Mehr als Gesetze unter der Kuppel
Am Donnerstag, dem 24. Mai 2007, kommen die 614 Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages zum 100. Mal im Plenum zusammen. Erster Tagesordnungspunkt dieser Sitzung wird eine Regierungserklärung sein.
Seit seiner konstituierenden Sitzung am 18. Oktober 2005 hat der Bundestag in dem blau-grauen runden Plenarsaal im Berliner Reichstagsgebäude bereits 211 Gesetze verabschiedet. Dazu gehören umfassende Vorhaben wie die Gesundheitsreform und die Föderalismusreform, die Gesetze zum Elterngeld, zur Mehrwertsteuer und Einrichtung der so genannten Antiterrordatei. Die Abgeordneten machten zudem den Weg frei für die Ratifizierung internationaler Übereinkommen, unter anderem gegen Doping im Sport und Kinderpornographie, und entschieden mehrere Male über Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Doch in einer Plenarsitzung arbeitet das Parlament bei weitem nicht nur an der Verabschiedung von Gesetzen, auch wenn die Gesetzgebung die zentrale Aufgabe des Bundestages ist.
Auf der Tagesordnung einer Plenarsitzung
Im Plenarsaal, dem Herzstück des Bundestages, finden in Sitzungswochen in der Regel an drei Tagen Sitzungen statt. Auf den Tagesordnungen einer Woche stehen viele Gesetzesvorhaben, die entweder in 1. Lesung beraten werden oder über die mit der 3. Lesung entschieden wird. Die Beratung und Beschlussfassung über die Gesetzentwürfe ist die wichtigste Aufgabe des Bundestages und das tägliche Brot. Alle Gesetzesvorlagen gehen an den Bundestag.
Kurzfristig gelangen Aktuelle Stunden auf die Tagesordnung. Die Fraktionen des Bundestages beantragen aus aktuellem Anlass eine Aktuelle Stunde zu politisch und gesellschaftlich relevanten Themen.
Beraten werden im Plenum auch Anträge zu Gesetzen oder zur politischen Linie der Bundesregierung sowie Unterrichtungen und Berichte der Regierung. Bei der Befragung der Bundesregierung und in der Fragestunde fordern die Parlamentarier spezielle Informationen ab, zu denen die Regierung Rede und Antwort stehen muss.
Regierungserklärungen vor dem Bundestag
Eine Plenarsitzung ist der Rahmen für eine Regierungserklärung, die der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin vor dem Bundestag abgibt. In der 100. Plenarsitzung wird die Bundeskanzlerin eine Regierungserklärung zum G8-Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm abgeben. In ihrer ersten Regierungserklärung stellte Angela Merkel ihre Politik vor. Neun Regierungserklärungen folgten in der laufenden Wahlperiode zu aktuellen politischen Themen, die auch von den jeweiligen Ministern abgeben wurden, darunter zur Klimapolitik, zum Forschungsprogramm, zur Zukunft der Bundeswehr sowie zur Europapolitik.
Kontrolle der Regierung: Fragen der
Parlamentarier
Am Mittwoch beginnen die Zusammenkünfte der Abgeordneten mit zwei Formen der Regierungskontrolle: der Befragung der Bundesregierung und der Fragestunde. In der Befragung der Bundesregierung können sich die Abgeordneten von der Regierung über die vorangegangene Kabinettssitzung berichten lassen. In der Fragestunde werden Fragen der Parlamentarier an die Regierung entweder von dem zuständigen Minister oder dem jeweiligen parlamentarischen Staatsminister sofort im Plenum oder schriftlich beantwortet.
Arbeit an Gesetzen in den Ausschüssen
Insgesamt wurden in den ersten 100 Plenarsitzungen fast 400 Gesetzesvorhaben in den Bundestag eingebracht, die meisten davon sind bereits in 1. Lesung beraten worden. Nach der ersten Beratung werden die Gesetzentwürfe in der Regel in die Ausschüsse überwiesen, zunächst in den zuständigen Fachausschuss. Es können auch andere Ausschüsse mit beraten, wenn ihr Ressort auch betroffen ist. So findet ein großer Teil der Arbeit an Gesetzen in den 22 ständigen Ausschüssen statt, wo die Politiker aller Fraktionen die Details beraten, Experten hören und um einen beschlussfähigen Kompromiss ringen. Die Fassung eines Gesetzentwurfes, die ein Ausschuss beschließt, gelangt noch einmal ins Plenum. Dort kann er für längere Debatten sorgen oder nach einer kurzen Aussprache verabschiedet werden.
Die Ausschüsse kommen in der Regel mittwochs zu Beratungen zusammen. In den 33 Sitzungswochen der aktuellen Wahlperiode fanden je nach Ausschuss zwischen jeweils 30 und 60 Sitzungen statt.
Das Plenum
Das Plenum, die Gesamtheit aller Abgeordneten, verhandelt öffentlich in Sitzungen im Berliner Reichstagsgebäude. Während der Plenarsitzungen behandeln die Parlamentarier alle Vorlagen und wählen Ämter und Gremien, darunter auch das Amt des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin. Termin und Tagesordnung jeder Sitzung werden im Ältestenrat vereinbart sowie der Bundesregierung und dem Bundesrat mitgeteilt. Der Bundestagspräsident oder einer seiner Stellvertreter leitet die Sitzung des Plenums.
Parlamentarische Verbindung zu Europa
Seit dem 5. Februar 2007 unterhält der Bundestag ein Verbindungsbüro in Brüssel. Mit dem neuen Büro will das deutsche Parlament möglichst frühzeitig in europäischen Rechtsetzungsfragen und Gesetzesinitiativen einbezogen werden.
Seit Anfang des Jahres begleitet der Bundestag die EU-Ratspräsidentschaft und war in den ersten fünf Monaten des halbjährlichen Ratsvorsitzes Deutschlands Gastgeber für Parlamentarier der EU-Länder und Beitrittskandidaten.