7.5.2.3 World Commission on
Dams
Weltweit existieren derzeit rund 45000
Großstaudämme.80 Seit Jahrtausenden stellt die Stauung und
Speicherung von Wasser eine unverzichtbare Voraussetzung für
menschliche Entwicklung dar. Manche Staudämme, insbesondere
Großprojekte, bei deren Umsetzung es zu gravierenden sozialen
und ökologischen Folgen kommt, stoßen aber zunehmend auf
massive Kritik der Betroffenen. Die 1997 von der World Conservation
Union (IUCN) und der Weltbank ins Leben gerufene World Commission
on Dams (WCD)81 hat die
bisherigen Erfahrungen mit Großstaudämmen ausgewertet und
Empfehlungen für Entscheidungsträger formuliert.
Bemerkenswert ist, dass in die Arbeiten sowohl Befürworter als
auch Kritiker von Großstaudämmen einbezogen waren.
Der im Jahr 2000 vorgelegte
Kommissionsbericht verdeutlicht, dass die bisherigen
Staudammprojekte neben den beabsichtigten positiven
wirtschaftlichen und sozialen Folgen oftmals auch zu enormen
ökologischen, aber auch zu volkswirtschaftlichen Schäden
geführt haben. Die unmittelbaren sozialen Auswirkungen sind
gravierend: Zwischen 40 bis 80 Millionen Menschen sind bereits
vertrieben bzw. umgesiedelt worden, Alternativen zu bestehenden
Dämmen (Einsparungen, Effizienzsteigerungen, innovative
Technologien) wurden nur unzureichend geprüft. Häufig
wurden die Budgets bei Bau- und Betriebskosten bei weitem
überschritten. Die betroffene Bevölkerung wurde zumeist
nicht in den Planungsprozess einbezogen.
Die WCD hat einen
neuen Ansatz für die Planung und den Entscheidungsprozess
entwickelt. Zukünftig sollen Entscheidungen über
Staudämme auf den Werten Gerechtigkeit, Effizienz,
Partizipation, Nachhaltigkeit und Rechenschaftspflicht basieren und
noch vor der Ausschreibung alle notwendigen Vereinbarungen mit den
Betroffenen getroffen werden. Darüber hinaus sollen sieben
strategische Prioritäten den Prozess der Entscheidungsfindung
bestimmen: Gewinnung öffentlicher Akzeptanz, umfassende
Prüfung von Optionen und Alternativen, Problemlösung
hinsichtlich bestehender Staudämme, Erhalt von Flüssen
und Erhalt der natürlichen Existenzgrundlagen der Menschen,
Anerkennung von Ansprüchen und gerechte Verteilung von Nutzen,
Einhaltung von Verpflichtungen und Vereinbarungen sowie gemeinsame
Nutzung von Flusssystemen zur Förderung von Frieden,
Sicherheit und Entwicklung.
Angesichts des
steigenden Energiebedarfes in Entwicklungsländern werden
Staudämme neben dem Ausbau der Nutzung regenerativer Energien
weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Energiebedarfs
leisten. Die Enquete-Kommission sieht wie die Bundesregierung in
einem Projektplanungsprozess, der sich nach den Kriterien der World
Commission on Dams ausrichtet, einen guten Weg, unerwünschte
ökologische, soziale, politische aber auch wirtschaftlich
negative Folgen zu vermeiden. Wichtig für die Durchsetzung
solcher Entscheidungsprozesse wäre nicht nur die
Übernahme dieser Kriterien durch die Regierungen der
Projektländer, sondern auch durch die Regierungen, die mit
Hilfe von Ausfuhrgewährleistungen die Finanzierung dieser
Projekte erst ermöglichen. Die konsensorientierte Arbeit der
aus Vertreterinnen und Vertretern des Privatsektors und der
Zivilgesellschaft zusammengesetzten Kommission hat Modellcharakter
auch für andere Konfliktfälle.
80 Laut der Internationalen Kommission für
Großstaudämme (ICOLD) hat ein Großstaudamm eine
Höhe von 15 oder mehr Metern (über dem Fundament). Wenn
ein Staudamm 5 bis 15 Meter hoch ist und ein Speichervolumen von
über 3 Millionen Kubikmetern hat, gilt er ebenfalls als
Großstaudamm.
81 Vorsitzender der Weltkommission für
Staudämme (WCD) war Minister Kadar Asmal aus
Südafrika.
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