Streit um den Bundeshaushalt 2005 hält an
Von vorweihnachtlicher Besinnlichkeit war in der Sitzung der Länderkammer am 17. Dezember lange nichts zu spüren. Im verbalen Schlagabtausch um den Bundeshaushalt 2005 sprach Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) von "unseriösen Zahlen" und "fortgesetztem Verfassungsbruch". Der parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium Karl Diller (SPD) verteidigte die Vorlage hingegen als "zukunftssicher" sowie "alternativlos" und warf den Ländern vor, keine akzeptablen Gegenvorschläge vorgelegt zu haben.
Der Bundeshaushaltsplan 2005 sieht Einnahmen und Ausgaben in Höhe von jeweils 254,3 Milliarden Euro vor. Die geplanten Investitionsausgaben betragen 22,7 Milliarden Euro, die Nettokreditaufnahme liegt mit 22 Milliarden Euro geringfügig darunter. Geplant sind insbesondere erhebliche Privatisierungseinnahmen in Höhe von 16,7 Milliarden Euro. Im Bundeshaushalt 2005 ist die letzte Stufe der Steuerreform mit einem Entlastungsvolumen von etwa. 6,5 Milliarden Euro vorgesehen. Der künftige Eingangssteuersatz soll 15 Prozent, der Spitzensteuersatz 42 Prozent betragen.
Mit nachhaltiger Politik, so Christian Wulff, habe der Bundeshaushalt 2005 nichts zu tun. Die Schulden würden weiter deutlich erhöht. Dies hätte zur Folge, dass Deutschland zum dritten Mal hintereinander das Maastrichter Defizitkriterium nicht erfüllen werde. Auf der Einnahmeseite plane der Bundesfinanzminister zusätzlich zur Nettokreditaufnahme von 22 Milliarden Euro Einnahmen aus Privatisierungserlösen in Höhe von fast 17 Milliarden Euro ein. Die Einstellung von Einmaleinnahmen zum Haushaltsausgleich verbessere jedoch nicht die Haushaltsstruktur und wirke daher nicht nachhaltig. Sie erwecke lediglich, wie auch vom Bundesrechnungshof kritisch festgestellt, den Anschein einer Konsolidierung. Man müsse, so Wulff weiter, keine hellseherischen Fähigkeiten besitzen, um zu erkennen: Auch 2005 werde die Bundesregierung das angekündigte Defizit von 2,9 Prozent nicht einhalten können und damit wiederholt gegen den Maastrichtvertrag verstoßen. Dabei hätten CDU und CSU während der Haushaltsberatungen Sparvorschläge im Volumen von immerhin 8 Milliarden Euro gemacht. Dies zeige: Sparen ist möglich - reiche allein jedoch nicht aus. "Wir brauchen Wachstum, Wachstum und noch mal Wachstum!" sagte der niedersächsische Ministerpräsident. Nur mit deutlichem Wachstum ließen sich die Probleme der Arbeitslosigkeit lösen und letztlich auch der Bestand der Sozialversicherungssysteme sichern. Dazu seien neben der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes auch strukturelle Veränderungen in vielen anderen Bereichen unerlässlich, so Wulff, der dabei unter anderem auf die Reform der sozialen Sicherungssysteme, die Beibehaltung des dreigliedrigen Schulsystems, die Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes und den Bürokratieabbau abzielte. Das Steuer müsse endlich herumgerissen werden, wenn Deutschland eine Zukunft haben wolle - einige Bundesländer zeigten, wie dies möglich sei.
Der Haushalt 2005 setze wichtige wirtschaftspolitische Akzente, sagte Staatsekretär Karl Diller. Neben der Umsetzung der letzten Stufe der Steuerreform werde auch zum wiederholten Male das Kindergeld erhöht. Trotz dieser Mehrausgaben habe man seit 1998 auf der Ausgabenseite 25 Milliarden Euro eingespart - der Konsolidierungskurs sei also zu erkennen. Der vorliegende Haushaltsentwurf verbessere die Qualität der Ausgaben. So habe man den Etat des Bildungsministeriums von 7,2 auf 10 Milliarden angehoben. Weiterhin fließe viel Geld in die Berufsausbildung von Jugendlichen. "Der Haushalt ist verfassungsgemäß und stabilitätsgerecht", sagte Diller. Der Länderkammer warf er vor, von der Bundesregierung vorgelegte Einsparvorschläge in Höhe von 17 Milliarden Euro blockiert zu haben. Allein die Abschaffung der Eigenheimzulage brächte 1,7 Milliarden jährlich, die man hätte in Bildung, Forschung und Kinderbetreuung investieren können. Die von Ministerpräsident Wulff angesprochenen Streichanträge im Haushalt seien hingegen nicht akzeptabel. Wer die Senkung der Steinkohlezulage von 1,6 Milliarden Euro auf Null fordere, spreche sich damit für einen klaren Rechtsbruch aus. Ebenso nicht hinnehmbar sei die Forderung nach Kürzung der Arbeitslosenhilfe oder der Zuschüsse für die Bundesanstalt für Arbeit. Dann, so Diller, sei Arbeitsmarktförderung nicht mehr möglich. In ihrer Gesamtheit seien die Vorschläge der Opposition "unseriös" und stellten einen Vertragsbruch dar. "Was Sie vorschlagen ist Zockerei", warf er der Union vor.
Harmonischer ging es hingegen beim Thema Dosenpfand zu. Schon Mitte Oktober hatte ein Kompromissvorschlag der bayerischen Landesregierung eine Mehrheit in der Länderkammer gefunden. Mit der nun aufgrund von Bedenken des Europäischen Gerichtshofes und der Europäischen Kommission eingefügten zwölfmonatigen Übergangsfrist der vollständigen Umsetzung des Einheitspfandes gehen sowohl Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) als auch der bayerische Staatsminister Erwin Huber (CSU) von einer Anerkennung durch die EU aus. Zukünftig soll grundsätzlich auf alle Einweggetränkeverpackungen ein Pfand erhoben werden. Die Pfandhöhe soll einheitlich für alle Verpackungen 25 Cent betragen. Die Pfandpflicht wird begrenzt auf die Massengetränke Bier, Mineralwasser und Erfrischungsgetränke mit und ohne Kohlensäure.
Da Verpackungen laut dem Entwurf bei jedem Getränkehändler abgegeben werden können, bedeutet dies auch mittelfristig das Ende der "Insellösungen". Nutznießer der vereinfachten Pfandregelung sei vor allem der Verbraucher, betonte denn auch Staatsminister Huber. Auch Umweltminister Trittin forderte dazu auf, nun einen Schlussstrich zu ziehen. Der Kompromiss sei vernünftig und bringe auch endlich Investitionssicherheit für den Einzelhandel und die Hersteller von Rücknahmeautomaten.