Koalition erwägt fünfjährige Wahlperiode / Opposition will mehr Direktdemokratie
Die Große Koalition erwägt eine Verlängerung der Wahlperiode von vier auf fünf Jahre. Nach Angaben von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer vereinbarten die Fraktionsspitzen von SPD und CDU/CSU, die Parlamentarischen Geschäftsführer mit der Prüfung der Frage zu beauftragen. "Dafür gibt es nicht wenig Sympathie in den Fraktionen", erklärte Ramsauer am 1. Dezember in Berlin. Angesichts der Anlaufzeit einer Legislaturperiode und der Wahlkampfzeit am Ende, blieben bei einer vierjährigen Wahlperiode "netto" nur zweieinhalb Jahre Arbeitszeit für Parlament und Regierung.
Auch von Seiten der drei Oppositionsfraktionen wurde prinzipielle Zustimmung zu einer Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre signalisiert - allerdings unter bestimmten Bedingungen. "Wenn der Bürger damit weniger Möglichkeiten der Mitgestaltung durch Wahlen hat, dann müssen die plebiszitären Elemente verstärkt werden", forderte Jörg van Essen, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, in der "Leipziger Volkszeitung" vom 2. Dezember. Zugleich sprach sich der Liberale dafür aus, Wahltermine im Bund und in den Ländern so zu bündeln, "dass nur noch ein-, allenfalls zweimal pro Jahr Wahlen stattfinden, um der Gefahr eines Dauer-Wahlkampfes zu entgehen".
Auch die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, forderte die Verankerung von direktdemokratischen Elementen in der Verfassung, nur dann sei eine Verlängerung der Legislaturperiode denkbar: "Unter dem Strich darf für die Bürgerinnen und Bürger nicht weniger Demokratie herauskommen."
In diesem Sinn äußerte sich auch der Erste Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck. Er forderte CDU/CSU und SPD zudem auf, eine Entscheidung nur in Zusammenarbeit mit der Opposition herbeizuführen: "Die Spielregeln der parlamentarischen Demokratie sollte man nur im breiten Konsens ändern." Sollte die Große Koalition "ihre verfassungsändernde Mehrheit ohne Rücksicht auf die Opposition" nutzen, dann drohe "das demokratische Miteinander Schaden zu nehmen".
CDU/CSU und SPD verfügen mit 448 Mandaten über die benötigte Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag, um die in Artikel 39 festgelegte Dauer der Legislaturperiode von vier Jahren zu verändern. Im Bundesrat - alle Grundgesetzänderungen müssen auch in der Länderkammer mit Zweidrittel-Mehrheit verabschiedet werden - könnte die Große Koalition dies jedoch nur zusammen mit der FDP erreichen.
Bereits 1998 hatte es einen entprechenden Vorstoß vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck gegegeben. Damals fand sich jedoch keine Mehrheit im Bundestag.
Zu einer verlängerten Legislaturperiode könnte es regulär frühestens 2009 mit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag kommen, da Änderungen am Wahlrecht prinzipiell erst mit Beginn einer neuen Legislaturperiode in Kraft treten können.
Nur noch in drei der 16 Bundesländer - in Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern - gilt die vierjährige Legislaturperiode. In allen anderen Ländern werden die Wähler alle fünf Jahre zu den Urnen gerufen. Nordrhein-Westfalen hatte ab 1970 die fünfjährige Legislaturperiode. In den 90er-Jahren änderte eine Reihe von Bundesländern ebenfalls ihre Wahlrecht in diesem Sinne: Rheinland-Pfalz 1991, Baden-Württemberg 1996, Bayern und Niedersachsen 1998 und Berlin 1999. Hessen entschied sich im September 2002 in einem Volksentscheid für die fünfjährige Legislatur. Auch in Sachsen-Anhalt wird gemäß einer Entscheidung des Landesparlamentes vom 13. August im März nächsten Jahren der Landtag erstmals auf fünf Jahre gewählt.
Auf fünf Jahre wird auch das Europäische Parlament gewählt. In den EU-Staaten Frankreich, Großbritannien und Italien gilt ebenfalls eine fünfjährige Legislaturperiode.