzentration ab, die Vielfalt der Er­ nährungsgrundlagen wird eingeschränkt, viele Landwirte sind ruiniert. Weitere Folgen sind auch die Einschränkung der Er­ nährungssicherheit und die Flucht in die Slums der Städte.




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