Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 28 - 29 / 11.07.2005
vom

Prüfungen führten zu vielen Verdachtsfällen

Sozialdumping durch Einsatz osteuropäischer Billigarbeiter
Wirtschaft und Arbeit. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung hat im April dieses Jahres bundesweit 445 Betriebe der fleischverarbeitenden Industrie geprüft. Bereits jetzt lägen in 186 Fällen Verdachtsmomente wegen unterschiedlicher Gesetzesverstöße vor, teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (15/5813) auf eine Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (15/5168) zum Sozialdumping durch den Einsatz osteuropäischer Billigarbeiter mit. Dabei gehe es um illegale Arbeitnehmerüberlassung, Scheinselbstständigkeit, Betrug, Lohnwucher, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Steuerhinterziehung, Leistungsmissbrauch und Verstöße gegen Arbeitsgenehmigungsvorschriften.

Nach Angaben der Bundesregierung sind 30 Strafverfahren gegen Arbeitnehmer und 14 gegen Arbeitgeber eingeleitet worden. Die Auswertung der Geschäftsunterlagen werde voraussichtlich mehrere Monate in Anspruch nehmen, so die Regierung. Nach bisherigen Erkenntnissen beschäftigen Werkvertrags-Subunternehmen häufig keine eigenen Mitarbeiter in den Staaten, aus denen nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer kommen (Entsendestaaten), heißt es in der Antwort. Sie führten dort auch keine Aufträge aus. Diese ausländischen Firmen stellten somit keine "entsendefähigen, operativ tätigen Unternehmen" dar. Die Firmensitze im osteuropäischen Ausland seien häufig lediglich Büros zur Rekrutierung von Personal.

Tatsächlich seien die ausländischen Arbeitnehmer häufig in den Betrieb der deutschen Auftraggeber-Unternehmen eingegliedert und würden damit in Deutschland sozialversicherungspflichtig. Da die Sozialversicherungsträger irrtümlich von einer sozialversicherungsfreien Entsendung ausgingen, würden ihnen auf diese Weise Beiträge vorenthalten. Diese Erkenntnisse haben sich nach Regierungsangaben auch bei einem Zugriff der Finanzkontrolle Schwarzarbeit in Deutschland, Ungarn und Österreich bestätigt.

Im Auftrag von neun Staatsanwaltschaften aus vier Bundesländern seien umfangreiche Ermittlungen im Zusammenhang mit Werkverträgen eingeleitet worden, die von ungarischen Firmen in Deutschland mit deutschen Unternehmen abgewickelt worden seien. Die Ergebnisse hätten nach erster Auswertung den dringenden Tatverdacht der illegalen Arbeitnehmerüberlassung, der Steuerhinterziehung und des Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen ergeben, berichtet die Regierung. Derzeit würden rund 90 Ermittlungsverfahren in der fleischverarbeitenden Industrie geführt. Wie es in der Antwort weiter heißt, hat die Fleischerei-Berufsgenossenschaft im vergangenen Jahr 5.227 Betriebe besichtigt. 386 Mal sei es zu Beanstandungen gekommen. In 65 Fällen seien schriftliche Anordnungen gegen die Unternehmen ergangen, wobei 61 die Arbeitssicherheit und vier den Gesundheitsschutz betroffen hätten.

Der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sind der Antwort zufolge auch Gewerbeanmeldungen osteuropäischer Personen aus verschiedenen Branchen bekannt, bei denen Zweifel an der tatsächlichen Selbstständigkeit bestünden. Genannt werden der Garten- und Landschaftsbau, das Hotel- und Gaststättengewerbe, der Bausektor, das Transportgewerbe, die Landwirtschaft, die Krankenpflege, die Gebäudereinigung, die Metallbranche und andere handwerkliche Berufe. Auffällig seien bei einigen Gewerbeanmeldungen identische Anschriften der Betriebe oder die Angabe des Betriebssitzes am Sitz des Auftraggebers.

Missbräuche der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit gebe es auch bei den Fliesenlegern und im handwerksähnlichen Gewerbe. Die Handwerkskammern seien gebeten worden zu prüfen, ob die Anforderungen an das Gewerbe erfüllt werden. Darüber hinaus ermittelten einige Behörden Indizien für die Scheinselbstständigkeit. Die Regierung nennt die Kontrollbehörden der Sozialversicherung, die Schwarzarbeitbekämpfungsbehörden der Länder und des Bundes und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.