Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 07-08 / 16.02.2004
vom

Bundesagentur für Arbeit auflösen

Antrag der Liberalen
Wirtschaft und Arbeit. Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg soll aufgelöst und ihre Aufgaben sollen neu zugeordnet werden. Dies fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (15/2421). Den Kernbereich der Arbeitslosenversicherung solle eine Bundesversicherungsagentur übernehmen. Da Arbeitslosigkeit wegen unkalkulierbarer Risiken nur schwer privat zu versichern sei, bleibe ein staatlicher Rahmen für die Arbeitslosenversicherung erforderlich. Daher empfiehlt die Fraktion die Gründung einer öffentlich-rechtlichen Versicherungsagentur im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

Die drittelparitätischen Selbstverwaltungsstrukturen der Bundesagentur für Arbeit und der Verwaltungsausschüsse auf lokaler Ebene, die zu "Selbstbedienungsmentalität und Verschwendung" geführt hätten, seien abzuschaffen.

Die neue Bundesversicherungsagentur solle sich auf die Versicherung konzentrieren und von sachfremden Aufgaben wie der Auszahlung des Kindergeldes oder der Ausbildungsberatung befreit werden. Versicherungsfremde Leistungen dürften nicht von der Arbeitslosenversicherung, sondern müssten aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Dadurch könne der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 Prozent deutlich gesenkt werden.

Die Bundesversicherungsagentur würde mit den Arbeitnehmern Versicherungsverträge abschließen, so die Fraktion. Zu versichern wäre das Risiko der Arbeitslosigkeit für einen Zeitraum von zwölf Monaten als Pflichtversicherung. Im Wesentlichen wäre der bisherige Lebensstandard abzusichern. Für diese zwölf Monate würde die Versicherungsagentur die Beiträge zur Sozialversicherung übernehmen. Mitarbeiter der Agentur in den Job-Centern würden die Anträge auf Arbeitslosengeld und den Forderungseinzug übernehmen und die Betroffenen beraten.

Anzubieten wären Grund- und Wahltarife, wobei im Grundtarif das Bewerbertraining und ein Vermittlungsgutschein enthalten sein sollten, der vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit an eingelöst werden kann. Die Versicherten könnten sich damit an private Arbeitsvermittler, aber auch an die Arbeitsvermittlung in den Job-Centern der Kommunen wenden. Im Grundtarif enthalten wären ferner der Anspruch auf Insolvenzgeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld und Überbrückungsgeld. Qualifizierungs- und Trainingsmaßnahmen sowie Mobilitätshilfen sollten jedoch über Wahltarife versichert werden.

Die Liberalen schlagen darüber hinaus vor, für internationale Aufgaben und das Bereitstellen von Internetangeboten für die überregionale Arbeitsvermittlung eine Bundesarbeitsmarktagentur als nachgeordnete Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zu gründen. Sie solle die internationale Arbeitsvermittlung, die Koordinierung überregionaler Sonderprogramme und die Abwicklung von Werkvertragsabkommen übernehmen.

Die FDP empfiehlt schließlich auch, Teilbereiche der Bundesagentur für Arbeit zu privatisieren und den Kommunen die Aufgaben einer längerfristigen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu übertragen.

Der Bundestag hat am 12. Februar einen Antrag der FDP (15/771) abgelehnt, wonach mögliche Interessenüberschneidungen bei der Vergabe öffentlicher Mittel über die Bundesagentur für Arbeit auf allen Ebenen vermieden werden sollten. Das Plenum folgte dabei einer Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit vom Vortag (15/2483), in dem die Unionsfraktion mit der Koalition gegen den Antrag gestimmt hatte. Die Liberalen hatten die Regierung unter anderem aufgefordert, die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ursula Engelen-Kefer, als Mitglied des Verwaltungsrates der Bundesagentur abzuberufen. Die übrigen Fraktionen bezeichneten den Antrag im Ausschuss als "überholt". Auch sei es problematisch, wenn sich das Parlament in konkrete Personalüberlegungen einmische.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.