Besonders erschreckend ist die hohe Zahl junger Wähler, die sowohl in Sachsen als auch in Brandenburg der NPD und der DVU zu 9,2 beziehungsweise 6,1 Prozent der Stimmen bei den beiden Landtagswahlen verholfen haben und damit zu zwölf beziehungsweise sechs Sitzen in den entsprechenden Landtagen. Aber auch unter den Arbeitslosen, die Hartz IV entschieden ablehnen, konnten die beiden rechtsextremen Parteien punkten.
In Brandenburg begnügte sich die DVU, die maßgeblich von der Münchner Parteizentrale aus gesteuert wird, im zurückliegenden Wahlkampf vor allem mit Plakaten. Gleich 97.000 Plakate wurden landesweit geklebt - vor allem gegen Hartz IV. Die Kosten belaufen sich nach DVU-Angaben auf "mehrere hunderttausend Euro". Die Partei verfügt über keine ausgeprägte Struktur und hat auch in der zurückliegenden Legislaturperiode kaum durch landespolitische Initiativen Aufmerksamkeit erregt. Dennoch legte die 1971 gegründete DVU, die zeitweilig in den Landtagen von Schleswig-Holstein, Bremen und Sachsen-Anhalt vertreten war, bei dieser Wahl um 0,82 Prozentpunkte zu. Zugute kam ihr dabei eine Absprache mit der NPD, nicht in Sachsen anzutreten. Im Gegenzug sollten sich "Die Nationalen" (Untertitel der NPD) aus Brandenburg heraushalten. Auch in Zukunft soll nur noch eine rechte Partei in einem Land zur Landtagswahl antreten. In der Vergangenheit hielten solche Bündnisse allerdings selten lange. Zu zerstritten waren die rechten Parteien untereinander über ihre Ziele.
Rechtsextreme Mittelständler
In Sachsen, wo die NPD durch Erfolge bei der Kommunalwahl im Frühjahr noch beflügelt wurde, verfügen die Rechtsextremen hingegen über eine zunehmend organisierte Basis. Das macht sie aus der Sicht von Wahlforschern besonders gefährlich. Die NPD stellt etliche Gemeinderäte, die auch aktiv Kommunalpolitik betreiben. Und sie stehen ähnlich der PDS den Bürgern unermüdlich mit persönlichem Rat und persönlicher Hilfe zur Verfügung. So kann sich die NPD in Sachsen auch auf zahlreiche angesehene Mittelständler verlassen. Außerdem vernetzt sie sich immer mehr. Nicht erst bei der Landtagswahl erwies sich die Sächsische Schweiz, vor allem als Tourismusziel bekannt, als rechter Hort in Sachsen. So kamen die Nationaldemokraten in der Gemeinde Reinhardtsdorf-Schönau bei den Zweitstimmen auf 23,1 Prozent - die SPD musste sich mit 5,6 Prozent begnügen.
Blickt man auf das Wahlergebnis bei den unter 30-jährigen in Sachsen, so wählten zwar 39 Prozent die CDU, doch mit 17 Prozent kam die NPD bereits auf Platz 2. Lediglich acht Prozent der jungen Menschen gaben der SPD ihre Stimme, aber immerhin noch die doppelte Anzahl der PDS. Grüne und Liberale waren in dieser Altersgruppe mit ebenfalls je acht Prozent gleichauf mit der SPD. Schaut man etwas genauer hin, dann zeigt sich in der Gruppe der unter 30-Jährigen, dass es vor allem die Männer waren, die der NPD ihre Stimme gaben. Zugleich handelt es sich um junge Leute, die sehr häufig über eine schlechte Bildung verfügen und keine Arbeit haben. Die meisten von ihnen sind überzeugt, dass sie zu kurz gekommen sind und dass der Staat ihnen viel schuldig geblieben ist. Die Ergebnisse für Brandenburg sind ähnlich.
Viele wählten in Sachsen wie auch in Brandenburg aus Protest NPD oder DVU. Zugleich ließen sich viele enttäuschte Bürger von den rechtsextremen Parteien ermuntern, zur Wahlurne zu gehen. In Sachsen gewann die NPD 65.000 Nichtwähler, 39.000 ehemalige CDU- und 10.000 PDS- sowie 3.000 SPD-Wähler. Wahlforscher gehen davon aus, dass es in Deutschland ein rechtes Wählerpotenzial von etwa 15 Prozent gibt. Das werde vor allem in wirtschaftlich schlechteren Zeiten ausgeschöpft.