Gesundheitsvorsorge
Das Gesetz zur Stärkung der allgemeinen Gesundheitsvorsorge liegt vorerst auf Eis. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es einem vorgezogenen Wahltermin im September zum Opfer fällt. Der Bundesrat stoppte am 27. Mai den rot-grünen Gesetzentwurf und rief mit seiner Unions-Mehrheit den Vermittlungsausschuss an. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) warf der Union eine "Blockadepolitik" auf Druck von CDU-Chefin Angela Merkel vor.
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, sozial schwächere Menschen besser vor Krankheiten zu schützen. Nach Ansicht von Union und FDP führt die Regelung zu mehr Bürokratie und ist wegen der ausschließlichen Belastung der Sozialkassen unsolidarisch finanziert. Geplant sind Kurse für Bewegung, gesunde Ernährung, Stressbewältigung, Rückentraining, aber auch Programme gegen Nikotin- und Alkoholsucht. Mit verbesserten Angeboten in Kindergärten, Schulen, Betrieben und Stadtvierteln sollen vor allem auch benachteiligte Menschen erreicht werden. An ihnen gehen derzeitige Vorsorge-Angebot weitgehend vorbei.
Durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses habe die Union ihre "Unzuverlässigkeit" gezeigt, sagte die Ministerin in einer ersten Reaktion. "Das ist bis ins Letzte abgesprochen gewesen." 14 von 16 Gesundheitsminister der Länder hätten dem Projekt nach jahrelanger Verhandlung zugestimmt - nun setzten CDU und CSU auf Blockade. Dabei hätten sich Sportvereine, Initiativen und Selbsthilfeorganisationen darauf verlassen, "dass das Gesetz kommt und dass es nach vorne geht". Die unionsregierten Bundesländer teilen zwar grundsätzlich das Ziel des Gesetzes. Sie bemängeln aber, dass die für die Prävention geplanten Mittel von maximal 250 Millionen Euro ausschließlich von den Sozialversicherungen und damit von den Beitragszahlern zu tragen sind. Schmidt erinnerte daran, dass auch die Finanzierung von den Gesundheitsministern der Länder mit beschlossen worden sei. Der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer zeigte sich überzeugt, dass das in seinen Augen notwendige Präventionsgesetz auch unter einer unionsgeführten Bundesregierung kommt.
Die Regierung erhofft sich von wirksamerer Gesundheitsvorsorge Kosteneinsparungen für die Krankenkassen von etwa sechs Milliarden Euro. Mit dem Gesetz soll die Gesundheitsvorsorge zur eigenständigen Säule neben Akutbehandlung, Rehabilitation und Pflege ausgebaut werden. Die Betriebskrankenkassen kündigten an, sie wollten ihre Vorsorgeprojekte "fortführen und ausbauen". Man wolle sich dabei nicht von einem neuen Gesetz abhängig machen.