Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 25 - 26 / 20.06.2005
Hartmut Hausmann

Trotz Rückgangs Millionenschäden durch Betrügereien

Bericht des EP-Haushaltskontrollausschusses

Wenn es noch Kontinuität in Europa gibt, dann bei den jährlichen Berichten des EU-Parlaments über die der Union durch Betrügereien verloren gegangenen Finanzmittel. Nach den am 6. Juni in Straßburg verabschiedeten Zahlen des Haushaltskontrollausschusses waren es im Jahre 2003 insgesamt 922 Millionen Euro. Diese Summe wurde von den Mitgliedstaaten auf Grund von festgestellten Unregelmäßigkeiten und Betrügereien gemeldet. Die meisten Fälle wurden bei den Strukturfonds und im Agrarbereich bekannt. Gegenüber 2002 mit 1,15 Milliarden Euro ist die Zahl der Betrugsfälle jedoch zurückgegangen.

Damit hat die EU Anspruch auf insgesamt drei Milliarden Euro aus dem Jahr 2003 sowie aus früheren Haushaltsjahren, die von den Mitgliedstaaten wieder zurück überwiesen werden müssen. Das geht zu Lasten der nationalen Haushalte der betroffenen Mitgliedstaaten, wenn diese nicht ihrerseits die fehlgeleiteten Gelder von den Verursachern der Betrügereien zurückerhalten. Finanzfachleute vermuten, dass die Dunkelziffer wegen dieser Regresspflichtigkeit noch wesentlich höher liegt. So beklagt das Parlament denn auch die mangelnde Berichtsdisziplin der Mitgliedstaaten, die offenbar dem Schutz der EU-Finanzen keine angemessene Rolle einräumen. Ursache des Problems ist, das die EU-Staaten im Auftrag der Kommission rund 80 Prozent der EU-Gelder nicht nur ausgeben, sondern auch deren sachgerechte Verwendung sicherstellen und kontrollieren sollen. An dieser Bilanz haben auch die Fortschritte, der von der EU eingesetzten Task Force "Einziehung" wenig ändern können. Sie stellte dennoch 100 Millionen Euro sicher. So belief sich das Schadensvolumen aller von der Europäischen Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF in den letzten fünf Jahren bearbeiteten Fälle auf 5,34 Milliarden Euro.

Der Österreichische Berichterstatter Herbert Bösch beklagte, dass der Union nach Schätzungen der Mitgliedsstaaten allein durch Zigarettenschmuggel 200 Millionen Euro verloren gingen. Der Grund: Die starke Erhöhungen der Tabaksteuer in einigen Mitgliedstaaten macht den Schmuggel mit Zigaretten immer attraktiver. Das Parlament begrüßte daher das Spezialabkommen zur Bekämpfung des Zigarettenschmuggels, das zwischen der Kommission zusammen mit Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal und Spanien sowie dem Tabakkonzern Philip Morris International (PMI) abgeschlossen wurde. Ihm sollen auch die anderen Mitgliedstaaten beitreten. Es wurde angeregt, dass die Kommission entsprechende Abkommen auch mit anderen Zigarettenherstellern anstrebe. Auch Europol sollte in Zukunft stärker in den Kampf gegen diese Form der international organisierten Kriminalität eingeschaltet werden.

Die größten Schäden in dem wegen der Agrarsubventionen sehr anfälligen Bereich der Landwirtschaft wurden mit Abstand aus Spanien gemeldet. Dahinter folgen Italien und Frankreich. Während im Landwirtschaftsbereich die Betrugszahlen mit der eingeleiteten Agrarreform deutlich zurückgingen, liegt der Schwerpunkt der Betrügereien jetzt bei den Strukturfondsmaßnahmen. Hier führt Griechenland die Statistik mit Betrügereien im Wert von knapp 164 Millionen Euro an, wobei 36 der 172 Fälle beim Kohäsionsfonds auftraten. Bei der Zahl der gemeldeten Fälle liegt Deutschland mit 766 einsam an der Spitze, jedoch ist der angerichtete Schaden mit 89 Millionen Euro nur halb so groß wie bei den Griechen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.