*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

 zurück weiter  Kapiteldownload  Übersicht 


6.3.3.2    Europäische Union

In zahlreichen Resolutionen hat die Europäische Kommission in den vergangenen Jahren ihr Konzept von Gender Mainstreaming verfeinert und präzisiert. Mittlerweile verfolgen einzelne Generaldirektionen eine gezielte Gender-Politik. Ein wesentlicher Faktor für die gestiegene Bedeutung der Gender Mainstreaming Verpflichtung durch die Mitgliedstaaten der EU war deren Verankerung im Sozialfonds. Der Gender Mainstreaming-Gedanke wurde im Luxemburger Beschäftigungsgipfel aufgegriffen. Im Amsterdamer Vertrag bedeutet Gender Mainstrea­ ming, dass bei der Umsetzung aller Leitlinien Chancengleichheit zu berücksichtigen ist und Strategien zur Chancengleichheit ergänzend in einer gesonderten Leitlinie entworfen werden. Damit sind die beteiligten Staaten verpflichtet, die Gleichstellung der Geschlechter bei EU-kofinanzierten Projekten zu realisieren. Gender Main­ strea­ ming spielt auch bei der Ausgestaltung der Förderrichtlinien und der regionalen Umsetzung des Europäischen Sozialfonds (ESF) eine herausragende Rolle. Die Vergabe von öffentlichen Mitteln mit den Anforderungen der Geschlechtergleichheit zu verbinden, könnte ein weiterer wirkungsvoller Hebel sein, um die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu erzielen.

In einem anderen ESF-Programm, in der Gemeinschafts­ initiative EQUAL, geht es um die Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung am Arbeitsmarkt – aufgrund von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexueller Orientierung. Im Bereich der Gleichstellung von Frauen und Männern sollen primär neue Formen der Arbeitsorganisation entwickelt werden, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, die geschlechtsspezifische Segregation am Arbeitsmarkt verringern und die Geschlechtertrennung im Beruf aufheben.21

Trotz vieler positiver Entwicklungen in der europäischen Union muss noch immer festgestellt werden, dass Gender Mainstreaming die zentralen Felder der europäischen Politik, die zudem die größten Etats haben, nicht erreicht. Dazu gehören Landwirtschaft, Wettbewerb, Transport und Verkehr, Ökologie, Außenpolitik etc. Auch bei der Zukunftsfrage nach den Voraussetzungen der Aufnahme der mittel- und osteuropäischer Staaten, wird die Forderung nach Chancengleichheit beider Geschlechter bisher nicht ernsthaft zu einem Beitrittskriterium gemacht.



21 Auch die Generaldirektion Research ist mittlerweile als Vorreiterin für eine Gender Mainstreaming Politik anzusehen. Sie hat die Geschlechterfrage in den letzten Jahren in einem dynamischen Prozess explizit zum Thema gemacht. Argumentiert wird hier, dass die mangelnde Repräsentanz von Frauen in der Wissenschaft und in den Entscheidungsgremien von Wissenschafts- und Forschungspolitik eine Verschwendung von Humanressourcen und ein Hindernis für die Entwicklung der Wissenschaft darstellen. In diesem Zusammenhang wurde eine Sachverständigengruppe „Women and Science“ eingesetzt, um den Dialog zwischen Wissenschaftlerinnen und politischen Entscheidungsträger/innen der Mitgliedsstaaten zu fördern. Zudem hat die Kommission die Dimension der Chancengleichheit in das 5. Rahmenprogramm im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration (1998–2003) integriert. Im Jahr 2000/2001wurden die Schwerpunktprogramme des 5. Rahmenprogramms erstmals einem Gender Impact Assessment (GIA) unterzogen. Die Auswertung des IHP Programms zeigte, dass die Gender Mainstreaming Politik der Generalsdirektion Research erste Erfolge verbuchen konnte. In den Gutachtergremien war die Zielmarke von 40 Prozent Gutachterinnen mit 37 Prozent fast erreicht. In den Stipendienprogrammen (z. B. Marie Curie Fellowship) wurden erste konkrete Maßnahmen ergriffen, um die Beteiligung von Frauen zu verbessern (Goldmann 2002).

zurück zum Text



 zurück weiter  Top  Übersicht 


Volltextsuche