Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 34 - 35 / 22.08.2005
Alexander Weinlein

Aufgekehrt...

Wenn das so weitergeht, dann wird die Union die anstehenden Bundestagswahlen nicht gewinnen können. Zu dieser unwiderlegbaren Analyse muss man zumindest dann kommen, wenn man der aktuellen Auswertung der Aktion "Wähle mit Kehle" am "Bundespressestrand" im Berliner Regierungsviertel folgt. Die Gäste der Freiluftbar können dort seit einigen Tagen ihrer politischen Präverenz dadurch Ausdruck verleihen, indem sie ihr Bier aus einem roten Schröder-Zapfhahn oder aus einem schwarzen Merkel-Zapfhahn ordern. Das politische Wettkampftrinken geht auf eine Schnapsidee der Zeitung "Financial Times Deutschland" zurück, die den jeweils aktuellen Pegelstand auch auf ihrer Homepage unter der Adresse "www.ftd.de/kehle" dokumentiert. Und im Augenblick (Stand: Freitag, 19. August, 11:00 Uhr) zeigen sich die Freunde der deutschen Sozialdemokratie als das deutlich trinkfreudigere Wahlvolk als die Konkurrenten der Union: Die SPD führt mit berauschenden 733,27 Litern vor den doch noch etwas nüchteren 666,78 Litern der CDU/CSU.

Ursachenforschung ist also angesagt: Liegt es nun daran, dass man sich einen Mann als Kanzler eher schöntrinken muss als eine Frau? Oder wird in der Hauptstadt - bekanntlich im Osten der Republik gelegen - etwa einem tendenziell linken Frustsaufen gefrönt?

Doch noch ist nicht alles verloren. Nach dem bislang eher trüben August könnte schönes Wetter und steigende Temperaturen noch einmal größere Touristenströme auch aus anderen Teilen Deutschlands an den Bundespressestrand spülen - aus dem Süden zum Beispiel. Die Bayern, bekannt für intelligentes Wählen, könnten beweisen, dass sie nicht nur etwas von Bier verstehen, sondern auch einen Vorsprung von rund 67 Litern mal kurzerhand wegschlucken können.

Völlig chancenlos dürften beim Polit-Trinken die Grünen sein. Denn wer für die Öko-Partei zu tief ins Glas schauen möchte, dem wird von Barchef André Belitz Caipirinha empfohlen. Nicht ganz fair, schließlich ist das hochprozentige Gesöff aus Brasilien doch um einiges teurer als deutscher Gerstensaft, zum anderen müsste man sich schon den Verstand wegsaufen, um auch nur über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. Na dann, Prost!


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.