Parlamente als stabilisierender Faktor deutsch-polnischer Beziehungen
Die polnischen Gastgeber haben nichts dem Zufall überlassen bei der dritten gemeinsamen Sitzung der Parlamentspräsidien Deutschlands und Polens in Breslau und Kreisau am 23. und 24. November 2008. Die Orte der Begegnung sollten die gemeinsame Geschichte beider Nationen symbolisieren - die Tagesordnung dagegen Vergangenheit und Zukunft miteinander verbinden.
So fand der erste Teil der Konferenz in Breslau statt, einer Stadt,
die "Glanz und Elend der deutsch-polnischen Geschichte“
deutlich macht, wie Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert
Lammert (CDU) feststellte. Bewusst wählte die polnische Seite
die ehemals deutsche Universität zu Breslau mit der
prachtvollen barocken Aula Leopoldina als Ort für den ersten
Teil der Begegnung, unterstrich der polnische
Parlamentspräsident, Sejmmarschall Bronislaw Komorowski.
Ein Ort mit hohem Symbolwert
Der Sitzungssaal - das nach dem Krieg wiederhergestellte Oratorium Marianum - löste bei Lammert spontan die Assoziation mit der Entwicklung der Parlamentsbeziehungen zwischen Deutschland und Polen, die inzwischen "ein stabilisierender Faktor im deutsch-polnischen Verhältnis sind“.
Die sorgfältige Regie fruchtete: Sichtlich zufrieden
bilanzierten Lammert und Komorowski die Ergebnisse der Konferenz im
Schloss des ehemaligen Gutes von Helmuth James Graf von Moltke in
Kreisau. Auch dieser Ort - eine Stätte des deutschen
Widerstandes gegen das NS-Regime - hat einen hohen Symbolwert. Dort
hatten bereits 1989 der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und der
erste nichtkommunistische Regierungschef Polens nach 1945, Tadeusz
Mazowiecki, mit ihrer Umarmung ein Zeichen der Versöhnung
gesetzt.
Das Jahr 2009 als Fest der Demokratie
Daran wollen die Parlamente im kommenden Jahr anknüpfen, das sie als ein "Fest der Demokratie“, so Komorowski, im Gedenken an den Zusammenbruch des Kommunismus in Europa gestalten wollen. "Wir wollen gemeinsam daran erinnern, dass die Überwindung der Teilung Europas kein Naturereignis war, sondern Folge der Demokratisierungsbewegungen in Mittel- und Osteuropa von den fünfziger bis zum Ende der achtziger Jahre“, sagte Lammert in Kreisau. "Die Gewerkschaft 'Solidarność' spielte hier eine überragende Rolle.“
Gedenktafel und Ausstellungen
Dessen wird durch eine Gedenktafel gedacht werden, die im Juni nächsten Jahres zusammen mit einem Stück der Mauer der Danziger Werft am Reichstagsgebäude in Berlin angebracht werden soll, kündigten beide Parlamentschefs an. Außerdem soll im Frühjahr 2009 eine Ausstellung über die Solidarność-Bewegung im Deutschen Bundestag und im November 2009 eine Ausstellung über den Fall der Mauer im polnischen Sejm zu sehen sein.
Übereinstimmend berichteten die Teilnehmer der Konferenz - neben den Präsidien auch die Vorsitzenden der Auswärtigen und der EU-Ausschüsse sowie der bilateralen Parlamentariergruppen - von der freundschaftlichen Atmosphäre in der Zusammenarbeit. Mit der Vertiefung der persönlichen Kontakte sei ein Klima des wechselseitigen Vertrauens entstanden, in dem es beiden Seiten immer leichter falle, offen auch über kontroverse Themen zu sprechen, sagte Lammert.
Schwerpunkt "Ostpolitik der EU"
Dies habe "eine beachtliche politische Bedeutung“, denn die deutsch-polnischen Beziehungen spielten bei der Vertiefung der Integration der erweiterten EU eine Schlüsselrolle - ähnlich wie das deutsch-französische Verhältnis in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg.
Dass es den Parlamentariern am Gesprächsstoff nicht mangelt,
zeigte das beachtliche Themenspektrum, über das sie
während der Konferenz - durchaus mit unterschiedlichen
Akzenten - diskutierten: Auf der Agenda standen die
europäische Nachbarschafts-, Außen- und
Sicherheitspolitik - mit dem Schwerpunkt auf die für Polen
wichtige "Ostpolitik der EU“. Ein besonderes Augenmerk
widmete die Konferenz dem Dialog in Kultur, Bildung und beim
Jugendaustausch.