Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Berlin: (hib/SAS) Mit Empörung reagierten Abgeordnete aller
Fraktionen auf die Schwärzung von Teilen des Gutachtens zu
Privatisierungsvarianten der Deutschen Bahn AG, das Gegenstand der
Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwochvormittag mit den
Sachverständigen des Konsortiums unter Führung der Firma
Booz Allen Hamilton war. Dabei zweifelte die Fraktion Bündnis
90/Die Grünen an der im Ausschuss geäußerten
Darstellung des Konsortiums, es handele sich bei den
geschwärzten Passagen um rein aktienrechtlich relevante
Unternehmensdaten: "Wir können die aktienrechtlichen
Gründe nicht nachvollziehen, weil uns anonym eine Seite des
Gutachtens zugespielt wurde, die faktisch sagt, dass die DB AG beim
integrierten Netz sich endlich von dem Teil des Streckennetzes
trennen kann, der sie schon lange stört." Sie bezog sich dabei
auf Seite 203 des Gutachtens, das nach Aussage der Grünen
ebenso wie vorhergehende Seiten den Abgeordneten vollständig
geschwärzt vorlag. Dabei hieß den Grünen zufolge
unter Punkt 5 der Seite: "Den größten Anteil am Effekt
‚Investive Fehlallokation' hat nach Einschätzung der DB
AG eine Verlangsamung bzw. Verminderung der Stilllegung
unwirtschaftlicher Teile des Schienennetzes nach einer Trennung.
Eine eher staatsnahe Infrastrukturgesellschaft wäre - so die
Argumentation - nicht in der Lage, Rationalisierungen des Netzes in
dem Ausmaß und der Geschwindigkeit wie ein privatisierter,
integrierter Konzern vorzunehmen." Nach Ansicht der FDP ist nicht
nach Aktienrecht geschwärzt worden, sondern dies sei eine
politische Entscheidung. Nur noch eingeschränkt könne der
Bundestag auf dieser Grundlage seiner Aufgabe nachkommen, über
den angestrebten Börsengang der Bahn zu entscheiden. Auch die
Union zeigte sich verärgert darüber, dass
Unternehmensinterna über die Mittelfristplanung der DB AG
geschwärzt wurden, und zweifelte an der vorgebrachten
Begründung. Einerseits mache man den Ländern die
Illusion, die Pflege ihres Netzes wäre in besten Händen,
andererseits werde ein integrierter Konzern angestrebt, da nur
diese Privatisierungsvariante eine Verkleinerung des Netzes
gewährleiste. Die SPD forderte für das Parlament dasselbe
Recht auf Einblick in Geschäftsgeheimnisse, wie dies dem
Alleineigentümer zustehe. Man habe beim Wissenschaftlichen
Dienst des Bundestages ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu
klären, ob es bei der Schwärzung tatsächlich um
"übergeordnete Unternehmensinteressen" der Deutschen Bahn
geht. "Ich bitte Sie zu akzeptieren, dass wir Ihnen im Moment aus
aktientechnischen Gründen ein geschwärztes Gutachten
vorgelegt haben", beharrte Rechtsanwalt Werner Michael Waldeck auf
der Position des Konsortiums. Von Regierungsseite erhielt der
Ausschuss das Angebot, das ungeschwärzte Gutachten im
Datenraum des Bundestages einsehen zu können. Dies lehnte der
Ausschussvorsitzende Klaus W. Lippold (CDU/CSU) jedoch unter dem
Hinweis ab, dann seien die Abgeordneten nicht mehr in der Lage eine
politische Aussage zu machen, weil sie rechtliche Schritte der DB
AG befürchten müssten. Auch den einzelnen
Sachverständigen waren beim Erstellen des Gutachtens nicht
alle Daten gleichermaßen bekannt. Nach den Worten von Stephan
Bauer der Firma Booz Allen Hamilton hat die Bahn 200 Unterlagen mit
unterschiedlichen Geheimhaltungsstufen klassifiziert, die aber , so
Bauer, die Seriosität des Gutachtens nicht in Frage stellten.
Demgegenüber räumte Professor Kay Mitusch von der
Technischen Universität Berlin ein: "Wir durften die
Mittelfristplanung der Bahn nicht sehen, das hat die interne Arbeit
schon erschwert."
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