Anhörung zum Anti-Spam-Gesetz
Wirtschaft und Arbeit. Das Vorhaben von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die Versender so genannter Spam-Mails durch Bußgeldandrohungen abzuschrecken, ist am 18. April im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit auf unterschiedliches Echo gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung sprach sich der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) gegen Bußgeld- und Straftatbestände aus. Diejenigen, die man erreichen wolle, werde man ohne Identifikationsmöglichkeiten nicht erreichen. Dagegen sprach sich der Verbraucherzentrale Bundesverband für einen Straftatbestand aus, der auch verfolgt werden müsse. Jegliche Form unverlangter Kommunikation in kommerzieller Absicht sollte mit einem Bußgeld abgestraft werden können.
Grundlage für die Anhörung waren der Entwurf der Koalitionsfraktionen zur Änderung des Teledienstegesetzes ( 15/4835) und ein Antrag der CDU/CSU, Spam effektiv zu bekämpfen ( 15/2655). Zu Marketingzwecken werden immer größere Mengen an elektronischer Post ("Spam") ohne Zustimmung des Empfängers, unter Verschleierung des Absenders und des gewerblichen Hintergrunds versendet. Künftig soll es daher verboten sein, in der Kopfzeile einer kommerziellen E-Mail die wahre Identität des Absenders zu verschleiern oder zu verheimlichen. Der kommerzielle Charakter einer Nachricht soll sich schon in der Betreffzeile offenbaren. Bei einem Verstoß soll eine Geldbuße bis zu 50.000 Euro drohen. Die Union spricht sich in ihrem Antrag für eine zentrale Melde- und Beschwerdestelle ein, damit gegen Spam-Atta-cken gebündelt vorgegangen werden kann. Auch sollte die Bußgeldpflicht auf die Mailempfänger ausgedehnt werden, was allerdings selbst die Verbraucherzentrale ablehnte.
Wie der DIHK, so vertrat auch der Verband Eco (Electronic Commerce Forum - Verband der deutschen Internetwirtschaft) die Auffassung, dass mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht das Problem nicht in den Griff zu bekommen sei. Nur 1,5 bis 2,5 Prozent der weltweit versendeten Spams kämen aus Deutschland. Ein nationales Bündnis der Wirtschaft und der Verbände wäre hier effektiver als eine Behörde. Die Ordnungsbehörden wären in den meisten Fällen nicht in der Lage, den Versender zu ermitteln oder ein verhängtes Bußgeld zu vollstrecken.
Dagegen sprach sich der Internetprovider T-Online für das Ordnungswidrigkeitenrecht aus. Das Verbot müsse jedoch auf jene Fälle begrenzt werden, bei denen eine eindeutige Absicht zur Verheimlichung oder Verschleierung vorliegt, weil sonst auch solche Versender kriminalisiert werden könnten, die aus reiner Unkenntnis die Kopf- und Betreffzeile ihrer E-Mails nicht aussagekräftig genug formulieren.
Auch der Vertreter von AOL Deutschland nannte die Identitätsverschleierung eine Straftat, die geahndet werden sollte. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (Bitkom) empfahl, kriminelle Formen wie das so genannte Phishing ("Password Fishing") unter Strafe zu stellen. Dadurch werde versucht, die Empfänger dazu zu verleiten, ihre Zugangsdaten (Kontonummer, Passwort) für sicherheitsrelevante Anwendungen wie Online-Banking oder Online-Shops preiszugeben. Hier sei die Einführung einer nationalen Strafvorschrift sinnvoll.
Dagegen wandte sich Bitkom gegen ein "isoliertes Abstellen auf die Betreffzeile", weil etwa der Satz "Der Frühling ist da!" in der Betreffzeile eines Modeversandhauses, das seine Frühjahrsangebote vorstellen will, die kommerziellen Absichten nicht ohne Weiteres kundtut. Es könne nicht Sinn einer Anti-Spam-Gesetzgebung sein, einen völlig gebräuchlichen Slogan zu verbieten. Rechtsanwalt Niko Härting behauptete, mit dem Gesetzentwurf würden allen Werbetreibenden identische Pflichten zur Kennzeichnung ihrer Werbung auferlegt. Dabei werde nicht zwischen zulässiger und unzulässiger Werbung unterschieden. Da es um den Schutz der Telekommunikationsinfrastruktur gehe, die durch Spams missbraucht werde, sei es naheliegend, die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post damit zu betrauen. Im Übrigen riet Härting dazu, an bestehende Regelungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb anzuknüpfen und nicht im Strafrecht eine weitere Regelung zu schaffen, die dazu keinen Bezug hat.