Debatte im Ausschuss
Verbraucherschutz. "Wir wollen helfen, Probleme bei der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen von Saisonarbeitskräften aus osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten für das Jahr 2004 zu klären", sagte ein Regierungsvertreter am 20. April im Verbraucherschutzausschuss. Dabei könne die Bundesregierung allerdings nicht Adressat von Forderungen sein. Es gehe lediglich darum, betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben Hilfe zu leisten. Er deutete an, dass die bis zum EU-Beitritt osteuropäischer Staaten am 1. Mai 2004 gültigen Regelungen für Saisonarbeitnehmer möglicherweise auf das gesamte Jahr 2004 ausgedehnt werden.
Zweifel hegte er, ob dies auch für 2005 gelten könne, da bereits Saisonarbeiter mit Vordrucken zum Abführen von Lohnnebenkosten etwa zum Spargelstechen hierzulande erschienen seien. Seit dem Beitritt von Ländern wie Polen, Tschechien oder der Slowakei gelte für Saisonarbeitskräfte die Sozialversicherungspflicht nach den Regelungen ihres Heimatlandes und nicht des Landes, in dem sie eingesetzt würden. Im Herbst vergangenen Jahres sei die Brisanz des Themas öffentlich geworden: Für polnische Hilfsarbeitskräfte, die bei der Ernte auf hiesigen Feldern eingesetzt wurden, hätte ein Anteil von 28 Prozent an Lohnnebenkosten entrichtet werden müssen, wenn diese auch in ihrem Heimatland als sozialversicherungspflichtig galten. Das Bundesgesundheitsministerium verhandle nun über die rückwirkende Zahlungsverpflichtung mit seinem polnischen Gegenüber, weil diese Beträge offensichtlich nicht entrichtet worden sind.
Für eine "kurzfristige Lösung" trat die Vorsitzende des Verbraucherschutzausschusses, Herta Däubler-Gmelin (SPD), ein. Wie die Union hielt sie es für notwendig, "Spitzen" in der Landwirtschaft mit Saisonregelungen abzufangen, rief aber dazu auf, die reguläre Arbeit mit deutschen Arbeitnehmern zu bewältigen. Dabei dürfe die strukturelle Arbeitslosigkeit nicht aus dem Blick geraten. In diesem Zusammenhang seien die Landwirte gehalten, auch über flexiblere Arbeitszeitmodelle, etwa über Jahresarbeitszeitkonten, nachzudenken.
Union und FDP hatten für 2004 und 2005 einen "Vertrauensschutz" für die betroffenen Landwirte gefordert und für eine Einigung mit Polen plädiert, in diesem Zeitraum auf Beitragszahlungen zu verzichten. Selbst Vertreter der Bundesagentur für Arbeit und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hätten sich überzeugt gezeigt, dass für polnische Hilfsarbeitskräfte aufgrund einer Übergangsregelung bis 2011 das deutsche Recht gelte. Demzufolge hätten Landwirte "vollkommen legitim" von der geringfügigen Beschäftigung Gebrauch gemacht und für eine zweimonatige Hilfstätigkeit polnische Saisonarbeiter sozialversicherungsfrei eingestellt. Bei vom Arbeitsamt zugewiesenen deutschen Arbeitskräften hätten Landwirte eine mangelnde Motivation und geringe Ausdauer festgestellt.
Weiter äußerte die Union die Befürchtung, dass Arbeitsplätze verloren gingen, wenn man im Sonderkulturanbau (Wein oder Spargel) nicht auf Saisonarbeiter zurückgreifen könne.
Bündnis 90/Die Grünen äußerten ihr Unverständnis über Bemerkungen des Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, deutsche Arbeitslose seien den Bauern auf den Feldern nicht zuzumuten. Man habe sich in der Landwirtschaft seit Jahrzehnten keinen Gefallen getan, hier nur auf Billigarbeitskräfte zu setzen. Es müsse darum gehen, mehr qualifizierte Menschen zu finden.