Kommission will Zahlungsverkehr vereinfachen
Wenn die Leute nur national bezahlen können, dann neigen sie eben auch dazu, national einzukaufen", glaubt EU-Binnenmarkt-Kommissar Charlie McCreevy. "Den Unternehmen gehen dadurch Chancen in anderen Mitgliedstaaten verloren." Nationalen Erbhöfen in allen Bereichen des Binnenmarktes hat er den Kampf angesagt. Deshalb hat die Kommission dem EU-Parlament und dem Ministerrat vergangene Woche einen Rechtsrahmen für den europaweiten Zahlungsverkehr vorgeschlagen. Danach müssen die Kreditinstitute bis 2010 bestimmte Zahlungsinstrumente wie Überweisungen oder Lastschriften nicht nur für die zwölf Euroländer, sondern europaweit zur Verfügung stellen.
Schon bald nach der Einführung des Euro-Bargeldes hatte man in Brüssel erkannt, dass die neue Währung nur dann ein Erfolg sein würde, wenn die Verbraucher auf ihre Euro-Guthaben überall in der Währungszone zugreifen könnten. Die Kommission hat deswegen zunächst dafür gesorgt, dass Überweisungen innerhalb der Eurozone nicht teurer sein dürfen als innerhalb der Mitgliedsstaaten. Aber das soll erst der Anfang sein. Bis 2010 soll der gesamte bargeldlose Zahlungsverkehr auch außerhalb der Eurozone nach europäischen Standards abgewickelt werden, egal ob es sich um Überweisungen, Lastschriften oder die Verwendung von Geld- und Kreditkarten handelt.
Viele Mitglieder der Kommission setzten bisher darauf, dass die Banken dafür selber sorgen würden. Schließlich organisiert die Kreditwirtschaft den Zahlungsverkehr innerhalb der Mitgliedsstaaten weitgehend allein. Allerdings sind diese Zahlungsverkehrssysteme untereinander nicht kompatibel. Die Banken haben inzwischen eingesehen, dass sie ohne Vorgaben aus Brüssel nicht auskommen. Sie haben einen Ausschuss gebildet, um die Auflagen zu erfüllen, die im Europäischen Zahlungsraum auf sie zukommen. Noch in diesem Jahr wollen sie sich auf die technischen Standards verständigen, die für eine reibungslose elektronische Abwicklung des Zahlungsverkehrs in der gesamten EU notwendig sind.
Er hätte lieber auf neue Vorschriften verzichtet, sagt Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy. "Aber die Vorteile für jeden einzelnen und die gesamte europäische Wirtschaft sind gigantisch. Unsere Schätzungen zeigen, dass mit einem Binnenmarkt für den Zahlungsverkehr jedes Jahr zwischen 50 und 100 Milliarden Euro eingespart werden können." Der neue Gesetzentwurf schreibt auch Mindeststandards für den Verbraucherschutz vor. So müssen überwiesene Beträge dem Empfänger am Folgetag der Überweisung gutgeschrieben werden (im Bankenjargon: "D plus eins"). Für verlorene Kredit- oder EC-Karten soll die Haftung der Karteninhaber auf 150 Euro beschränkt werden.
Der Europaabgeordnete Alexander Radwan (CSU) hält das für überzogen. Wer seine Bank fahrlässig im Unklaren darüber lasse, dass ihm seine EC- oder seine Kreditkarte gestohlen wurde, solle für den entstandenen Schaden voll haften.
Bevor Rat und Parlament die Richtlinie verabschieden, werden die Lobbyisten der Banken nichts unversucht lassen, um, wie es der Verband der deutschen Privatbanken (BDB) formuliert, die Vorschriften der EU "auf die Bereiche zu beschränken, in denen tatsächlich ein Regelungsbedarf besteht". Übertriebene Haftungsregelungen und Informationspflichten hält der BDB für kontraproduktiv. Zahlungen an einem Tag abzuwickeln, sei zwar technisch möglich, sagen die Banken, aber "mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden".