Die Namen der CDU-Politiker Laurenz Meyer und Hermann-Josef Arentz, vom RWE-Konzern üppig bezahlt, fallen an diesem Abend nicht. Auch von VW gesponserte SPD-Abgeordnete werden nicht genannt. Doch die Affären um Geldüberweisungen an Mandatsträger, die keine Arbeitsleistung als Begründung für diese Zusatzentlohnung vorweisen können, liegen bei der Debatte der Deutschen Vereinigung für Parlamentsfragen über den "gläsernen Abgeordneten" am Donnerstagabend in der Luft.
Dort ging es handfest um die Frage, wieviel ein Abgeordneter nebenher bei wem verdienen und wer was davon wissen darf. Das Aufeinandertreffen von Wilhelm Schmidt, Peter Ramsauer und Jörg van Essen, der Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-, Unions- und FDP-Fraktion, lässt angesichts der divergierenden Positionen jedenfalls ein Fazit zu: Welche Regelung künftig im Bundestag gelten wird, steht in den Sternen. Mehr Transparenz für die Bürger versus Grundrechte der Volksvertreter: Der Teufel steckt im Detail.
Professor Heinrich Oberreuter, der Direktor der Akademie für politische Bildung Tutzing, rief in Erinnerung, dass das Bundesverfassungsgericht bereits wesentliche Richtlinien für parlamentarische Mandate formuliert habe. Karlsruhe gehe nämlich grundsätzlich von der Vereinbarkeit von Abgeordnetendasein und Beruf aus: Dies fördere aus Sicht des Passauer Professors die Verankerung von Politikern in der "Lebenswirklichkeit". Allerdings seien zusätzliche Bezüge ohne Gegenleistung nicht erlaubt. Das sei "leider hie und da in Vergessenheit geraten".
Auch der Staatsrechtler Martin Morlok lehnte ein Verbot von Nebentätigkeiten für Abgeordnete ab. Es sei verfassungsrechtlich bedenklich, denn Grundrechte stünden nicht nur den Bürgern, sondern auch den Parlamentariern zu. Zudem sei Interessenvertretung, so der Düsseldorfer Professor, ein Wesenselement der Politik. Morlok plädierte jedoch für die weitreichende Veröffentlichung von Nebeneinkünften.
Wilhelm Schmidt verwies darauf, dass SPD und Grüne im Bundestag bereits Vorschläge unterbreitet hätten. So soll es gegenüber dem Präsidenten künftig eine umfassende Pflicht zur Anzeige aller Nebentätigkeiten ohne Ausnahme geben. Verstöße gegen die Richtlinien sollten durch das Bundestagspräsidium mit Ordnungs- oder Bußgeldern geahndet werden. Schmidt hofft, dass diese Neuregelungen bis zur Sommerpause realisiert werden können.
Diesen Optimismus teilt Peter Ramsauer nicht. Das Spannungsfeld zwischen dem Bedürfnis nach Transparenz und den Rechten des Parlamentariers müsse gründlich diskutiert werden. Von welcher Höhe an, fragte der Unionspolitiker, sollten denn Einnahmen veröffentlicht werden? Schon jetzt könnten die Vorschriften zur "öffentlichen Hinrichtung" eines Politikers führen, das sei "viel dramatischer als eine rechtliche Bestrafung". Ramsauer: "Ich bin gegen den gläsernen Abgeordneten qua Gesetz."
Auf dieser Linie liegen auch die Liberalen. Jörg van Essen beklagt die "Tendenz zur Skandalisierung von allem, was im Parlament geschieht" und die "deutsche Kardinaltugend Neid". Die Volksvertreter seien keine "geldgierigen Raffkes", die meisten Mitglieder der FDP-Fraktion verdienten weniger als zuvor in ihrem Beruf. Immerhin scheint klar, was nicht kommen wird: nämlich das jetzt im Düsseldorfer Landtag verabschiedete Modell. Dort werden die Diäten verdoppelt, die im Gegenzug voll versteuert werden, zudem müssen die Abgeordneten ihre Altersversorgung selbst finanzieren. Ramsauer: "Ich habe kein Verständnis für den Beschluss in Nordrhein-Westfalen, das ist im Bundestag nicht möglich."