*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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5.3.1.8    Internationaler Patenschutz und Transfer von Umwelttechnlogien

Die Enquete-Kommission weist bereits im Kapitel „Ressourcen“ auf die Bedeutung des internationalen Transfers von ressourcen- und umweltschonenden Technologien für globale Nachhaltigkeitsstrategien hin. Dort wird unter anderem empfohlen, den Transfer besonders in Entwicklungsländer zu fördern und Anreize vor allem für die Entwicklung und Verbreitung angepasster Technologien zu setzen (vgl. Empfehlung 7-32). Es bietet sich an, die internationalen Vereinbarungen zum gewerblichen Rechtsschutz auch unter diesem umweltpolitischen Blickwinkel zu erörtern. So birgt das TRIPS-Abkommen der WTO – und hier speziell die patentrechtlichen Verpflichtungen – verschiedene Implikationen für den Transfer ressourcen- und umweltschonender Technologien in Entwicklungsländer.

Infolge der Umsetzung von TRIPS wird der Transfer und die Verbreitung patentierter Technologien in Entwicklungsländern einerseits erschwert, da die Kosten durch Lizenzgebühren steigen und Lizenzverhandlungen geführt werden müssen, für die den meisten Unternehmen in Entwicklungsländern die Ressourcen und/oder das Know­ how fehlen. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Technologietransfer bei sehr restriktiver Lizenzpolitik des Patentinhabers verwehrt bleibt. Es ist fraglich, ob die in Artikel 40 des TRIPS-Abkommens vereinbarten Regelungen zur Kontrolle wettbewerbswidriger Praktiken in Lizenzverträgen ausreichen, um den Zugang zu Technologien offenzuhalten. Zwar ermöglicht es Artikel 40 den WTO-Mitgliedern, Rechtsvorschriften gegen wettbewerbswidrige Praktiken in Lizenzverträgen vorzusehen und im konkreten Fall mit dem Staat, dem der Patentinhaber angehört, in Konsultation zu treten. Aber gerade die wirtschaftlich ärmsten Ländern dürften de facto nicht in der Lage sein, diese Möglichkeiten von sich aus auszuschöpfen.

Andererseits weisen empirische Studien darauf hin, dass Länder mit hohem Patentschutz ceteris paribus mehr ausländische Investoren anziehen als andere Länder (Maskus 2000), so dass die Einführung westlicher Patentstandards neben anderem auch den Transfer von Umweltschutztechnologien fördern dürfte. Darüber hinaus wirkt die Einführung eines effektiven Systems zum Schutz geistigen Eigentums in Entwicklungsländern grundsätzlich fördernd auf die Forschung und Entwicklung von Technologien, die speziell auf die Bedürfnisse dieser Länder zugeschnitten sind (Innovationsfunktion des Patentschutzes). Ähnlich wie auch für die innovationsfördernde Wirkung von TRIPS für die pharmazeutische Forschung im Bereich tropischer Krankheiten argumentiert wird, kann TRIPS grundsätzlich auch die Innovationstätigkeit der Unternehmen im Süden und Norden im Bereich von entwicklungsländerorientierten Umwelttechnologien anregen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass eine    kaufkräftige Nachfrage für die – nunmehr weltweit patentierbaren – Innovationen existiert. Dies ist jedoch vor allem in den ärmsten Entwicklungsländern kaum der Fall.

Der Mangel an empirischen Befunden erschwert eine abschließende Bewertung, aber die Diskussion deutet an, dass die Wirkungen des TRIPS-Abkommens auf den Transfer umwelt- und ressourcenschonender Techno­ logien in die Entwicklungsländer äußerst ambivalent sein dürften. Daher empfehlen sich zum einen Maßnahmen zur Steigerung der potenziell positiven Effekte, und zum anderen (vorkehrende) Maßnahmen zur Reduzierung der potenziell negativen Wirkungen. Ansatzpunkt einer solchen Politik kann sowohl die Förderung der Verbreitung patentierter Umwelttechnologien sein als auch zusätzliche Innovationsanreize für die Er­ forschung und Entwicklung von Umwelttechnologien, die speziell auf den Bedarf in Entwicklungsländern abzielen.


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