Warum der 3. Oktober zum Tag der Deutschen Einheit wurde
Montagsdemonstrationen, Mauerfall, Wiedervereinigung: In den Jahren 1989 und 1990 überschlugen sich die Ereignisse. Viele empfinden den 9. November 1989 - den Tag, an dem die Mauer fiel - als das entscheidende Datum auf dem Weg zur Einheit Deutschlands. Doch gefeiert wird der Tag der Deutschen Einheit offiziell am 3. Oktober - aus gutem Grund.
Beitritt zum 3. Oktober 1990
Es war ein historischer Moment nach einer bewegten Debatte: Am 23. August 1990 um drei Uhr morgens stimmten die Abgeordneten der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR mit großer Mehrheit für den Beitritt ihres Landes zur Bundesrepublik Deutschland zum 3. Oktober 1990.
Dass sich die Abgeordneten für dieses Datum entschieden, hatte vor allem zwei Gründe. Zum einen musste die Wiedervereinigung formell mindestens acht Wochen vor dem vorgesehenen Termin für die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 vollzogen werden, um die im Wahlgesetz festgelegte Frist zur Veröffentlichung der Wahllisten zu wahren. Zum anderen mussten die Regierungen in Ost- und Westdeutschland die Außenministerkonferenz der 35 Mitgliedstaaten der KSZE am 2. Oktober 1990 in New York abwarten. Dort sollten sie über das Ergebnis der Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs über die äußeren Aspekte der Wiedervereinigung berichten.
Sorge vor wirtschaftlichem Kollaps
Für den offiziellen Vollzug der Wiedervereinigung gab es daher nur einen Zeitkorridor von wenigen Tagen. Aus Sorge vor einem kompletten wirtschaftlichen Zusammenbruch der DDR entschieden sich ihre Volksvertreter mit dem 3. Oktober für den frühestmöglichen Beitrittstermin der fünf ostdeutschen Länder zum Geltungsbereich des Grundgesetzes.
Kohl ergreift die Initiative
Wenige Wochen vor der offiziellen Vereinigung waren die Regierungschefs der Bundesländer am 29. August 1990 in Bonn zusammen gekommen, um letzte Details zu klären. Auf dieser Sitzung schlug Bundeskanzler Helmut Kohl vor, den 3. Oktober zum „Tag der Deutschen Einheit“ zu erklären.
Sein Vorschlag stieß auf allgemeine Zustimmung und floß daraufhin in den Einigungsvertrag ein, der am 20. September 1990 durch Volkskammer und Bundestag ratifiziert wurde. Dort heißt es in Artikel 2, Absatz 2: "Der 3. Oktober ist als Tag der Deutschen Einheit gesetzlicher Feiertag."
Umstrittene Entscheidung
Der 3. Oktober löste damit den 17. Juni als Nationalfeiertag ab, mit dem bis 1990 in der Bundesrepublik des gescheiterten Aufstands in der DDR von 1953 gedacht worden war. Die offiziellen Feierlichkeiten anlässlich der Wiedervereinigung richtet die Hauptstadt desjenigen Bundeslandes aus, das zu diesem Zeitpunkt den Vorsitz im Bundesrat innehat. In diesem Jahr ist Hamburg an der Reihe.
Unumstritten war die Entscheidung für den 3. Oktober als Nationalfeiertag allerdings nicht. Gegen den 3. Oktober wurde eingewandt, dass es sich lediglich um ein amtliches Datum mit begrenzter symbolischer Wirkung handele. Viele empfinden bis heute den 9. November – den Tag des Mauerfalls – als eigentlichen „Schicksalstag“ der Deutschen, der mit der Einheit viel enger verbunden ist als das Datum, an dem der Einigungsvertrag in Kraft trat.
Einheit in Freiheit
Doch gegen eine Verlegung des Nationalfeiertags auf den 9. November sprechen gute Gründe. Denn dieses Datum ist in der deutschen Geschichte auch mit sehr negativen Assoziationen belastet. Am 9. November 1923 versuchte sich Hitler in München an die Macht zu putschen, am 9. November 1938 fand die so genannte Reichspogromnacht statt, in der in ganz Deutschland Synagogen angezündet und jüdische Geschäfte geplündert wurden.
Nicht zuletzt deshalb plädierte etwa der Historiker Heinrich-August Winkler für die Beibehaltung des 3. Oktober als Nationalfeiertag. In einem Interview mit „Spiegel online“ erklärte er: „An diesem Tag wurde endlich das Doppelziel der gescheiterten deutschen Revolution von 1848 erreicht – Einheit in Freiheit. Wenn es einen Anlass zum Feiern für alle Menschen in Deutschland gibt, dann an diesem Tag.“