Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 30 - 31 / 25.07.2005
Astrid Pawassar

Die Zukunft heißt Vorschule

Sachsen

Die schulpolitische Zukunft in Sachsen heißt Vorschule. Den PISA-Schock im Nacken haben alle politischen Kräfte im Freistaat sich die Ansicht zu eigen gemacht, dass Kinder schon das Lernen lernen sollten, bevor sie beginnen, die Schulbank zu drücken. Zur Zeit wird ein Bildungsplan für Kindergärten erprobt, mit dem Fünfjährigen der Übergang von der Spielphase in die Lernphase erleichtert werden soll. In den 90er-Jahren war Sachsen Vorreiter für eine Entwicklung, die immer mehr Bundesländer übernommen haben: das Abitur nach zwölf Schuljahren.

Mit dem zweigliedrigen Schulsystem ist die Hauptschule hier in die Mittelschule integriert. Frühzeitig hat man auch begonnen, das selbstständige Lernen der Kinder zu fördern. "Bedeutsam ist die Bereitschaft, sich selbst Ziele zu setzen und aktiv zu werden", heißt es im Leitbild des Kultusministeriums für die Schulentwicklung. Und das wird in Zukunft noch wichtiger, wenn gut 1.000 Lehrerstellen an Gymnasien und über 2.000 Lehrerstellen an Mittelschulen wegfallen.

Für die nächsten zehn Jahre wird ein Rückgang der Schülerzahlen um 24 Prozent erwartet. Die Hoffnung vieler Eltern, dass bei einer besseren Schüler-Lehrer-Relation mehr Zeit für die Stoffvermittlung bliebe und der Stundenausfall gedrosselt werden könne, zerstob angesichts der - wie überall - angespannten Haushaltslage. Auch die SPD, die mittlerweile in die Regierung eingebunden ist, sieht den Tatsachen ins Auge: Wo es zu wenig Schüler gibt, müssen gar Schulen geschlossen werden. Allein 150 Mittelschulen stehen auf der Streichliste.

Gleichwohl stellt das Kultusministerium hohe Ansprüche an die Qualität der schulischen Bildung. Qualitätsprüfungen sollen zur Regel werden, um internationalen Standards zu genügen und die Schüler zu den zentralen Abschlussprüfungen hinzuführen. Mit den neuen Lehrplänen, die in diesem Jahr erstmals umgesetzt werden, ist die Stofffülle zugunsten einer freieren Unterrichtsgestaltung durch die Lehrer und fächerübergreifenden Unterricht reduziert worden. Die Ganztagsschule ist den Christdemokraten aus alter DDR-Erfahrung heraus nicht geheuer. Vierzehn Jahre lang haben sie sich dagegen gewehrt, die Kinder über den größten Teil des Tages in staatliche Obhut zu geben. Jetzt hat die SPD in der Koalitionsvereinbarung durchgesetzt, die bislang nur zögerlich betriebenen Versuche mit Ganztagsangeboten zu erweitern.


Die Autorin ist freie Journalistin, Dresden.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.