Erbschaftssteuer auf dem Prüfstand
Am Freitag, dem 15. Februar 2008, behandelte der Bundestag erstmals die geplante Novelle der Erbschaftssteuer. Auf dem parlamentarischen Prüfstand steht der Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 16/7918), der einen nahezu steuerfreien Generationenwechsel bei kleinen und mittleren Unternehmen sowie höhere Freibeträge für enge familiäre Erben bei höherer Steuerlast entfernter Verwandter vorsieht. Zu Beginn der Aussprache am Freitag, dem 15. Februar 2008, sprach Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Er stellte dem Parlament die Eckpunkte der geplanten Erbschaftssteuerreform vor.
Individuelle Besteuerung
Wie viel Erben künftig an Steuern zahlen müssen, hängt nicht nur vom Verwandtschaftsgrad, sondern auch von der Art und Höhe des vermachten Vermögens ab. Die künftige Bewertung von Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben soll sich am „gemeinen Wert“ orientieren. Dieser soll nach den Ertragsaussichten geschätzt werden, wenn er nicht aus Verkäufen abgeleitet werden kann, die weniger als ein Jahr zurückliegen.
Höhere Bewertung
So soll die Bewertung von privat genutztem Wohneigentum sowie von Betriebsgrundstücken ansteigen und durch die höheren persönlichen Freibeträge für Ehegatten, Kinder und Enkelkinder ausgeglichen werden. Dieser Begünstigung naher Verwandter steht eine höhere Besteuerung entfernter Verwandter und nicht verwandter Personen gegenüber. So wird etwa das Vererben in nichtehelichen Lebensgemeinschaften oder an Nichten und Neffen teurer.
Persönliche Freibeträge der
Erben
Ein Vermögen von 400 000 Euro sollen Kinder nunmehr steuerfrei von ihren Eltern erben oder geschenkt bekommen können. Das ist beinahe doppelt soviel wie bisher. Die persönlichen Freibeträge für Erben und Beschenkte sollen auf 500 000 Euro für Lebenspartner, für Kinder auf 400 000 Euro und für Enkel auf 200 000 Euro erhöht werden. Für sonstige Personen der Steuerklasse I im engeren Familienkreis sollen die Freibeträge auf 100 000 Euro, für Nichtverwandte auf jeweils 20 000 Euro steigen.
Steuerfreie Unternehmensnachfolge mit
Auflagen
Für die Unternehmensnachfolge, vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, soll eine Übergabe an die nächste Generation weitgehend steuerfrei bleiben. Bedingung: Die Arbeitsplätze im Betrieb müssen über zehn Jahre mehrheitlich erhalten bleiben und der Betrieb über 15 Jahre fortgeführt werden. Pauschal sollen 85 Prozent des Betriebsvermögens als begünstigt gelten, während die restlichen 15 Prozent nach Abzug eines Freibetrags von maximal 150 000 Euro immer besteuert werden.
Nachbesserungen gefordert
Bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs am Freitag im Parlament verlangte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Michael Meister, dass das Vererben unter Geschwistern weniger stark besteuert werden müsse als vorgesehen. Er forderte auch Nachbesserung bei der 15-jährigen Bindungsfrist bei der Firmenweitergabe.
Der Abgeordnete Carl-Ludwig Thiele (FDP) kritisierte, dass mit dem Gesetzentwurf die Steuerlast für familiengeführte Unternehmen beim Betriebsübergang steigen würde. Barbara Höll von der Fraktion DIE LINKE. sagte, Deutschland könne es sich nicht leisten, Erben günstiger zu machen. Vielmehr sei der Staat in der Pflicht, die Vermögensverteilung gerechter zu gestalten, um Bildung und Chancengleichheit für Kinder finanzieren zu können.
Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprach Christine Scheel. Sie bemängelte, dass der Reform ein „sehr antiquiertes Gesellschaftsbild“ intakter Familienverhältnisse zugrunde liege. Das passe nicht in die Zeit von Patchwork-Familien und Wahlverwandschaften.
Bundesverfassungsgericht forderte Reform
Die Änderung des Erbschaftssteuerrechts wurde durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 notwendig. Die Verfassungsrichter sahen im geltenden Erbschaftssteuergesetz einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz im Sinne des Grundgesetzes (Artikel 3, Absatz 1), da einheitliche Steuersätze auf unterschiedlich bewertete Vermögensgegenstände angewandt würden. Es forderte den Gesetzgeber auf, Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes in Einklang zu bringen.
Übergangsphase: Wahl zwischen altem
und neuem Recht
Die Erbschaftsteuerreform soll nach den jetzigen Plänen zum 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten. Nach der ersten Lesung wird der Gesetzentwurf in den Fachausschüssen beraten und zur Schlussabstimmung erneut zur Abstimmung vorgelegt. Zudem muss der Bundesrat zustimmen. Für die geltende Regelung bei den Erbschaftssteuern soll es eine Übergangsphase geben. Erben, die 2007 geerbt haben oder bis Inkrafttreten des Gesetzes noch erben, sollen wählen können, ob sie nach den bisherigen oder den neuen Vorgaben besteuert werden.