Mit Blick auf die Details
22 ständige Ausschüsse gibt es derzeit im Deutschen Bundestag. Sieben von ihnen haben in der aktuellen Wahlperiode einen oder mehrere Unterausschüsse eingesetzt, um einen bestimmten Gesetzentwurf oder ein besonders wichtiges Thema intensiv beraten zu lassen und den jeweiligen Hauptausschuss zu entlasten. Wir stellen den Unterausschuss Eisenbahninfrastruktur vor.
Einigkeit jenseits der Privatisierungsdebatte
Seit fünf Jahren ist die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn Gegenstand heftiger politischer Auseinandersetzungen. Am 30. Mai 2008 stimmte der Bundestag schließlich einem entsprechenden Antrag der Bundesregierung zu. Auch im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wurden die diversen Privatisierungsmodelle, die im Laufe der Zeit zur Debatte standen, kontrovers diskutiert. Denn die Positionen der einzelnen Fraktionen liegen weit auseinander. In einem aber sind sich die Parteien unabhängig von ihrer jeweiligen Haltung zur Teilprivatisierung einig: Dass eine genaue Kenntnis des Zustands der Bahninfrastruktur - dazu zählen neben dem Schienennetz auch die Bahnhöfe und die Energieversorgung - unerlässlich ist. Zumal auch die Privatisierung der Infrastruktur selbst eine Zeitlang zur Diskussion stand.
Komplexe Materie
"Wenn wir das Unternehmen Deutsche Bahn verkaufen, müssen wir wissen, wie der Zustand des Netzes ist", fasst Winfried Herrmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN), rückblickend die Haltung seiner Fraktion zusammen. Und Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, meint: "Der Bund gibt viel Geld für die Infrastruktur aus. Daher ist es seine Pflicht, über ihren Zustand gut informiert zu sein."
Im Rahmen der Ausschussarbeit selbst ist die gründliche Auseinandersetzung mit dieser komplexen Materie allerdings nicht möglich - schließlich muss sich der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Bundestages mit vielen anderen Themen beschäftigen. Daher überträgt er diese Aufgabe dem Unterausschuss Eisenbahninfrastruktur, der im März 2007 seine Arbeit aufnahm.
Hauptaufgabe Netzzustandsbericht
Ihre vordringliche Aufgabe sehen die neun Abgeordneten, die als ordentliche Mitglieder in dem Gremium sitzen, darin, von der DB Netz AG einen aussagekräftigen Netzzustandsbericht zu bekommen. "Ein solcher Bericht ist Voraussetzung dafür, dass Bund und DB AG die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung schließen können", erklärt Enak Ferlemann (CDU/CSU), der Vorsitzende des Unterausschusses.
Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV), die als Mittel der Qualitätssicherung vorgesehen ist, soll die DB AG verpflichten, genau festgelegte Maßnahmen zum Erhalt von Schienennetz, Bahnhöfen und Energieversorgung vorzunehmen. Im Gegenzug, so ist geplant, stellt ihr der Bund, der im Besitz der gesamten Infrastruktur bleibt, die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung - bis zu 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.
"Riesiger Erfolg"
Ein aktueller Netzzustandsbericht hat zudem für die nicht bundeseigenen Eisenbahnen zentrale Bedeutung, da er Grundlage für einen gerechten Wettbewerb auf der Schiene ist. Dass die DB Netz AG inzwischen einen solchen Bericht vorgelegt hat, wertet Ferlemann als "riesigen Erfolg des Unterausschusses“.
Damit ist die Arbeit des Gremiums aber noch lange nicht erledigt. "An der anstehenden Debatte über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung wollen wir intensiv beteiligt werden", macht Patrick Döring klar, der für die FDP im Unterausschuss sitzt.
Lösungsvorschläge für Infrastrukturprobleme
Der Unterausschuss setzt sich darüber hinaus laufend mit bestehenden Problemen wie zum Beispiel Schienenengpässen auseinander und macht dem Hauptausschuss Lösungsvorschläge. So empfiehlt er, für den Ausbau der Hinterlandanbindung der Seehäfen mehr Mittel bereitzustellen. Mit Erfolg: Im Haushalt 2008 werden insgesamt 255 Millionen Euro für das erstmalig aufgenommene Programm "Seehafenhinterlandverkehr zur Beseitigung von Engpässen im Güterverkehr" bereitgestellt.
Nach der Sommerpause wird sich der Unterausschuss unter anderem mit den neuesten Entwicklungen im Bereich der Bahntechnologie, dem diskriminierungsfreien Wettbewerb für nicht bundeseigene Bahnen und die Auswirkungen des Masterplans Güterverkehr und Logistik auf den Schienenverkehr beschäftigen Es gibt also mehr als genug zu tun bis zum Ende der Wahlperiode.