*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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   7.6.2.2    UNEP-Reformdiskussion im Kontext des IEG-Prozesses

Bereits 1997 hatte die Bundesregierung zusammen mit Brasilien, Singapur und Südafrika einen Vorstoß unternommen, das Thema auf die internationale Tagesordnung zu setzen. Inzwischen wird das Thema von UNEP selbst bearbeitet. Eine erste internationale Umweltministerkonferenz tagte im Mai 2000 in Malmö und hob den organisatorischen Reformbedarf der globalen Umweltpolitik hervor. Anfang Februar 2001 richtete der UNEP-Verwaltungsrat in Nairobi eine intergouvernementale Arbeitsgruppe („Open-ended Intergovernmental Group of Minis­ ters or their Representatives“, IGM/IMG) zum Thema „International Environmental Governance“ (IEG) ein. Diese Arbeitsgruppe sollte sowohl vorhandene institutionelle Schwächen bewerten als auch den Bedarf und die Möglichkeiten für die Weiterentwicklung von UNEP eruieren. Im Rahmen der Treffen dieser Arbeitsgruppe wurden im Jahr 2001 auch je eine Anhörung von Expert(-innen) und Vertreter(-innen) der Zivilgesellschaft durchgeführt.110 Während insgesamt sechs Sitzungen der Intergouvernementalen Arbeitsgruppe zu IEG wurde in mehreren Arbeitsgruppen diskutiert.

Auf der dritten Sitzung am 09./10. September 2001 in Algier, Algerien, stellte UNEP-Exekutivdirektor Klaus Töpfer seinen überarbeiteten Bericht zu IEG vor (UNEP/ IGM/3/2).111 Des Weiteren präsentierte der kanadische Umweltminister David Anderson, Vorsitzender des UNEP-Verwaltungsrats wie auch der Intergouvernementalen Arbeitsgruppe, zur Sitzung ein Arbeitspapier mit ersten Elementen („Building Blocks“) möglicher Reformen. Elemente der in den beiden Papieren vorgeschlagenen Reformen wurden in Algier in zwei Arbeitsgruppen diskutiert. Eine erste Arbeitsgruppe beriet Schritte zur Reform von UNEPs Globalem Umweltministerforum (GMEF) und weitere Maßnahmen zur Stärkung von UNEP. Vorgeschlagen wurde, dass das GMEF eine universelle Mitgliedschaft erhalten und als Steuerungsinstrument innerhalb von UNEP ausgebaut werden soll. Das GMEF soll damit auch als Forum für die Koordination in der internationalen Umweltpolitik dienen. Eine zweite Arbeitsgruppe beriet die Möglichkeiten einer noch weiter verbesserten Zusammenarbeit im Rahmen bestehender multilateraler Umweltabkommen (MEAs) und die Rolle der „Environment Management Group“ (EMG). Zur verbesserten Koordinierung der MEAs und ihrer Umsetzung wurde das so genannte „Clus­ tering“-Konzept diskutiert. „Clustering“, d.h. die vertiefte Kooperation von Konventionen und Programmen, soll zunächst v. a. auf inhaltlicher Ebene gefördert werden. Die bereits bestehende „Environmental Management Group“ (EMG) soll auch die oben genannte Reformen als Koordinationsforum vorbereiten. Die G77/China brachten Vorschläge für weitere „Building Blocks“ ein, v. a. mit Blick auf die inhaltliche Einbettung in ein Konzept „nachhaltiger Entwicklung“ und den Transfer von Ressourcen und technischer Hilfe (Capacity Building). Als UN-Programm kann UNEP bislang keine operativen Maßnahmen durchführen. Der Töpfer-Bericht enthält nun u. a. Vorschläge zum Ausbau der Kapazitäten von UNEP für operationelle Maßnahmen in Entwicklungsländern (z.B. Kapazitätenaufbau, Technologietransfer). Diese sollten jedoch möglichst auf Pilotvorhaben im engeren Umweltbereich beschränkt bleiben, damit eine klare Arbeitsteilung im UN-System gewahrt wird. Die Neufassung des „Building Blocks“-Papiers soll um die zwei Be­ reiche „Sustainable Development“ und „Finance, Capacity Building and Technology Cooperation“ erweitert werden.

Seither fanden mehrere Treffen statt, auf dem die oben genannten Themen weiter diskutiert wurden.112 Bei der Sondersitzung des UNEP-Verwaltungsrates sowie des Globalen Mi­ nisterforums Umwelt im Februar 2002 in Cartagena konn­ te sich die EU mit ihrer Forderung durchsetzen, UNEP durch die Aufwertung des GMEF zu stärken. Das Ministerforum soll künftig deutlicher als bisher die politische Debatte zur globalen Umweltpolitik prägen und Empfehlungen auch gegenüber anderen UN-Einrichtungen mit Umweltaktivitäten geben können („Political Guidance“). Als Forum für die Koordination in der internationalen Umweltpolitik soll das GMEF Empfehlungen für die kohärente Umsetzung der verschiedenen multilateralen Umweltabkommen formulieren. Ferner wird die Notwendigkeit unterstrichen, UNEPs Rolle auf den Gebieten „Monitoring und Assessment“ und Kapazitätenförderung in den Entwicklungs- und Schwellenländern unter Beachtung der Tätigkeitsfelder und Mandate anderer VN-Organisationen auszubauen. Ein weiteres Element der Stärkung UNEPs ist die Etablierung eines strategischen Plans zur technologischen Unterstützung und zum Kapazitätenaufbau in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dies soll UNEP in Zu­ sammenarbeit mit anderen betroffenen internationalen Organisationen umsetzen und dabei auf die positiven Erfahrungen aus der strategischen Partnerschaft zwischen UNEP und GEF zurückgreifen.

Der Bericht der intergouvernementalen Arbeitsgruppe wird der UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD), die als Vorbereitungsausschuss des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung (WSSD) fungiert, vorgelegt. Auf dem Weltgipfel in Johannesburg sollen die Vorschläge erörtert und entsprechende Beschlüsse gefasst werden.

Das Stichwort „Weltumweltorganisation“ wird im obigen Zusammenhang insgesamt eher zurückhaltend verwendet.

Die USA und Japan sowie Vertreter der G77 und Chinas nehmen eine eher zögerliche Haltung ein. Kritische    Stimmen mahnen an, zunächst solche Reformen anzustreben, die sich in überschaubaren Zeithorizonten sowie mit vertretbarem Aufwand erreichen lassen (vgl. Juma 2000). Auf der Basis vertrauensbildender Maßnahmen in diesem Bereich öffnet sich die Position der Entwicklungsländer jedoch in jüngster Zeit. Auch der WBGU empfiehlt nachdrücklich, sich gezielt um Koalitionen mit wichtigen Entwicklungsländern zu bemühen, um die Akzeptanz politischer Initiativen von vornherein sicherzustellen. Frankreich und Kanada unterstützen Vorschläge nach Reformen in Richtung einer Weltumweltorganisation. Die Bundesregierung votiert in Abstimmung mit der EU dafür, dass die auf dem Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung anstehende Beschlussfassung der Ausgangspunkt für eine Aufwertung des UN-Umweltprogramms (UNEP) sein sollte, mit der Perspektive, UNEP zu einer Weltumweltorganisation fortzuentwickeln.113 Sowohl der Bereich Umwelt (UNEP) als auch der Bereich nachhaltige Entwicklung (insbesondere CSD) soll institutionell gestärkt werden.

Umstritten ist auch der Standort Nairobi. Mit Blick auf die angestrebten Maßnahmen des Capacity Building in Entwicklungsländern sollte der Standort Nairobi allerdings beibehalten werden. Dennoch sind massive Verbesserungen vor Ort notwendig, auch um die Personalsituation UNEPs in Nairobi zu optimieren. Voraussetzungen dafür sind insbesondere stabile finanzielle Ressourcen, politische Unterstützung für das in Nairobi angesiedelte UNEP und verbesserte Sicherheitsbedingungen in Nairobi. Zudem könnten die anderen regionalen Zentren UNEPs (Genf, Paris) weiter ausgebaut werden.

Die Gründung einer Weltumweltorganisation wird von Entwicklungs- und Industrieländern wohl nur dann akzeptiert werden, wenn beiden Seiten effektive Ein­ fluss­ möglichkeiten bei deren Steuerung und Fortent­ wicklung eingeräumt werden. Als Modell bietet sich die Übernahme des nord-süd-paritätischen Entscheidungs­ ver­ fahrens des Multilateralen Fonds im Montrealer Protokoll oder des ähnlich angelegten Mechanismus in der GEF an. Den Entwicklungsländern brächte die Gründung einer Weltumweltorganisation unter anderem den entscheidenden Vorteil einer räumlichen Zentralisierung von Verhandlungen. Sämtliche internationalen umweltpolitischen Treffen könnten am Sitzort der Weltumweltorganisation organisiert werden, was fast allen Entwicklungsländern den Aufbau eines professionellen Diplomaten- und Expertenteams vor Ort erleichtern würde. Dasselbe gilt für Umweltschutzverbände und andere Nichtregierungsorganisationen vor allem aus Entwicklungsländern, die sich das bisherige Verhandlungssystem weltweit wechselnder Konferenzen nicht leisten können.

Außerdem muss das legitime Interesse der Entwicklungsländer an deren nachholender und nachhaltiger Entwicklung berücksichtigt werden. Dies muss durch die finanzielle Stärkung der GEF und den Ausbau der entsprechenden Ressourcen- und Technologie-Transfers unterstützt werden. UNEP sollte nach Auffassung der EU auch vermehrt die Möglichkeit nutzen, anhand von kleinen, ausgewählten Pilotprojekten die konkreten ökologischen und ökonomischen Vorteile von Um­ welt­ schutzpolitik und Umweltschutztechnologie zu demonstrieren. Im IEG-Prozess hoben die G 77/China die Notwendigkeit einer „Sustainable Development“-Komponente hervor und sprachen sich in diesem Zusammenhang auch für den Erhalt der UN-Kommission für Nachhaltige Entwicklung (CSD) aus.



110 Eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Konsultationen sowie weiterer Unterlagen zum IEG-Prozess finden sich unter UNEP (2002).

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111 Der Bericht findet sich ebenfalls unter UNEP (2002).

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112 Die vierte Sitzung der IGM/IMG fand am 31. November/1. Dezember 2001 in Montreal, Kanada, statt, eine fünfte Sitzung der IGM/IMG am 25. Januar 2002 in New York. Das sechste „Final Meeting of the Open-ended Intergovernmental Group of Ministers or Their Representatives on International Environmental Governance“ fand am 12. Februar 2002 in Cartagena, Kolumbien, statt. Direkt im Anschluss tagte das Globale Ministerforum Umwelt.

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113 Schon im Algier-Statement der Bundesregierung hieß es: „Besonders im Hinblick auf die Globalisierung ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die Belange der Umwelt auf internationaler Ebene wirksam vertreten werden. Mit dem Johannesburg-Gipfel sollte eine Aufwertung der UNEP in Nairobi beginnen, mit der Aussicht auf Weiterentwicklung der UNEP zu einer Weltumweltorganisation.“

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