Bundesrat diskutiert über Feinstaubproblematik
Der Bundesrat will der Feinstaubproblematik stärker zu Leibe rücken. In der Sitzung am 27. Mai einigte sich die Länderkammer, die Bundesregierung aufzufordern, steuerliche und wirtschaftliche Anreize für die Nutzung besonders emissionsarmer Fahrzeuge zu schaffen. Außerdem sollten schnellstmöglich die rechtlichen Voraussetzungen für die amtliche Kennzeichnung von Fahrzeugen mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung geschaffen werden.
Die Luftqualität, so die baden württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) habe sich in Deutschland deutlich verbessert. Dennoch schlage die Diskussion wegen der Überschreitung der drastisch verschärften Grenzwerte für Feinstaub hohe Wellen. Um diese Überschreitungen, die in der Regel nur kleinräumig und straßennah auftreten würden abzubauen, bedürfe es eines ganzen Bündels angemessener Maßnahmen. So benötige man eine aufkommensneutrale Förderung der Nachrüstung von Altfahrzeugen mit Partikelfiltern. Der von der Bundesregierung dazu vorgelegter Gesetzentwurf setze falsche Akzente. Die Priorität müsse bei der Nachrüstung von Altfahrzeugen liegen wogegen Neufahrzeuge keine Förderung benötigten. Wer angesichts der Feinstaubdiskussion heute noch einen Neuwagen ohne Filter kaufe, müsse die Konsequenzen tragen. Des Weiteren fordere man eine Vorschlag für eine stärkere Mautspreizung zugunsten abgasarmer Diesel-LKW. Damit gebe es einen Anreiz zur Anschaffung von Fahrzeugen neuester Technik und behandle in- und ausländische Lastkraftwagen gleich. Um der Verlagerung des mautpflichtigen Verkehrs in Ortschaften und auf Landstraßen entgegenzuwirken, benötige man eine Mautpflicht auf Ausweichrouten, so Umweltministerin Gönner. Auch ein Fahrverbot sei in manchen Fällen wohl nicht zu umgehen. Für alte, abgasintensive Fahrzeuge müsse es in Zukunft in Gebieten mit hoher Feinstaubbelastung "Stop" heißen. Dabei sei klar: Eingriffe in den Verkehr müssten ökologisch gerechtfertigt, sozial ausgewogen und für die Wirtschaft verkraftbar sein.
Staatsministerin Margit Conrad aus Rheinland Pfalz stellte ebenfalls einen Gesetzentwurf zur Förderung partikelarmer PKW vor, der jedoch keine Mehrheit fand. Ihrer Ansicht nach dürfe sich die Feinstaubdiskussion nicht auf einen Verursacher oder ein "Allheilmittel" verengen. Die Fragwürdigkeit von Fahrverboten habe sich zuletzt gezeigt, als trotz beträchtlicher Verkehrsbeschränkungen anlässlich des Besuches von US-Präsident George Bush in Mainz keine nennenswerten Rückgänge der Feinstaubbelastungen im Innenstadtbereich zu erkennen waren. Dennoch sei es keine Frage, dass der Verkehr insgesamt einen erheblichen Anteil an den örtlichen Grenzwertüberschreitungen habe. Conrad begrüßte in diesem Zusammenhang die schnelle Reaktion der deutschen Automobilhersteller, die nun ihre Diesel-Fahrzeugflotte mit Rußfiltern ausstatten würden. Das Problem der Altfahrzeuge bliebe allerdings dennoch bestehen und nur durch eine steuerliche Förderung der Nachrüstung zu bekämpfen. Im Gegensatz zum Vorschlag der Bundesregierung, der Steuerausfälle in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro für die Länder zur Folge hätte, sei der rheinland-pfälzische Entwurf sozialverträglich und finanzierbar, warb die Ministerin - lentztendlich allerdings erfolglos.
Die Möglichkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung für nach Jugendstrafrecht verurteilte Gewalttäter sieht ein Gesetzentwurf der Länder Bayern und Thüringen vor. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sieht die Brisanz der Probleme und die Aktualität ihrere Vorschläge durch den Mord an einem kleinen Mädchen in Sachsen vor wenigen Tagen bestätigt. Dort habe ein Täter zugeschlagen, der schon als junger Mensch durch ein Kapitalverbrechen aufgefallen war. Dies zeige, dass es im materiellen Strafrecht und im Jugendstrafrecht Defizite gebe, die beseitigt werden müssten.
Bundesjustizministerin Zypries sehe dies bedauerlicherweise offensichtlich anders. Sie erkenne keinen Handlungsbedarf und habe die bayerischen Vorschläge mit nicht akzeptablen Argumenten "vom Tisch gewischt". So kritisierte die Bundesministerin, dass man nicht den Eindruck erwecken dürfe, mit einfachen Lösungen hundertprozentige Sicherheit erreichen zu können. Des Weiteren habe die "vereinte Fachwelt" einen Teil der Vorschläge schon immer abgelehnt. Diese Herangehensweise sei unverantwortlich, so Merk. Keineswegs habe sie den Eindruck erwecken wollen, eine hundertprozentige Sicherheit schaffen zu können. Dennoch gelte es, alle Anstrengungen zum größtmöglichen Schutz der Bevölkerung vor schwereren Straftaten zu unternehmen. Der vorliegende Gesetzentwurf habe dies zum Ziel.
Als "unangemessen" wies der Staatsekretär im Justizministerium, Alfred Hartenbach (SPD) die Kritik an Brigitte Zyprieß zurück. Die Bundesregierung beschäftige sich sehr wohl mit dem Problem der jugendlichen Straftäter. Er habe persönlich lange in diesem Bereich gearbeitet und die Erfahrungen zeigten: Junge Menschen müsse man anders behandeln, als besserungsunwillige Erwachsene. Der Gedanke der Erziehung sei wichtiger als eine "Knüppel aus dem Sack"-Strategie, wie von Ministerin Merk gefordert. Auf Fachebene habe man diese Fragen diskutiert und sich dabei gegen eine derartige Herangehensweise entschieden. Die von Merk aufgezählten Einzelfälle rechtfertigten im Übrigen derartig weitgehende, für junge Menschen möglicherweise zukunftzerstörende Maßnahmen nicht. Wenn es notwendig sei, könne man auch mit der Bundesregierung über Strafverschärfung reden - keinesfalls sollte man aber den von Bayern und Thüringen vorgeschlagenen Weg gehen.
Ministerin Merk ergriff abschließend noch einmal das Wort. Sie wolle keineswegs jeden jugendlichen Straftäter in Generalverdacht nehmen. Es sei jedoch gut, Instrumentarien für schwere Fälle bei der Hand zu haben, sagte sie und erhielt die Zustimmung der Länderkammer.