Die neue Generation
Mit dem 16. Bundestag vollzog sich ein Generationenwechsel: Von den 613 Parlamentariern dieser Wahlperiode wurden 141 Abgeordnete zum ersten Mal in den Bundestag gewählt. Fast ein Viertel des Parlaments setzt sich also aus erstmals Gewählten zusammen. Die Fraktion DIE LINKE. hat mit 38 die meisten neuen Abgeordneten, die SPD hat 37, die CDU/CSU 32 und die FDP 22 Parlamentarier, die vorher noch nie im Bundestag waren. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind 12 neue Abgeordnete eingezogen. Inzwischen haben sie mehr als 100 Plenarsitzungen und noch mehr Arbeitssitzungen in den Ausschüssen, Fraktionen und anderen Gremien hinter sich. Fünf von ihnen wurden kurz nach ihrer Wahl zu ihren Erwartungen befragt. Wir fragen 21 Monate später noch mal nach.
Elisabeth Scharfenberg, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Elisabeth Scharfenberg, Jahrgang 1963, ist über die Landesliste Bayern in den Bundestag eingezogen. Geboren in Rüsselsheim studierte sie in Berlin und zog mit Mann und vier Töchtern nach Oberfranken, in ihren heutigen Wahlkreis Hof/Wunsiedel. Die Diplom-Sozialpädagogin ist pflegepolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Mitglied des Gesundheitsausschusses.
Wie lautet Ihre persönliche Zwischenbilanz als neue Abgeordnete?
Die Zeit bisher war sehr spannend. Man bewegt sich als neuer Abgeordneter anfangs auf unbekanntem Terrain und muss sich zügig in die laufende parlamentarische Arbeit einfinden. Inzwischen habe ich mit meinen Themen meinen Platz in der Fraktion gefunden. Die Arbeit im Bundestag ist faszinierend vielschichtig, anspruchs- und verantwortungsvoll. Sie fordert mich ganz. Wenn ich dann wieder im Wahlkreis bin, bin ich dort oft mit ganz anderen Themen konfrontiert. Den Spagat zwischen den verschiedenen Anforderungen zeitlich, räumlich und inhaltlich zu schaffen, ist nicht immer leicht. Ich empfinde das aber nicht als belastend, sondern als Herausforderung, die ich gerne annehme. Mich belastet dagegen das schlechte Image von Politikern. Daher versuche ich in meiner Arbeit so informativ und transparent wie möglich sein, auch in Bezug auf Nebentätigkeiten. Neu ist für mich, dass ich zumindest im Wahlkreis zur Prominenz zähle. Dabei ist natürlich gerade bei neuen Abgeordneten weniger die Person als das Mandat gefragt, und das ist auf Zeit und austauschbar. Ganz persönlich fehlt mir meine Familie, das Pendeln fällt mir schwerer als gedacht.
Was hat Sie überrascht im Bundestag?
Ich weiß schon heute, was ich am zweiten Dienstag im Dezember mache! Wie jeden Dienstag findet dann eine Fraktionssitzung statt. Die Sitzungswochen sind extrem durchstrukturiert wie ein Stundenplan. Besonders überrascht hat mich die komfortable Ausstattung, das Büro, Mitarbeiter und Infrastruktur. Ich muss nicht mehr für alles zuständig sein. Ich komme aus der ehrenamtlichen politischen Arbeit und kenne es ganz anders. So habe ich den Kopf frei, kann schneller reagieren und einfach mehr schaffen.
Was haben Sie noch vor in dieser Wahlperiode?
Das woran ich gearbeitet habe, möchte ich weiter ausbauen, vor allem weil meine parlamentarische Arbeit in der Pflegepolitik für meinen Wahlkreis Oberfranken sehr wichtig ist. Wir haben vor Ort, mehr als sonst in Bayern, mit den Folgen des demographischen Wandels zu tun. Die Menschen werden heute älter und sind lange gesund und aktiv. Sie brauchen neue Wohnformen, aber auch individuelle Hilfsangebote für den Fall der Pflegebedürftigkeit. Ein Thema wie die Pflegepolitik braucht einfach einen langen Atem. Den habe ich und würde ihn gerne weiter einsetzen. Dass ich aus der Praxis komme, kommt mir dabei zugute. Überhaupt ist mir wichtig, nie weg von den Menschen zu sein, für die ich Politik mache.