Der größte Betreiber von Personal-Service-Agenturen musste Insolvenz beantragen
Personal-Service-Agentur (PSA). Wer denkt da schon an Arbeitslose, noch dazu an solche, die als schwer vermittelbar in den Karteien der Bundesagentur für Arbeit vermerkt sind? Wer denkt da schon an Leiharbeit von kurzer Dauer? Der Begriff klingt modern und optimistisch und macht Langzeitarbeitslose zu Kunden - eben dieser Leiharbeitsfirmen. Er ist einer von vielen, mit denen der Aufbruch am Arbeitsmarkt verkündet wurde: Ich-AG, Job-Center und die Umbenennung der Bundesanstalt in Bundesagentur für Arbeit (BA) sind seine Schlagwörter.
Mit dem Insolvenzantrag des größten PSA-Betreibers in der Bundesrepublik, der Maatwerk Gesellschaft für Arbeitsvermittlung mbH, am 16. Februar 2004, hat das Aufbruch-Image erhebliche Kratzer bekommen. Das Unternehmen hatte im Auftrag der BA bundesweit an 66 Standorten 201 von insgesamt 1.000 PSA betrieben. Nun verbindet sich mit den Begriff der Personal-Service-Agentur die plötzliche Arbeitslosigkeit von mehreren tausend Menschen: Neben den 9.500 PSA-Leiharbeitern sind auch ungefähr 600 Arbeitnehmer der Stammbelegschaft betroffen.
Die ersten Personal-Service-Agenturen wurden im April 2003 eingerichtet und sind ein Kernstück der Hartz-Gesetze. Die Agenturen verpflichten sich durch einen Vertrag mit dem Arbeitsamt, Arbeitslose mit "Vermittlungshemmnissen" einzustellen und als Leiharbeitnehmer in unterschiedlichen Firmen einzusetzen. Grundgedanke des Konzeptes ist es, den Menschen so eine Chance zum Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu bieten, ein Sprungbrett ins normale Berufsleben. Denn Ziel soll deren dauerhafte Anstellung in den jeweiligen Betrieben sein. Nach den ursprünglichen Plänen wollte die rot-grüne Regierung 500.000 Arbeitslose in die PSA schieben. 150.000 bis 250.000 von ihnen sollten durch den "Klebeeffekt" einen dauerhaften Job finden. Im Sommer vergangenen Jahres war dann nur noch von 50.000 Menschen die Rede, die bis Ende 2003 in die staatlichen Zeitarbeitsfirmen ausgegliedert werden sollten.
Anfangsschwierigkeiten - bis August 2003 waren lediglich 6.500 Menschen bei den PSA untergekommen, und nur 177 hatten neue, feste Arbeitsplätze gefunden - machten solche Kurskorrekturen nötig. Sie forderten allerdings auch die Kritiker heraus. So verlangte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) schon damals die "zügige Abschaffung" der PSA. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung, Reinhard Göhner, begründete dies mit Subventionsmissbrauch von einzelnen PSA-Betreibern, da diese die Arbeitslosen zu deutlich geringeren Preisen vermitteln, als dies Zeitarbeitsfirmen ohne Förderung können. Die PSA bekommen pro angestelltem Langzeitarbeitslosen eine monatliche "Fallpauschale", die maximal neun Monate gezahlt wird. Zusätzlich dazu werden die PSA für die Vermittlung ihrer Leiharbeitnehmer in feste Anstellungen mit einer Prämie belohnt, die umso höher ist, je schneller die Vermittlung erfolgt. In den Zeiten, in denen die Arbeitslosen nicht weiterverliehen werden können, haben die PSA die Pflicht, ihnen Qualifizierungskurse anzubieten.
Nach der Pleite von Maatwerk hat sich sowohl die grundlegende Kritik am Konzept der PSA verstärkt als auch die spezielle am Personaldienstleister Maatwerk. Nach Einschätzung des Bundesverbandes Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen (BZA) habe Maatwerk offenbar den Aufwand für die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen unterschätzt. Am Ende hätten die mit der BA ausgehandelten Preise nicht einmal die Kosten für die Betreuung der Betroffenen gedeckt, vermutete BZA-Vorstandsmitglied Ingrid Hofman. Zudem hätte der Dienstleister Agenturen in Regionen eröffnet, in denen er über keinen einzigen Firmenkontakt verfügte: "Und nur wenn ich solche Kontakte habe, kann ich sinnvoll Zeitarbeitnehmer vermitteln", sagte Hofman.
Die Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards, zu denen eben diese gute regionale Verankerung zählt, verlangte auch die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Thea Dückert. Dazu gehörten außerdem hohe Erfolgsquoten und nachweislich gute Erfahrungen in der Praxis, so die Politikerin weiter. Sie kritisierte, dass bisher bei den Ausschreibungen für die Agenturen jene Firma den Zuschlag bekommen habe, die ihre Leistungen besonders günstig angeboten hat. Vertreter von Union und FDP forderten nach Bekanntwerden der Insolvenz grundsätzliche Konsequenzen. Karl-Josef-Laumann, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Arbeit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sprach am 17. Februar von einem Scheitern des "Herzstückes" der Hartz-Reform "auf ganzer Linie". Der FDP-Arbeitsmarkt-Experte Dirk Niebel wies darauf hin, dass nur ein Bruchteil der erwarteten 50.000 Dauerarbeitsverhältnisse realisiert worden sei. Bislang existieren bei den PSA insgesamt 44.000 Stellen, von denen nur 32.000 besetzt sind. Lediglich 6.375 Arbeitslose konnte in eine feste Beschäftigung vermittelt werden.
Die SPD teilte diesen pessimistischen Ton nicht. Ihr Arbeitsmarkt-Experte Klaus Brandner sprach zwar von einem "Rückschlag", der jedoch "kein Beinbruch" sei und das Konzept der PSA nicht grundsätzlich in Frage stelle. Ähnlich reagierte auch die Bundesagentur für Arbeit: "Die wirtschaftlichen Probleme der Maatwerk GmbH bedeuten nicht das Ende des Instruments PSA. Man kann von Maatwerk nicht auf andere Betreiber schließen", kommentierte Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der BA die aktuelle Entwicklung. Andere PSA würden durchaus erfolgreich am Markt bestehen, so Alt weiter. Ein neues Vergabeverfahren sei nicht nötig, stellte auch BA-Chef Frank-Jürgen Weise fest, räumte aber zugleich ein, dass die Insolvenz die BA in ihren Vermittlungsbemühungen zurückwerfe. Man versuche nun, schnellstmöglich Verträge mit anderen Personaldienstleistern abzuschließen, erklärte Weise. Er gehe davon aus, dass 60 Prozent der Maatwerk-Leiharbeiter schnell von anderen PSA übernommen werden. Konkreter wurde das Prinzip Hoffnung zwar nicht, aber offenbar regiert es weiter.