Petitionsausschuss
Tätigkeitsbericht, Ausgabe 2005
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Deutscher Bundestag |
Drucksache 15/5570 |
15. Wahlperiode |
01.06.2005 |
Bericht des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)
Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2004
Kurzfassung
Allgemeine Bemerkungen über die Ausschussarbeit
Anzahl und Schwerpunkte der Eingaben
17.999 Eingaben wurden im Jahr 2004 an den Petitionsausschuss herangetragen. Das sind 15 v.H. mehr als im Jahr 2003, in dem 15.543 Neueingaben verzeichnet wurden, und 30 v.H. mehr als im Jahr 2002, in dem beim Petitionsausschuss 13.832 Eingaben eingingen. Im täglichen Durchschnitt wurden demnach über 70 Zuschriften in den Geschäftsgang gegeben, immerhin 10 mehr pro Arbeitstag, als im Jahr zuvor.
Die Anzahl der Eingaben, die der Petitionsausschuss im Jahr 2004 abschließend behandelt hat, beträgt 15.565. Nicht in all diesen Fällen ist dazu eine förmliche Beratung im Ausschuss und die Verabschiedung einer Beschlussempfehlung mit eingehender Begründung erforderlich. Sei es, dass die Behörden bereits aufgrund des Stellungnahmeersuchens des Ausschusses Fehler erkannt und im Sinne des Petenten korrigiert haben. Sei es, dass der Petent aufgrund der Erläuterung der Rechtslage erkennt, dass sein Begehren kein Erfolg haben kann und auf eine weitere Behandlung seiner Petition verzichtet. Festzuhalten bleibt gleichwohl, dass der Anteil der behandelten Eingaben in denen eine Beratung im Ausschuss und die Verabschiedung einer Beschlussempfehlung mit Begründung erfolgte um 5 v.H. zugenommen hat.
Betrachtet man die Verteilung der Petitionen auf die einzelnen Bundesministerien, so ist das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung mit über vierzig Prozent der Petitionen das Ressort, zu dem die bei weitem meisten Eingaben eingingen. Gemessen am Gesamtvolumen der eingegangenen Petitionen entfielen zirka 10 v.H. der Eingaben auf die Bundesministerien der Justiz und für Wirtschaft und Arbeit.
Einen Anstieg erfuhr auch die Anzahl der Massenpetitionen, also der Eingaben in größerer Zahl mit demselben Anliegen, deren Text ganz oder im Wesentlichen übereinstimmt (z. B. Postkartenaktionen). Es sind 76.669 Massenpetitionen zu verzeichnen gegenüber 54.505 im Vorjahr. Geringfügig zurückgegangen ist dagegen im Berichtszeitraum die Anzahl der Sammelpetitionen, also der Petitionen, die mit einer Unterschriftenliste eingereicht werden. Es sind diesmal 1.134 Sammelpetitionen eingegangen gegenüber 1.229 im Vorjahr. Den Anlagen 1 G und 1 H sind nähere Hinweise zu den in den Sammel- und Massenpetitionen vorgebrachten Anliegen zu entnehmen.
Die Bitten zur Gesetzgebung machten zirka die Hälfte der eingegangenen Neueingaben aus. In den Vorjahren war dies im Durchschnitt lediglich etwas mehr als ein Drittel der jährlichen Neueingaben.
Aufgegliedert nach Geschlechtern kann der Statistik entnommen werden, dass 63 v.H. der Eingaben von Männern eingereicht wurden. Zirka 27 v.H. der Eingaben stammten von Frauen. Der Rest der Eingaben kam von Organisationen und Verbänden, war ohne Personenangabe oder als Sammelpetition zu werten.
Wenn man die Anzahl der Petitionen ermittelt, die auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner des jeweiligen Landes durchschnittlich entfällt, so erhält man einen aussagekräftigen Vergleich der Anzahl der Petitionen, die aus den einzelnen Bundesländern kommt. Das Land mit den relativ meisten Eingaben im Jahr 2004 war wie in früheren Jahren Berlin mit 606, gefolgt von Brandenburg mit 410. Geringe Eingabezahlen gab es aus dem Saarland mit 132 und Baden-Württemberg mit 113 Eingaben auf 1 Million Einwohner.
Die Frage, in welcher Größenordnung Petitionsverfahren eine positive Erledigung finden, zählt zu einer der am meisten gestellten im Zusammenhang mit dem Wirken des Petitionsausschusses. Im Berichtszeitraum konnten erneut viele Petitionen bereits im Vorfeld des eigentlichen parlamentarischen Verfahrens gelöst werden. Die Einschaltung des Petitionsausschusses bewirkte häufig, dass mit den Stellungnahmen der Behörden und öffentlichen Einrichtungen die Grundlagen der Entscheidungsfindung und die Argumente des Für und Wider ausführlicher als in den behördlichen Handlungen erläutert wurden, die die Petitionen auslösten. Ermessen wurde zugunsten der Petenten ausgeschöpft und alles Mögliche unternommen, die Probleme möglichst unumwunden zu lösen. Zahlreiche Fälle konnten damit bereits in einem vergleichsweise frühen Stadium positiv abgeschlossen werden. Bei anderen Fällen waren dagegen komplexe Moderationsverfahren notwendig, z.B. mit Anhörung der Beteiligten (Ortsbesichtigungen), oftmals zeichneten sich aber gerade in diesem Rahmen auch Lösungswege ab. Insofern lässt sich feststellen, dass bei nahezu jeder zweiten Petition etwas für die Petenten erreicht werden konnte. Dies war zwar nicht immer die gewünschte Lösung, aber oftmals war damit ein Kompromiss erzielt, der von allen Beteiligten als annehmbar angesehen wurde. Eine detaillierte Übersicht der Art der Erledigung ist der Anlage 1 D zu entnehmen. Darin aufgeführt ist auch das gesamte Arbeitspensum der von den Mitgliedern des Ausschusses behandelten Petitionen, das sich auf 15.565 Eingaben beläuft und damit eine Steigerung von 1.115 behandelten Eingaben gegenüber dem Vorjahr aufweist.
Insgesamt 1.457 Vorgänge befanden sich im Berichtszeitraum im Geschäftsgang, ohne die Voraussetzungen für eine Petition im Sinne von Art. 17 GG zu erfüllen. Hierzu gehörten insbesondere Zuschriften, mit denen die Menschen allgemein ihre Sorgen, Nöte und Anregungen in der Hoffnung mitteilten, damit beim Petitionsausschuss Gehör zu finden. Diese Eingaben boten ein breites Spektrum an politischen und gesellschaftlichen Themen, die die Menschen beschäftigen und sparten kaum einen Bereich des Alltagslebens aus.
Sie wurden von den mit der Bearbeitung betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes sorgfältig gelesen und beantwortet. Soweit möglich, halfen sie den Einsendern mit einem Rat, einer Auskunft, einem Hinweis oder leiteten die Zuschriften an die zuständigen Stellen weiter oder übersandten Informationsmaterial. Lediglich Schreiben mit beleidigendem Inhalt wurden nicht beantwortet. Da den Petitionsausschuss auch zahlreiche Eingaben aus dem Ausland erreichten, mussten viele vor der weiteren Behandlung erst einmal aus Fremdsprachen ins Deutsche übersetzt werden. Diese Dienstleistung zeigt, dass der Petitionsausschuss bemüht ist, soweit irgend möglich Antworten in der Sache zu geben. Er möchte den Einsendern vermitteln, dass er sie mit ihren Problemen und Sorgen ernst nimmt und ihnen mehr als nur Gehör schenkt. Gleiches gilt für die Beantwortung zahlreicher telefonischer Anfragen, die den Petitionsausschuss tagtäglich erreichen.
Darüber hinaus sind die Eingaben zu erwähnen, für die nach der verfassungsmäßigen Ordnung die Zuständigkeit der Landesvolksvertretungen gegeben ist. Es handelt sich dabei überwiegend um Beschwerden über Landeseinrichtungen.
Aufgrund der verfassungsmäßig garantierten richterlichen Unabhängigkeit ist der Petitionsausschuss nicht befugt, Beschwerden über gerichtliche Entscheidungen zu bearbeiten, die Urteile zu überprüfen, sie aufzuheben oder abzuändern. Auch im Jahr 2004 war vielen Petentinnen und Petenten deshalb mitzuteilen, dass der Deutsche Bundestag aufgrund der Gewaltenteilung keine parlamentarische Prüfung von Gerichtsverfahren vornehmen kann.
Um Missverständnissen vorzubeugen sei jedoch darauf hingewiesen, dass immer dann, wenn der Bund in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten Prozesspartei ist, Petitionen, die ein Gerichtsverfahren betreffen, in den folgenden drei Fallkonstellationen behandelt werden können:
- wenn mit der Petition von der zuständigen Stelle des Bundes ein bestimmtes Verhalten als Prozessbeteiligte verlangt wird;
- wenn die zuständige Stelle des Bundes in der Petition aufgefordert wird, ein ihr günstiges Urteil nicht zu vollstrecken;
- wenn eine gesetzliche Regelung gefordert wird, die die mit der Petition angegriffene Rechtsprechung für die Zukunft ausschließen würde.
Schließlich sei erwähnt, dass die im Internetangebot des Deutschen Bundestages auf www.bundestag.de unter der Rubrik „Kontakt“ angebotene Hilfestellung zur Einreichung einer Petition rege genutzt wurde, um ein Formular herunter zu laden, auszufüllen und eine Petition einzureichen. Dieses Angebot ist mittlerweile Standard und hat sich durchweg bewährt. Es erleichtert die Einreichung einer Petition enorm, indem angeregt wird, strukturierte Angaben zur Person und dem Anliegen zu machen.
Sitzungen des Petitionsausschusses
Im Jahr 2004 fanden 19 Sitzungen des Petitionsausschusses statt, in denen 264 Petitionen zur Einzelberatung aufgerufen wurden. Die Ergebnisse seiner Beratungen legte der Petitionsausschuss dem Bundestag in Form von 90 Sammelübersichten als Beschlussempfehlungen zur Erledigung von insgesamt 15.565 Petitionen vor. Diese Sammelübersichten sind auch im Internet als Bundestags-Drucksachen eingestellt.
Der Bericht des Ausschusses über seine Tätigkeit im Jahr 2003 erschien am 21. Mai 2004 (BT-Drs. 15/3150) und wurde vom Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden gemeinsam mit Vertretern der Fraktionen am 25. Mai 2004 Bundestagspräsident Wolfgang Thierse übergeben. Eine ausführliche Beratung des Tätigkeitsberichts fand am 17. Juni 2004 im Plenum des Deutschen Bundestages statt (Plenarprotokoll 15/114).
Ausübung der Befugnisse
Im Berichtszeitraum machte der Ausschuss insgesamt fünf Mal von den ihm aufgrund des Gesetzes nach Art 45c des Grundgesetzes eingeräumten besonderen Befugnissen Gebrauch. In zwei Fällen wurde ein Regierungsvertreter vor den Ausschuss geladen. In drei Fällen wurden Ortsbesichtigungen durchgeführt, die jeweils ein reges Medienecho fanden:
- Am 03.02.2004 fand in Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss des saarländischen Landtages ein Ortstermin in Völklingen-Fürstenhausen statt, bei dem es im wesentlichen um den Abbau von Steinkohle unter bebauten Gebieten und die hierdurch verursachten Bergschäden ging.
- Am 21.06.2004 beschäftigte sich der Ausschuss an der Bahnstrecke bei Verden-Dauelsen mit Fragen des Lärmschutzes an Schienenwegen (siehe auch 2.13: einleitende Bemerkungen zu BMVBW).
- Am 13.07.2004 ging es in Castrop-Rauxel um die Frage der Beseitigung eines schienengleichen Bahnübergangs.
Darüber hinaus fanden elf Berichterstattergespräche mit Vertretern der Bundesregierung oder nachgeordneten Bundesbehörden statt.
Überweisung an die Bundesregierung zur Berücksichtigung oder Erwägung
Im Rahmen der Möglichkeiten, die nach den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zur Erledigung einer Petition in Betracht kommen (vgl. Anlage 8, 7.14.f), sind die Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse von hervorgehobener Bedeutung. Ein Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, dem Anliegen des Petenten zu entsprechen. Lautet der Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen, so handelt es sich hierbei um ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, das Anliegen des Petenten noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen.
Im Jahr 2004 überwies der Deutsche Bundestag der Bundesregierung zwei Petitionen zur Berücksichtigung und 31 zur Erwägung.
Eine Übersicht der Antworten der Bundesregierung auf diese Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse und auf bis dato offene aus den Vorjahren ist in Anlage 3 zu finden. Es sind demnach im Berichtszeitraum zwei Antworten der Bundesregierung auf Berücksichtigungsbeschlüsse eingegangen, die beide in der Sache allerdings negative Antworten enthielten. 12 Antworten der Bundesregierung gingen auf Erwägungsbeschlüsse ein, davon acht mit positiver und vier mit negativer Antwort.
Zusammenarbeit mit den Petitionsausschüssen der Landesvolksvertretungen und Zusammenarbeit auf internationaler Ebene
Im Berichtszeitraum fand keine Tagung der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Deutschen Bundestages und der Landesparlamente statt. Die nächste ist für Oktober 2005 in Berlin vorgesehen. Dennoch lässt sich feststellen, dass die Zusammenarbeit mit den Petitionsausschüssen der Landesvolksvertretungen und den Bürgerbeauftragten der Länder Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen eine nicht wegzudenkende feststehende Komponente in der Arbeit des Petitionsausschusses darstellt. Der Austausch von Informationen auf Arbeitsebene, die gegenseitige Information über besondere Vorgänge und die Zusendung der alljährlich vorzulegenden Tätigkeitsberichte sind Grundlage einer vorbildlichen Zusammenarbeit.
Ebenso verhält es sich mit den Kontakten auf europäischer und internationaler Ebene.
In diesem Kontext informierten sich die Mitglieder des Petitionsausschusses über aktuelle Fragen des Petitions- und Ombudsmannwesens, führten mit verschiedenen Ansprechpartnern Gespräche und stellten die Arbeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages als der nationalen Ombudseinrichtung in Deutschland dar.
Im Juni 2004 nahm eine sechsköpfige Delegation des Petitionsausschusses unter der Leitung des Vorsitzenden an einer Tagung der Petitionsausschüsse, Bürgerbeauftragten und Volksanwälte des deutschsprachigen Raums in Europa teil, die auf Einladung der österreichischen Volksanwälte in Wien stattfand.
Das Zusammentreffen reihte sich ein in eine Tradition derartiger Tagungen, die bislang in einem zweijährigen Rhythmus in Deutschland stattfanden. Erstmals wurde eine solche Tagung im deutschsprachigen Ausland abgehalten. Die Tagung diente dem Zweck, unter den ansonsten eigenständigen Einrichtungen über Gemeinsamkeiten im jeweiligen Amtsverständnis zu diskutieren, den Umgang und die Zusammenarbeit mit den Medien zu erörtern, sowie sich über die Kooperation im internationalen Rahmen auszutauschen.
Vertreter von Petitionsausschüssen, Bürgerbeauftragte und Volksanwälte aus Österreich, Deutschland, Italien (Südtirol), der Schweiz, Ungarn, der Tschechischen Republik und Polen nahmen an der Tagung teil, die im Österreichischen Parlament abgehalten wurde.
Zum Abschluss der Tagung bestand für die Teilnehmer Gelegenheit, der Aufzeichnung der Sendung des Österreichischen Fernsehens, ORF, mit dem Titel: „Volksanwalt – Gleiches Recht für alle“ beizuwohnen.
Hintergrund dieser Information über eine Möglichkeit öffentlichen Wirkens von Ombudseinrichtungen ist aus der Sicht des Ausschusses die Notwendigkeit seine Präsenz im Bewusstsein der Bürger weiter zu stärken.
Im September 2004 nahm der Vorsitzende des Petitionsausschusses an der VII. internationalen Konferenz des Internationalen Ombudsmann-Instituts in Quebec/Kanada teil, die alle vier Jahre abgehalten wird und an der rund 400 Ombudsleute, Bürgerbeauftragte und einige Parlamentarier aus nahezu einhundert Staaten teilnahmen. Diese Zusammenkunft verdeutlicht aufs Neue, dass die dort versammelten Einrichtungen ihre Wirksamkeit zu Gunsten der Bürger- und Freiheitsrechte von einer höchst unterschiedlichen rechtlichen und organisatorischen Basis wie auch sehr unterschiedlicher Mandate betreiben. Im internationalen Vergleich – dies habe die Tagung eindringlich gezeigt, – nehme der Petitionsausschuss mit seiner parlamentarischen Kontrolle eher eine Ausnahmestellung ein, da die wenigsten Länder ein solches Gremium im Parlament eingesetzt hätten. Zahlreiche Teilnehmer der Tagung hätten gleichwohl anerkannt, dass dem deutschen Petitionswesen durchaus Modellcharakter zuzumessen sei. Der Ausschussvorsitzende Dr. Karlheinz Guttmacher nahm seine Konferenzteilnahme zum Anlass, eine Stärkung des Petitions- und Ombudswesens zu fordern. Die Konferenz habe – so der Eindruck des Ausschussvorsitzenden – den vielen engagierten Ombudsleuten in aller Welt und gerade auch in den ärmeren Ländern ohne gefestigte demokratische Strukturen und entwickelte Zivilgesellschaft den Rücken gestärkt, in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen. Vor diesem Hintergrund regte er in Übereinstimmung mit den Mitgliedern des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages an, die internationalen Kontakte zu intensivieren und das Wissen über das Petitionswesen weiter zu stärken.
In diesem Sinne reiste im November 2004 eine fünfköpfige Delegation des Petitionsausschusses nach Tschechien, Rumänien und Bulgarien, um mit Vertretern dortiger Petitionsausschüsse, Ombudsleuten und Vertretern weiterer Organisationen zusammenzutreffen, sich umfassend über das Petitions- und Beschwerdewesen in den jungen Demokratien Ost– bzw. Südosteuropas zu informieren und einen Meinungsaustausch über aktuelle Fragen aus den jeweiligen Aufgabengebieten zu führen.
Auch im Jahr 2004 empfing der Petitionsausschuss zahlreiche Delegationen aus dem Ausland. Ihnen gegenüber berichtete er ausführlich von seiner Arbeit und erläuterte das Petitionsverfahren und die Aufgaben und Arbeitsweise des Petitionsausschusses. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang der Besuch der neu geschaffenen Ombudseinrichtung aus Usbekistan, drei Besuchergruppen aus China, eine Gruppe von Parlamentsdirektoren mehrerer afrikanischer Staaten und eine solche aus der Ukraine, eine Abordnung des Beschwerdeausschusses des Auswärtigen Amtes der Niederlande, eine Gruppe junger Abgeordneter und Rechtsexperten aus Ägypten, Jordanien und Kuwait sowie eine Delegation junger Wahlbeobachter aus Serbien/Montenegro.
Bearbeitung von Bürgeranliegen
Angesichts einer zum Teil unübersehbaren Zahl öffentlicher, aber auch privat-wirtschaftlicher Schlichtungsstellen, Ombudseinrichtungen oder spezieller Beauftragteneinrichtungen, die sich als Adressaten für Bitten und Beschwerden den Bürgerinnen und Bürgern anbieten, wird es für diese immer schwerer zu entscheiden, an wen man sich im Einzelfall sinnvollerweise wenden soll oder kann.
Deshalb legt der Petitionsausschuss großen Wert auf die Feststellung, dass das Petitionsrecht des Grundgesetzes (Artikel 17) dem Bürger die Freiheit gibt, selber zu entscheiden, ob er sich mit seiner Bitte oder Beschwerde an das Parlament oder die zuständige Stelle, nämlich eine Behörde oder Einrichtung/einen Beauftragten der Exekutive, oder sich womöglich auch an beide wenden möchte. Er kann sich auch hilfesuchend an den Petitionsausschuss wenden, wenn er mit der Erledigung seiner Bitte oder Beschwerde durch die zuständige Stelle nicht einverstanden ist.
Aus der Sicht des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages ist es eine Selbstverständlichkeit, dass auch eine öffentliche Verwaltung organisatorisch in der Lage ist, Bitten und Beschwerden ihrer Klientel bürgernah und effizient zu bearbeiten. Für Bitten und Beschwerden im Sinne des Petitionsrechtes gemäß Artikel 17 Grundgesetz dürften in der Regel die fachlich zuständigen Organisationseinheiten - einschließlich eventueller Beschwerdeinstanzen - in den einzelnen Geschäftsbereichen der Bundesregierung als zuständige Stelle in der Lage sein, diese Anfragen wirksam wahrzunehmen. Denn dort sind die Aufgabe, die Kompetenz und die Verantwortung für die sachgerechte Erledigung eines Anliegen auch tatsächlich angesiedelt. Inwieweit darüber hinaus die zusätzliche Einrichtung besonderer Organisationsbereiche in Form von Beauftragten, Bürgerbüros oder Ombudseinrichtungen angezeigt sein kann, bedarf einer kritischen Abwägung; die Entscheidung hierüber liegt - die entsprechenden haushaltsrechtlichen Vorraussetzungen müssen natürlich vorliegen - bei den jeweiligen Verwaltungen selber. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Parlamentes und seines Petitionsausschusses in die Organisationsgewalt der Exekutive einzugreifen. Der Petitionsausschuss begrüßt jedoch ausdrücklich Initiativen der Exekutive, die geeignet sind, ein effizientes Beschwerdemanagement in ihrem Zuständigkeitsbereich einzurichten. Was eine derartige Einrichtung für Bürgerinnen und Bürger zu leisten vermag, sollte allerdings für diese transparent sein, damit bei ihnen nicht falsche Hoffnungen geweckt werden. Eine Bezeichnung für eine solche Einrichtung, die die Erwartung vermittelt, dass sie vorrangig dafür geschaffen wurde, Petenten im Einzelfall zu helfen, sollte nur dann verwendet werden, wenn dies auch tatsächlich der Kern ihrer Zuständigkeit ist.
Nach den Erfahrungen des Petitionsausschusses aus seiner eigenen Arbeit, die man uneingeschränkt auch auf andere Petitionsadressaten übertragen kann, ist die Erwartung unserer Bürgerinnen und Bürger hoch, qualifizierte Antworten auf ihre Zuschriften zu erhalten. Sie erwarten, dass man sich mit ihren Anliegen sachgerecht und auf den konkreten Einzelfall abgestimmt auseinandersetzt. Der Bürger sieht in einer lediglich allgemeinen Beantwortung seiner Bitten und Beschwerden, die nicht seine konkrete Problemkonstellation ausdrücklich berücksichtigt, in der Regel keine Hilfe im Sinne eines effizienten Petitionswesens – der Petitionsausschuss sieht dies nicht anders. Dies gilt im übrigen sinngemäß auch für vom Petitionsausschuss von der Bundesregierung erbetenen Stellungnahmen zu Petitionsvorgängen. Der Petitionsausschuss legt deshalb besonders Wert auf präzise, fallbezogene Stellungnahmen aus den Ministerien.
Der starke Anstieg des Eingabenaufkommens beim
Petitionsausschuss
- insbesondere seit dem Jahre 2003 - korrespondiert mit Erfahrungen
im Bereich der Exekutive, dass es erheblicher Anstrengungen bedarf,
um den hinter Bitten und Beschwerden der Bürgerinnen und
Bürger stehenden Problemen des Alltages angemessen Rechnung
tragen zu können.
Es ist der ausdrückliche Sinn des Petitionsrechtes, dass die Bürger in ihrem Bedürfnis nach einer stärkeren Beteiligung in öffentlichen Angelegenheiten sowie nach bürgerfreundlicher und transparenter öffentlicher Verwaltung, aber nicht zuletzt auch in der Abwehr eines fehlerhaften oder unverstandenen Verwaltungshandelns durch einen außergerichtlichen, weitgehend form- und kostenlosen Rechtsbehelf unterstützt werden.
Ein effizientes Petitionswesen bedarf hierzu einer angemessenen organisatorischen und personellen Ausgestaltung der Instrumente für seine Arbeit. Deshalb beobachtet der Ausschuss kritisch die Entwicklung der ihm für seinen Auftrag zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen. Der Stellenabbau in den öffentlichen Personalhaushalten hat über die letzten Jahre kontinuierlich auch einen Beitrag vom Ausschussdienst des Petitionsausschusses gefordert, obwohl das Eingabeaufkommen gerade in der letzten Zeit nennenswert angestiegen ist. Mehr denn je kommt es deshalb im Interesse einer wirksamen parlamentarischen Bearbeitung von Bitten und Beschwerden darauf an, dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages angemessene Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um damit gleichzeitig die durch die Wahrnehmung des Petitionsrechtes ausgeübte parlamentarische Kontrolle gegenüber der Exekutive nicht zu schwächen. Darüber hinaus ist es für den Petitionsausschuss wichtig, im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit bei den Bürgerinnen und Bürgern das Bewusstsein hinsichtlich der parlamentarischen Kontrolle der Bundesregierung und deren nachgeordnete Behörden zu stärken, ihnen die weitgehenden Möglichkeiten und Befugnisse des Petitionsausschusses nahe zu bringen und den Zugang zur parlamentarischen Ombudseinrichtung, nämlich dem Petitionsausschuss, zu erleichtern.
Öffentlichkeits- und Pressearbeit
Einen besonderen Akzent setzte der Petitionsausschuss in seiner Öffentlichkeitsarbeit im Jahr 2004 mit seiner Beteiligung an den Informationsständen des Deutschen Bundestages auf Messen.
Mitglieder des Petitionsausschusses standen assistiert von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes an vier Messeterminen (Berlin, Mannheim, Plauen und Nürnberg) im Rahmen von Bürgersprechstunden zur Verfügung. Sie informierten über ihre Arbeit und das Petitionswesen und nahmen Bitten und Beschwerden entgegen.
Im September 2004 nahm der Petitionsausschuss an den Tagen der Ein- und Ausblicke des Deutschen Bundestages teil. Auch hier standen Mitglieder des Ausschusses sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschussdienstes bereit, um mit neu gestalteten, modernen und ansprechenden Informationsmitteln – z.B. einem neuen Faltblatt und Schautafeln – anlässlich der besonderen Veranstaltung über das Petitionswesen zu informieren und Bitten und Beschwerden entgegen zu nehmen. Es wurden zahlreiche Gespräche mit Petenten geführt, die Anliegen vorbrachten, für die der Deutsche Bundestag zuständig ist.
Anlässlich der Übergabe des Tätigkeitsberichts fand im Juni 2004 eine viel beachtete Pressekonferenz statt, in der der Vorsitzende, begleitet von den Obleuten der Fraktionen, den Vertretern von Presse, Rundfunk und Fernsehen die Tätigkeit des Petitionsausschusses im Jahr 2003 erläuterte und Fragen dazu beantwortete.
Ein zentraler und schon lange nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit des Petitionsausschusses ist seine Darstellung im Internet. Auf www.bundestag.de/Parlament/Ausschüsse/Petitionsausschuss ist eine Rubrik ausschließlich dem Petitionsausschuss, seinen Aufgaben und seinem Wirken gewidmet. Diese Plattform „Petitionswesen im Deutschen Bundestag“ bietet Antworten auf Fragen, die immer wieder rund um das Petitionswesen gestellt werden und informiert über aktuelle Vorgänge. Eine Verlinkung zu „heute im bundestag (hib)“ bietet Gelegenheit, sich jeweils unmittelbar nach den Sitzungen des Ausschusses über die Beschlussfassung zu einem interessanten Fall zu informieren. Im Übrigen sind auch die Tätigkeitsberichte sowie die Beratungen dieser in das umfassende Internet-Angebot integriert.
Darüber hinaus stand der Petitionsausschuss örtlichen, regionalen und überregionalen Medien- und Pressevertretern als tägliche Anlaufstelle für Informationen anlässlich der Beratung von Petitionen zur Verfügung.
Die Ressorts — Hervorzuhebende einzelne Anliegen
Bundeskanzleramt
Mit 188 Eingaben in diesem Berichtsjahr war gegenüber 2003 mit 209 Eingaben ein leichter Rückgang von 21 Eingaben zu verzeichnen.
Ein Schwerpunkt waren Eingaben zur Rechtschreibreform, in denen die 1996 eingeführten Änderungen der Rechtschreibung kritisiert werden.
Der Petitionsausschuss hat dazu fachliche Stellungnahmen der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien eingeholt. Die Eingaben, einschließlich der dazu eingeholten Stellungnahmen, wurden dem Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages zur Kenntnis gegeben, dem Anträge der Fraktionen des Deutschen Bundestages über die Rechtschreibreform zur federführenden Beratung überwiesen sind.
Auswärtiges Amt
Entgegen der leicht ansteigenden Tendenz im Jahr 2003, verringerte sich das Eingabeaufkommen in diesem Berichtszeitraum von 515 auf 371 Eingaben. Dabei bildeten Beschwerden über abgelehnte Visaanträge für Besuchsreisen oder zur Familienzusammenführung nach wie vor den Schwerpunkt.
In weiteren Eingaben wurde der Petitionsausschuss aufgefordert, sich insbesondere in den Entwicklungsländern für den Erhalt der Menschenrechte einzusetzen.
Rechtshilfe im Ausland
Eine Petentin wandte sich an den Petitionsausschuss und bat um Hilfe bei der Beantragung einer Witwenrente für ihre Mutter.
Diese hatte Anfang der 40er Jahre im heutigen Polen geheiratet. Kurz nach der Eheschließung wurde der Ehemann zur deutschen Wehrmacht einberufen und kehrte nicht aus dem Krieg zurück, so dass er als vermisst galt. Nach dem Krieg wurde die Mutter der Petentin nach Deutschland vertrieben. Von dort aus betrieb sie die Suche nach ihrem Ehemann, der leider kein Erfolg zuteil wurde. Eine im Jahr 1957 ausgestellte Todeserklärung wurde per Gerichtsbeschluss wieder aufgehoben, als eine Adresse bekannt geworden war, die darauf hindeutete, dass der Ehemann in England leben könnte. Alle Schreiben, die an diese Adresse gerichtet wurden, kamen jedoch zurück. Für die Einschaltung eines Privatdetektivs zur Aufklärung fehlten die finanziellen Mittel.
Der nunmehr eingeschaltete Petitionsausschuss bat das Auswärtige Amt (AA) um Unterstützung. Problematisch war dabei, dass in England kein dem deutschen System vergleichbares Meldewesen mit Einwohnermeldeämtern existiert. Englische Behörden erteilen demnach keine Auskünfte über Anschriften von Privatpersonen, so dass die gewünschten Personaldaten auf amtlichem Wege nicht ermittelt werden konnten. Es gelang der Deutschen Botschaft in London jedoch aufgrund umfangreicher Recherchen und Mithilfe der Petentin sowohl die Anschrift als auch das Sterbedatum des Ehemannes (19. April 1994) der Mutter der Petentin zu ermitteln. Der Bitte der Petentin entsprechend, hat die Botschaft daraufhin beim zuständigen britischen Standesamt die Sterbeurkunde angefordert.
Danach war es der Petentin möglich, den Sterbefall beim zuständigen britischen Standesamt beurkunden zu lassen und den Antrag ihrer Mutter auf Witwenrente in Großbritannien weiter zu verfolgen.
Bundesministerium des Innern
Die Anzahl der Eingaben, die den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern (BMI) betreffen, lagen im Jahr 2004 bei 1.557 Eingaben. Gegenüber dem Vorjahr (1.591) ist dies ein Rückgang von lediglich 34 Eingaben.
Den Schwerpunkt bildeten die Eingaben aus dem öffentlichen Dienstrecht mit rund 905 Eingaben. Hier standen Fragen zur Alterssicherung und zum Beihilferecht im Vordergrund. Zahlreiche Eingaben im Beihilferecht betrafen die mit der Einführung der so genannten Praxisgebühr verbundene Beihilfekürzung von 10 Euro für Bundesbeamte bei Geltendmachung für ambulante, zahnärztliche und psychotherapeutische Leistungen je Kalendervierteljahr des Entstehens der Aufwendungen. Ein großer Teil der Eingaben richteten sich gegen vermeintliche Beamtenprivilegien, wobei wiederholt der Vorschlag gemacht wurde, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Betroffene Beamte sahen sich dagegen durch Einschnitte in der Beamtenversorgung in unzulässiger Weise in ihrem Vertrauensschutz verletzt und gegenüber Angestellten benachteiligt.
Im Bereich des Ausländer- und Asylrechts sind rund 380 Eingaben eingegangen.
Das Ausländer- und Asylrecht war im Berichtsjahr erneut geprägt von der Erwartung auf Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes. Der nach zähem Ringen gefasste parteiübergreifende Beschluss des Deutschen Bundestages vom 1. Juli 2004 und die danach erfolgte Zustimmung des Bundesrates ermöglichte ein Inkrafttreten der Neuregelungen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zum 1. Januar 2005. Aus zahlreichen Petitionen von abgelehnten Asylbewerbern wurde die Hoffnung deutlich, infolge der neuen Bestimmungen möglicherweise ein Bleiberecht zu erhalten.
Den Schwerpunkt der Petitionen im Ausländer- und Asylrecht bildeten wie bereits in den vergangenen Jahren die Petitionen von abgelehnten Asylbewerberfamilien aus der Türkei, dem Kosovo sowie Serbien und Montenegro, die ein weiteres Bleiberecht erbaten. Viele dieser Familien, auch aus anderen Herkunftsländern, leben bereits seit annähernd zehn oder auch mehr Jahren in Deutschland und haben eine Reihe von Asylverfahren erfolglos durchlaufen. Die letzte Hoffnung dieser Menschen auf weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet besteht oftmals in der Anerkennung von Abschiebeschutz aus gesundheitlichen Gründen nach der bisherigen Regelung des § 53 Abs. 6 Ausländergesetz (AuslG). Im Asylfolgeverfahren und auch im Petitionsverfahren machen sie geltend, an psychischen Erkrankungen, teilweise an sog. „posttraumatischen Belastungsstörungen“ erkrankt zu sein. Wegen einer vermeintlich fehlenden Behandlungsmöglichkeit im Herkunftsland sei eine Rückkehr ausgeschlossen. Für die Zuerkennung von Abschiebeschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG ist erforderlich, dass für den Betroffenen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben bei einer Rückkehr ins Heimatland besteht. Es ist häufig schwierig, diesen Nachweis zu führen, insbesondere dann, wenn die Erkrankung auch im Herkunftsland medizinisch zu behandeln ist. Zwar ist der ärztliche Standard - was im Besonderen für die psychotherapeutische Versorgung gilt - in den Herkunftsländern regelmäßig nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen. Abschiebeschutz aus gesundheitlichen Gründen greift aber nicht bereits dann, wenn sich die medizinische Versorgung für den Rückkehrer verschlechtern würde. Erforderlich ist, dass die Versorgung derart unzureichend ist oder auch die Rückkehrsituation es bedingt, dass Gesundheit und Leben des Petenten unmittelbar in Gefahr gebracht werden. In vielen dieser an den Petitionsausschuss herangetragenen Fällen vermochte der erforderliche Nachweis nicht erbracht werden.
Der Petitionsausschuss ist sich des Schicksals insbesondere der langjährig in Deutschland mit einer Duldung lebenden Asylbewerberfamilien, die sozial und gesellschaftlich integriert sind, bewusst. Das Aufenthaltsgesetz sieht zwar Möglichkeiten vor, nach denen in Härtefällen doch noch ein Bleiberecht zuerkannt werden kann. Die Vielzahl solcher Fälle dürfte jedoch zum einen zu einer Überbeanspruchung der die Härtefälle zu prüfenden Härtefallkommissionen führen. Zum anderen besteht für die Bundesländer keine Verpflichtung, eine Härtefallkommission einzurichten und Härtefälle zu prüfen, so dass Betroffene in Bundesländern, die die Härtefallregelung nicht durchführen, keinerlei Aussicht auf ein darauf beruhendes Bleiberecht haben.
Der Ausschuss hat deshalb an die Fraktionen des Deutschen Bundestages appelliert, im Rahmen künftiger Änderungen des Aufenthaltsgesetzes über rechtlich zufrieden stellende Lösungen nachzudenken.
Zum Themengebiet „Vertriebene, Flüchtlinge, Aussiedler und Politische Häftlinge“ waren rund 230 Eingaben zu verzeichnen. Die meisten Eingaben kamen von Petenten, deren Antrag auf Anerkennung als Spätaussiedler abgelehnt worden war. Hilfestellung war hier nur in wenigen Fällen möglich, da die Überprüfungen im Petitionsverfahren in der Regel bestätigten, dass es den Petenten an den für die Anerkennung erforderlichen deutschen Sprachkenntnissen fehlte oder der Aufnahmeantrag zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid eines anerkannten Angehörigen nicht mehr möglich war. Nicht überzeugen konnte regelmäßig der Vortrag der Petenten, über die Modalitäten des Verfahrens zur Aufnahme als Spätaussiedler nicht ausreichend informiert gewesen zu sein. Nach den Erkenntnissen des Petitionsausschusses lag dies jedenfalls nicht an unzureichenden Informationsmöglichkeiten. Neben dem Angebot von allgemeinen Informationsschriften des Bundesverwaltungsamtes in den Herkunftsländern wurde insbesondere seit dem dritten Quartal 1993 in allen Bescheiden des Bundesverwaltungsamtes (Eingangsbescheide, Zwischenbescheide, Aufnahmebescheide) ein zusätzliches Hinweisblatt beigefügt, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass eine Einbeziehung grundsätzlich nur erfolgen kann, solange der Spätaussiedler sich noch im Herkunftsgebiet aufhält.
Zum Verfassungsrecht gingen im Berichtsjahr rund 170 Eingaben ein. Neben dem Wunsch auf Änderung diverser Grundgesetzartikel standen vor allem Bitten zur Aufnahme von Volksentscheiden und Volksbefragungen in das Grundgesetz, auch zur EU-Verfassung, im Vordergrund. Daneben beanstandeten auch in diesem Jahr einige Petenten die fehlende Vertretung von Kindern in der repräsentativen Demokratie und forderten, ein Stimmrecht der Kinder durch die Eltern ausüben zu lassen.
Zum Abschluss des Berichtsjahres mehrten sich Eingaben, in denen das Verbot der NPD gefordert wird.
Gewährung einer einmaligen finanziellen Unterstützung durch die Stiftung für politische Häftlinge
Eine Petentin, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges in einem Lager in der sowjetischen Besatzungszone inhaftiert war, beklagte sich beim Petitionsausschuss gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Unterstützungsleistungen nach dem Häftlingshilfegesetz. Die zuständige Landesbehörde hatte zunächst festgestellt, dass die Petentin nicht zum berechtigten Personenkreis des Häftlingshilfegesetzes gehörte. Daraufhin hatte die Petentin parallel Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid eingelegt und auch dem Petitionsausschuss Unterlagen mit detaillierten Schilderungen ihrer persönlichen Erlebnisse zugesandt. Im Rahmen der Überprüfung des ablehnenden Bescheides wurde schließlich anerkannt, dass die Petentin die notwendigen Voraussetzungen für die Berechtigung doch erfüllt. Aufgrund des angestrengten Widerspruchverfahrens und der Anrufung des Petitionsausschusses kam die Petentin zu ihrem Recht und erhielt die ihr zustehende einmalige Unterstützungsleistung. Dem Anliegen der Petentin konnte damit in vollem Umfang entsprochen und ihr späte Genugtuung zuteil werden.
Bundesministerium der Justiz
Im Berichtsjahr stieg die Zahl der Eingaben zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) auf 1799.
Einen Schwerpunkt bildeten zahlreiche Beschwerden über das geltende Unterhaltsrecht. Viele Männer beklagten sich über die Zahlung von Unterhalt an getrennt lebende oder geschiedene Ehefrauen, während mehrere Frauen sich über fehlende Möglichkeiten bei der Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche beschwerten.
Mit der Bitte, das unerlaubte Besprühen oder Bemalen von fremdem Eigentum (Graffiti) als Sachbeschädigung zu bestrafen, wandten sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger an den Petitionsausschuss. Die Petitionen konnten im Berichtsjahr noch nicht abschließend behandelt werden.
Ebenso offen blieb die Behandlung einer Petition, die von rund 44.000 Bürgerinnen und Bürgern in Unterschriftenlisten unterstützt wurde, und mit der u.a. ein strengeres Vorgehen gegen die Verbreitung pädophilen Gedankengutes gefordert wurde.
Bundesministerium der Finanzen
Die den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) betreffenden Eingaben machten im Berichtszeitraum etwa 9 v. H. der Eingaben des Jahres 2004 insgesamt aus. In absoluten Zahlen bedeutete dies einen leichten Anstieg auf 1.502 Eingaben gegenüber 1.478 Eingaben im Jahre 2003.
Zahlreiche Eingaben im Finanzbereich bezogen sich auf im Jahre 2004 verkündete Steuergesetze oder in den Bundestag eingebrachte Entwürfe von Steuergesetzen. So erreichten den Petitionsausschuss viele Zuschriften zum
- Gesetzentwurf zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz),
- Gesetzentwurf zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung,
- Gesetzentwurf zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums und
- Gesetzentwurf zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze.
Der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages und den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses entsprechend bat der Petitionsausschuss zu den diese Gesetzentwürfe betreffenden Eingaben den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages jeweils um Stellungnahme, da diesem Ausschuss die federführende Beratung der Gesetzentwürfe oblag. Auf diese Weise werden die mit den Petitionen vorgetragenen Anliegen und Vorschläge auch in die Beratungen des Finanzausschusses und das Gesetzgebungsverfahren "eingespeist" und können dort aufgegriffen werden.
Soweit die Petenten Änderungen der obigen, zwischenzeitlich in Kraft getretenen Gesetze verlangten, musste der Petitionsausschuss regelmäßig darauf verweisen, dass die beschlossenen Gesetze oftmals auf im Rahmen langwieriger Verhandlungen im Vermittlungsausschuss gefundenen Kompromissen beruhten. In diesen Fällen müssen nach der Auffassung des Petitionsausschusses die Erfahrungen mit diesen Gesetzen in der Praxis abgewartet werden, um bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt "nachzujustieren".
Eine Reihe von Eingaben erreichte den Petitionsausschuss auch zu Fragen der Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer. Unverändert hoch ist auch das Eingabeaufkommen für den Bereich Familienleistungsausgleich/Kindergeld. In diesem Bereich zeigte sich wiederum exemplarisch, dass allein die Einschaltung des Petitionsausschusses zu einer nochmaligen sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs führt und in nicht wenigen Petitionen auch dem vorgetragenen Anliegen entsprochen werden konnte.
Die Neuaufnahme von Krediten durch Bund und Länder veranlassten mehrere Petenten, ihre Sorge über die Verschuldung der öffentlichen Haushalte zu äußern. Mit Blick auf die für die nachkommenden Generationen entstehenden Belastungen forderten die Petenten z.B. gesetzliche Regelungen, die eine Neuaufnahme von weiteren Krediten verbieten würden. Der Petitionsausschuss konnte diese Anregung nicht befürworten und wies zur Begründung unter anderem darauf hin, dass die nachfolgenden Generationen nicht nur Verbindlichkeiten, sondern auch entsprechende Forderungen übernehmen werden. Zudem kommen auch den nächsten Generationen die aus den aufgenommenen Krediten finanzierten Infrastrukturmaßnahmen zugute, vorausgesetzt die Nettoneuverschuldung übersteigt – wie im Grundgesetz mit Artikel 115 vorgegeben – im Regelfall nicht die Summe der Investitionen. Ein genereller Verzicht auf jegliche Nettokreditaufnahme würde nach Einschätzung des Petitionsausschusses dagegen den Handlungsspielraum in der Gegenwart volkswirtschaftlich bedenklich einengen und Wachstum sowie Beschäftigung unerwünscht beschränken.
Abriss eines nicht mehr benötigten Feuerwachturms
Eine Petentin bat den Ausschuss um Unterstützung bei ihrer Forderung, einen auf ihrem Grundstück errichteten und nicht mehr benötigten Feuerwachturm abreißen zu lassen. Der Feuerwachturm war im Jahr 1972 von einem staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb der DDR auf dem in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft eingebrachten Grundstück der Petenten errichtet worden. Nach der Wende übernahm das zuständige Amt für Forstwirtschaft den Turm und nutzte ihn weiter bis Ende 1995. Im Frühjahr 1996 wurde der Petentin mitgeteilt, der Turm werde nicht mehr benötigt, da ein digitales Überwachungssystem eingerichtet worden sei. Für eine Entsorgung des Turms sei aber kein Geld vorhanden. Weder der Bund noch das Land Brandenburg zeigten sich in den folgenden Jahren bereit, die Beseitigung des Feuerwachturms zu übernehmen.
Der Petitionsausschuss vertrat nachdrücklich die Auffassung, dass es der Petentin nicht zumutbar sei, in der Angelegenheit auch noch ein Gerichtsverfahren anzustrengen, um darin die Zuständigkeit für die Beseitigung des Feuerwachturms klären zu lassen. Auf Empfehlung des Petitionsausschusses fasste der Deutsche Bundestag deshalb im Dezember 2002 einen Erwägungsbeschluss, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, gemeinsam mit dem Land Brandenburg eine Klärung der Angelegenheit herbeizuführen.
Erst nach ausgesprochen hartnäckigem Insistieren gelang es dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gemeinsam mit dem Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg, zwischen dem BMF und dem Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg eine einvernehmliche Regelung hinsichtlich der anteiligen Übernahme der Kosten eines Abrisses des Feuerwachturms herzustellen. Das BMF teilte schließlich im Januar 2004 mit, die Kosten für einen Abriss des Turms würde ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung jeweils zu 50% von Landes- bzw. Bundesseite getragen. Damit konnte die Angelegenheit nach jahrelangem Bemühen zu einem erfolgreichen Ende geführt werden.
Rückgabe eines vor 1945 enteigneten Gutes
Im Jahr 2003 berichtete der Petitionsausschuss über die Petitionsangelegenheit eines hoch betagten, in Brasilien lebenden Petenten, der die Rückgabe eines ca. 300 Hektar umfassenden, vor dem 8. Mai 1945 unrechtmäßig enteigneten Gutes forderte.
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hatte als Ergebnis seiner Prüfung keinen Zweifel daran, dass mit der seinerzeitigen Enteignung Unrecht geschehen war. Er empfahl deshalb, die Petition dem BMF zur Erwägung zu überweisen und der Landesvolksvertretung von Brandenburg zuzuleiten. Der Zuleitung an den Landtag von Brandenburg lag zugrunde, dass der Bund über die TLG-Immobilien GmbH bzw. die Bodenverwertungs- und verwaltungs GmbH Eigentümer nur eines Teils des zwischenzeitlich zergliederten Gutes war, ein anderer Teil sich im Eigentum des Landes Brandenburg befand und weitere Teile in Privateigentum standen.
Mit Beschluss vom 3. Juli 2003 war der Deutsche Bundestag der Empfehlung des Petitionsausschusses gefolgt.
In seiner Antwort auf den Erwägungsbeschluss berichtete das BMF über eine mit dem Petenten geschlossene Vereinbarung, mit der – soweit die Zuständigkeit des Bundes betroffen – den Forderungen des Petenten zumindest teilweise nachgekommen werden sollte. Zugleich musste der Petitionsausschuss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LAROV) Brandenburg nicht bereit war, die Ansprüche des Petenten anzuerkennen und dabei von der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes Brandenburg gestützt wurde.
Zum 1. Januar 2004 ging nach einer gesetzlichen Novellierung die Zuständigkeit für die Verwaltung der "Brandenburger" Grundstücke vom LAROV Brandenburg auf das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (BAROV) über. Das BAROV teilte die Rechtsauffassung des LAROV Brandenburg nicht, beendete ein zwischenzeitlich beim Bundesverwaltungsgericht anhängiges Revisionsverfahren und leitete für alle weiteren Grundstücke, die im Eigentum des Landes standen, das Verfahren zur Rücknahme des ablehnenden Bescheides des LAROV Brandenburg ein.
Dem Anliegen des Petenten ist damit entsprochen worden, so dass der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages das Petitionsverfahren als positiv erledigt beenden konnte.
Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alcopops)
Ein Petent, Inhaber eines von ihm so bezeichneten "Trend"-Getränkehandels, in dem "moderne" Getränke wie u.a. Energydrinks, Biermischgetränke und Alcopops vertrieben werden, wandte sich gegen die – inzwischen gesetzliche beschlossene – Sondersteuer auf Alcopops. Er befürchtete, er müsse seinen Getränkehandel aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben, wenn – nach der Einführung des Dosenpfandes – nun noch eine Steuer auf Alcopops festgesetzt und damit ein erneuter Strukturwandel eingeleitet werde. Zumindest müssten ggf. die betroffenen Händler finanziell entschädigt werden.
Der Petitionsausschuss holte in der Angelegenheit eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen und des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages ein. Dem Finanzausschuss war parallel zum Petitionsverfahren der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums zur federführenden Beratung überwiesen worden, sodass die vorliegende Petition in die laufenden Beratungen einbezogen werden konnte. Im Ergebnis stellte sich dem Petitionsausschuss die Sach- und Rechtslage wie folgt dar:
Alcopops sind Getränke mit einem Alkoholgehalt von 5-6% vol., die unter Verwendung von branntweinhaltigen Waren sowie Zusatz von Limonaden und Zucker- oder Süßgetränken, wie z.B. Cola, hergestellt werden. Dabei überdeckt der süße Geschmack den Alkohol und beseitigt somit die natürliche Hemmschwelle von Kindern und Jugendlichen gegenüber Alkohol. Nach Untersuchungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellen Alcopops eine dramatisch zunehmende Gefahr für die Gesundheit junger Menschen dar.
Auf dieser Grundlage unterstützte der Petitionsausschuss die mit dem – inzwischen verabschiedeten und am 01.07.2004 in Kraft getretenen – Gesetz zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums verfolgte Zielsetzung, die Preise von Alcopops durch Einführung einer zusätzlichen steuerlichen Belastung in Form der Sondersteuer so zu verteuern (etwa 84 €-Cent pro Flasche), dass sie von jungen Menschen möglichst nicht mehr gekauft werden. Der Ausschuss beschloss deshalb zu empfehlen, das mit der Petition vorgetragene Anliegen nicht zu unterstützen. Auch eine finanzielle Entschädigung der betroffenen Händler konnte der Petitionsausschuss nicht befürworten.
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (Wirtschaft)
Zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit – hier Bereich Wirtschaft – erreichten den Petitionsausschuss im Berichtszeitraum 289 Eingaben. Damit ging die Zahl der Petitionen gegenüber 404 im Vorjahr deutlich zurück. Ein Drittel der Zuschriften betrafen den Bereich Post und Telekommunikation.
Einen Schwerpunkt bildeten – wie im Vorjahr – Eingaben zur Novellierung der Handwerksordnung. Die Petenten kritisierten vor allem die Einordnung bestimmter Handwerksberufe in die Anlage B, für die der Meisterbrief als Zulassungsvoraussetzung nicht mehr zwingend vorgeschrieben ist. Der damit verbundenen Forderung der Rücknahme der Zuordnung konnte der Petitionsausschuss nicht entsprechen. Weitere zahlreiche Petitionen wandten sich gegen die Pflichtmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammern. In einigen Eingaben beanstandeten Bürgerinnen und Bürger Regelungen im Schornsteinfegerrecht und verlangten insbesondere die Abschaffung des Schornsteinfegermonopols.
Zum Bereich des Bergbaus erreichten den Petitionsausschuss mehrere Eingaben, die sich gegen den untertägigen Steinkohleabbau unter bebautem Gebiet im Saarland wandten. Um sich ein eigenes Bild von den in den Zuschriften geschilderten Bergschäden zu verschaffen, führte der Petitionsausschuss gemeinsam mit dem Ausschuss für Eingaben des saarländischen Landtages hierzu im Februar 2004 eine Ortsbesichtigung durch.
Insgesamt 111 Eingaben hatten den Bereich der Post und Telekommunikation zum Thema. Einige Bürgerinnen und Bürger kritisierten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Postdienstleistungen die Schließung von Postfilialen und die Demontage von Briefkästen. Wie im Vorjahr gingen ferner zahlreiche Eingaben zu überhöhten Telefongebühren wegen versteckter Interneteinwahlen ein.
Neuauflage von Postleitzahlenbüchern
Mehrere Bürgerinnen und Bürger wandten sich an den Petitionsausschuss und kritisierten, dass die Deutsche Post AG den Druck von Postleitzahlenbüchern eingestellt habe.
Der Petitionsausschuss hatte sich bereits in der 14. Wahlperiode mit diesem Anliegen befasst und im Hinblick auf eine mögliche Änderung der Post-Universaldienstleistungsverordnung empfohlen, die Petition der Bundesregierung als Material zu überweisen und sie außerdem den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, um diese auf das Anliegen besonders aufmerksam zu machen. Dieser Empfehlung war der Deutsche Bundestag gefolgt.
In ihrer Antwort teilte die Bundesregierung mit, es bestehe weiterhin kein allgemein begründetes Interesse, ein Postleitzahlenbuch in Druckform als Universaldienstleistung zu bestimmen. Dieser Einschätzung konnte sich der Petitionsausschuss nicht anschließen und bat nicht zuletzt aufgrund weiterer Eingaben das Ministerium um eine ergänzende Stellungnahme. Dieses teilte hierzu mit, dass die Deutsche Post AG nunmehr in einer Kundenbefragung den Bedarf erkannt und eine Neuauflage des gedruckten Postleitzahlenbuches für den Sommer 2005 in die Wege geleitet habe.
Damit konnte durch die beharrlichen Bemühungen des Petitionsausschusses dem Anliegen entsprochen werden.
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (Arbeitsverwaltung)
Die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor ein zentrales gesellschaftliches und auch politisches Problem. Dies wird besonders deutlich daran, dass sich die bereits in den Vorjahren zu beobachtende Zunahme der Eingaben aus dem Geschäftsbereich des BMWA - Arbeitsverwaltung - auch in diesem Berichtsjahr fortgesetzt und mit 1.557 Eingaben einen neuen Höchststand erreicht hat.
Der Schwerpunkt lag deshalb wieder bei den Eingaben, die sich gegen die mit der Reform am Arbeitsmarkt vorgenommenen Einschnitte im Leistungsbereich, insbesondere bei der Arbeitslosenhilfe, richteten.
Bei dem Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) – handelt es sich im Gegensatz zur bisherigen Arbeitslosenhilfe - nicht um eine Lohnersatzleistung mit Fürsorgecharakter, sondern vielmehr um eine staatliche, bedarfsorientierte und bedürftigkeitsabhängige reine Fürsorgeleistung.
Schon im Berichtsjahr und noch vor Inkrafttreten der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende am 01.01.2005 wehrten die Petenten sich gegen die neuen Regelungen zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Bemessung der Arbeitslosengeldes II, und forderten einen höheren Grundfreibetrag für Altersvorsorgevermögen. Vielfach wurde auch eine großzügigere Freibetragsregelung bei der Anrechnung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit vorgeschlagen und die unterschiedliche Höhe der Regelleistung für die alten und neuen Bundesländer beanstandet.
Mit den Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt hat der Gesetzgeber die Vorschläge der Kommission zur künftigen Ausgestaltung der Arbeitsmarktpolitik aufgegriffen. Die Gesetze setzen sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite des Arbeitsmarktes an. Sie sollen zur Erschließung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten beitragen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze unterstützen, zu einer durchgreifenden Verbesserung der Qualität und Schnelligkeit der Vermittlung führen sowie das Dienstleistungsangebot der Arbeitsverwaltung neu ausrichten und kundenfreundlich gestalten.
Alle Regelungen, die auf Vorschlägen der Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt beruhen, werden nach Ablauf einer angemessenen Erprobungsphase im Rahmen einer umfassenden Beurteilung geprüft und ausgewertet. Der Petitionsausschuss empfahl deshalb, für die hierbei noch anzustellenden Erwägungen die Eingaben der Bundesregierung - dem BMWA - als Material zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben.
Am Eingabespektrum wird deutlich, dass der Abbau der Massenarbeitslosigkeit nach wie vor zu den dringendsten Problemen der Bundespolitik zählt. Nach Auffassung der Petenten, die auch vom Petitionsausschuss geteilt wird, sind Fortschritte hier nur zu erreichen, wenn es gelingt, die beschäftigungspolitischen Rahmenbedingungen noch effektiver zu gestalten. Nur mit einer zielgenauen Ausrichtung der aktiven Arbeitsförderungsleistung wird es möglich sein, die Wiedereingliederung von Jugendlichen, Langzeitarbeitslosen, älteren oder behinderten Arbeitslosen zu fördern, die häufig von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht sind.
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Die in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) fallenden Neueingaben sind in diesem Jahr weiter angestiegen. Das betrifft insbesondere Probleme des Verbraucherschutzes. Die inhaltliche Palette ist so vielfältig wie das Leben. Sie reicht von der Forderung nach einem eigenständigen Verbraucherschutzgesetz bis zur Kritik an grammatikalisch falschen Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln. Offensichtlich wächst auch das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung, denn gerade in diesem Zusammenhang wurden zahlreiche Bitten und Beschwerden an den Petitionsausschuss gerichtet.
Einen zahlenmäßig hohen Stellenwert hat auch nach wie vor der Tierschutz.
Eine größere Zahl von Eingaben zur geplanten Novellierung des Bundesjagdgesetzes wurde vom Fachausschuss an den Petitionsausschuss weitergeleitet bzw. direkt an ihn gerichtet.
Krank machendes Schuhwerk
Nicht immer ist auf Produkte von renommierten Firmen Verlass. Leider musste ein Petent aus Hamm diese Erfahrung machen.
Mit seiner Eingabe übersandte der Petent ein Gutachten des Chemischen Untersuchungsamtes. Darin wurde festgestellt, dass das Innenleder der Schuhlasche einen Chrom(VI)-Gehalt von 18 mg/kg enthielt. Dies führte beim Petenten vermutlich zu dem von ihm beklagten Quaddelausschlag.
Das um Stellungnahme gebetene BMVEL kam zu der Schlussfolgerung, dass die in der Schuhlasche festgestellten Werte darauf hindeuten, dass die Chromgerbung nicht nach dem international akzeptierten Stand der Technik durchgeführt wurde.
Um ähnliche Vorfälle künftig auszuschließen, sieht das BMVEL Regelungsbedarf im Rahmen der Bedarfsgegenständeverordnung.
Dies wurde auch dem Petenten so mitgeteilt und es bleibt zu hoffen, dass der Petitionsausschuss sich nicht wieder mit krank machendem Schuhwerk befassen muss.
Bundesministerium der Verteidigung
Mit 276 Eingaben im Berichtsjahr gegenüber 339 Eingaben im Vorjahr war in diesem Ressortbereich erneut ein Rückgang der Petitionen zu verzeichnen, allerdings nicht in dem Ausmaße wie im Vorjahr.
Wesentlicher Grund für diesen wiederholten Rückgang ist die sinkende Bedeutung der Eingaben von Wehrpflichtigen. Vor dem Hintergrund der zurückgehenden Anzahl der Einberufungen zum Wehrdienst können die Wehrersatzbehörden den Wünschen der noch heranziehbaren Wehrpflichtigen, u. a. hinsichtlich Einberufungstermin und -ort, in zunehmendem Maße Rechnung tragen, so dass der Pflichtdienst für die Einberufenen sich häufig nicht mehr als persönliche Härte darstellt.
Die Eingaben von Soldaten, die Personalprobleme betrafen, richteten sich im Berichtsjahr schwerpunktmäßig gegen Stationierungsentscheidungen, insbesondere im Zusammenhang mit Standortschließungen. Sie können im Einzelfall nicht unerhebliche Härten und Probleme für die betroffenen Soldaten und ihre Familien nach sich ziehen. Aber auch die Folgen der Standortschließungen für zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr sind vermehrt Gegenstand von Eingaben, da die mit den Standortschließungen verbundenen zum Teil großräumigen Versetzungen häufig schwerwiegende persönliche und familiäre Probleme für die Betroffenen bedeuten, die auch durch die vorgesehenen sozialen Abfederungsmaßnahmen nur schwer ausgeglichen werden können.
Eine zunehmende Rolle spielen weiterhin Eingaben von Soldaten und Beamten der Bundeswehr, die sich gegen Beförderungs- und Verwendungsentscheidungen richten, die aus der Sicht der Betroffenen der Fürsorgeverantwortung des Dienstherrn nicht entsprechen oder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
Auch die Thematik nicht zufrieden stellender Beihilfe und Versorgung spielt in Eingaben von (ehemaligen) Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine größere Rolle. Die Frage einer möglichen Entschädigung von Angehörigen der Bundeswehr, die Gesundheitsschäden durch Radarstrahlen geltend machen, haben mehrere Eingaben aufgeworfen.
Schließlich richteten sich im Berichtsjahr erneut verschiedene Eingaben gegen Lärmbelästigungen, insbesondere gegen übermäßigen Fluglärm. Dabei geht es neben möglichen Lärmschutzmaßnahmen auch um Entschädigungszahlungen an betroffene Grundstücksbesitzer in unmittelbarer Nähe militärischer Flugplätze.
Mehrere Eingaben richteten sich gegen allgemeine verteidigungspolitische Themen, wobei insbesondere der Einsatz der Bundeswehr in Krisengebieten eine Rolle spielt.
Einberufung zum Grundwehrdienst
Ein Wehrpflichtiger wandte sich Anfang Juni 2004 an den Petitionsausschuss mit der Bitte um zeitnahe Einberufung zum Grundwehrdienst – möglichst noch zum 1. Juli 2004. Er begründete seinen Wunsch damit, dass er seit Abschluss seiner Berufsausbildung Ende Juli 2003 arbeitslos sei. Wegen der anstehenden Einberufung zum Wehrdienst sei bislang kein Arbeitgeber bereit gewesen, ihn als Geselle einzustellen. Trotz intensiven Kontakts mit dem Kreiswehrersatzamt sei es wiederholt zu Verzögerungen bei seiner Musterung und damit auch seiner Einberufung gekommen. Ein Dienstantritt zum 1. April 2004 sei nicht zustande gekommen, weil ihn das Kreiswehrersatzamt zu spät – nämlich erst einen Tag vor dem Termin, am 31. März 2004 – über den Einberufungstermin informiert habe. Dem Benehmen nach sei seine Einberufung nunmehr erst zum 1. Januar 2005 vorgesehen.
Der Petitionsausschuss wandte sich wegen des aus seiner Sicht berechtigten Anliegens des Petenten an das Bundesministerium der Verteidigung. Dieses teilte mit, dass die Kreiswehrersatzämter grundsätzlich bemüht seien, die Einberufungswünsche der Wehrpflichtigen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Stellen und unter Berücksichtigung der persönlichen Eignung der Wehrpflichtigen zu erfüllen. Dies gelte vor allem bei Wehrpflichtigen, die, wie der Petent, wegen Arbeitslosigkeit schnellstmöglich zum Grundwehrdienst einberufen werden wollten. Lediglich durch die Verzögerungen bei der Musterung sei der Petent bisher nicht einberufen worden. Aufgrund der besonderen Umstände habe das zuständige Kreiswehrersatzamt in Anbetracht der Petition mit dem ausdrücklichen Einverständnis des Petenten die Einberufung zum gewünschten Termin kurzfristig ermöglichen können.
Damit konnte die Petition erfolgreich im Sinne des Petenten abgeschlossen werden.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
2004 gingen zum Geschäftsbereich des BMFSFJ 149 Eingaben ein, 16 mehr als im Vorjahr. Einen Schwerpunkt bildeten mit 31 Petitionen wiederum die Anliegen zur Kinder- und Jugendhilfe, wobei oft Entscheidung von Jugendämtern und Fragen der Kinderbetreuung angesprochen wurden. 25 Eingaben betrafen Fragen des Zivildienstes. Zum Bundeserziehungsgeld erreichten den Ausschuss 15 Petitionen, die Neuregelungen im Bundeserziehungsgeldgesetz zum 1. Januar 2004 waren nur selten Anlass für eine Eingabe.
Ferner befasste sich der Ausschuss mit Petitionen aus den Bereichen Familienförderung, Unterhaltsvorschuss, Erziehungsgeld, Kindergeld, Heimrecht und Jugendschutz.
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Gesundheit)
Das am 01.01.2004 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung sorgte für einen merklichen Anstieg der Petitionen. Waren die Eingangszahlen für die Bereiche gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung im Vorjahr schon vergleichsweise hoch (1.735), so wurde mit einem Eingang von 4.208 Petitionen im Jahr 2004 die Belastbarkeit des Ausschusses auf eine harte Probe gestellt. Der Ausschuss sah hier seine vorrangige Aufgabe darin, die Notwendigkeit der Gesetzesänderungen zu erläutern. Um auch künftig eine gute medizinische Versorgung für alle zu ermöglichen, war im Hinblick auf den sich aus dem medizinischen Fortschritt und der demographischen Entwicklung ergebenden Kostenanstieg im Gesundheitsbereich eine stärkere Beteiligung der Versicherten an den Kosten unabwendbar.
Der zentrale Eingabeschwerpunkt ergab sich erwartungsgemäß aus einer Änderung im Beitragsrecht, nach der nunmehr auch bei Pflichtversicherten für Versorgungsbezüge der volle allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt wird, für die bislang nur der halbe Beitragssatz galt. Besonders betroffen von dieser Gesetzesänderung sind die Bezieher von Leistungen aus einer Direktversicherung, die in der Vergangenheit nicht der Beitragspflicht unterlagen.
Zahlreiche Eingaben betrafen ferner die grundsätzliche Herausnahme von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten aus der Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Forderungen von Härtefallregelungen.
Auch die Einführung der Praxisgebühr war mit den unterschiedlichsten Themenstellungen Gegenstand zahlreicher Petitionen. Den Ausschuss erreichten Eingaben von Ärzten und Arzthelferinnen, die den Verwaltungsaufwand beklagten. Andere Petenten wandten sich wiederum gegen die unterschiedliche Handhabung der Praxisgebühr im Zusammenhang mit einer Aufnahme in der Notfallambulanz.
Zu diesen Eingabeschwerpunkten wurden Anträge auf Rücknahme der neuen Vorschriften in den Deutschen Bundestag eingebracht. Daher hatte der Petitionsausschuss gemäß § 109 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages jeweils die Stellungnahme des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung einzuholen. Diese Stellungnahmen fließen dann in die abschließenden Entscheidungen des Petitionsausschusses ein.
Einen weiteren Schwerpunkt bildeten die Eingaben zu den neuen Zuzahlungsregelungen. Diese stellten insbesondere am Jahresanfang für die Empfänger von Sozialhilfeleistungen eine starke Belastung dar. Im Laufe des Jahres trat bei diesem Personenkreis zum einen durch das Erreichen der individuellen Belastungsgrenze eine Zuzahlungsbefreiung ein. Zum andern wurde durch Vereinbarungen zwischen den beteiligten Trägern dafür gesorgt, dass die Belastungen auch für diesen Personenkreis am Jahresanfang sozialverträglich bleiben. Auf Unverständnis stieß häufig die Berechnung der individuellen Belastungsgrenze. Hier erklärte der Ausschuss, dass die Berechnung auf das Bruttoeinkommen aller Haushaltsangehörigen unter Berücksichtigung von Freibeträgen abstellt.
Weitere Themenschwerpunkte waren im Jahr 2004 neben all den zahlreichen Petitionen zu den Gesetzesänderungen auch weiterhin die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner sowie die Schaffung eines Krankenversicherungsschutzes für diejenigen, die sich einerseits eine private Krankenversicherung nicht mehr leisten können bzw. von dieser wegen zu hoher Risiken nicht aufgenommen werden und die andererseits die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung nicht erfüllen. Ein häufig geäußertes Anliegen war ferner die Abschaffung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für Selbständige.
Zum Abschluss des Berichtsjahres führte der zum 01.01.2005 in Kraft getretene Beitragszuschlag für Kinderlose in der sozialen Pflegeversicherung zu einem neuen Eingabeschwerpunkt. Unverständnis zeigten insbesondere die ungewollt Kinderlosen, die sich doppelt bestraft fühlen. Der Ausschuss wird hier vorrangig die Rechtslage im Hinblick auf das vom Gesetzgeber umzusetzende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu erläutern haben.
Schutz von Nichtrauchern bei Behördengängen
Ein Petent beklagte, dass "zugequalmte" Räume ihm als Asthmatiker gesundheitlich bis zu Schwindelgefühl und Atemnot zusetzen würden. Behördengänge seien daher für ihn recht problematisch. Passivrauchen führe für alle zu gesundheitlichen Problemen. Er fordert ein Rauchverbot in allen Ämtern mit Publikumsverkehr.
Für den Petitionsausschuss war es nicht einsichtig, warum in Behörden kein generelles Rauchverbot gelten kann. Es darf nicht vom jeweiligen Hausrechtsinhaber abhängen, ob im jeweiligen Amt ein Rauchverbot gilt. Dies ist insbesondere hinsichtlich der zahlreichen Kampagnen gegen das Rauchen wenig überzeugend.
Der Petitionsausschuss empfahl daher, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung – als Material zu überweisen sowie den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben. Es soll damit eine Gesetzesinitiative in dem Sinne angeregt werden, dass in den Ämtern in Deutschland nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Bürger vor dem Passivrauchen geschützt werden. Dies scheint nicht nur im Hinblick auf eine bürgerfreundliche Verwaltung angebracht zu sein, sondern liegt auch im Interesse der Verbesserung der Gesundheit aller.
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale
Sicherung
(Soziale Sicherung)
Zum Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung erreichten den Petitionsausschuss im Berichtsjahr rund 3.300 Eingaben.
Bereits im Jahre 2002 hatte sich weiterer Konsolidierungsbedarf in der gesetzlichen Rentenversicherung abgezeichnet. Aufgrund der Vorschläge der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme (so genannte Rürup-Kommission) wurden zunächst Ende 2003 mit dem Zweiten und dem Dritten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze kurzfristige Maßnahmen zur Beibehaltung des Beitragssatzes von 19,5 % für das Jahr 2004 beschlossen. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die von zahlreichen Petenten kritisiert wurden, gehörten die Einführung der vollen Beitragszahlung der Rentner für die Pflegeversicherung ab 1. April 2004, die Aussetzung der Rentenanpassung 2004 („Nullrunde“ für Rentner) und die künftige Verlegung der Rentenauszahlung auf das Monatsende. Angesichts der finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung sah der Petitionsausschuss keine Möglichkeit, die Anliegen auf Wiedereinführung der paritätischen Beitragstragung für die Pflegeversicherung und auf Durchführung einer Rentenanpassung für 2004 zu unterstützen. Zu einer Beratung der Petitionen zur Verlegung der Rentenauszahlung auf das Monatsende ist es im Berichtsjahr nicht mehr gekommen.
Zahlreiche Eingaben richteten sich gegen das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeits-gesetz), das am 11. März 2004 durch den Deutschen Bundestag angenommen und am 26. Juli 2004 verkündet.
Die Petenten forderten insbesondere, den weiteren Abbau von Sozialleistungen verbunden mit einer einseitigen Belastung älterer Menschen zu verhindern und die Rechtsansprüche der heutigen Rentner nicht aufs Spiel zu setzen; dabei sollten der Generationenvertrag aufrecht erhalten bleiben sowie alle Bürger in die Versicherungspflicht einbezogen und versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln finanziert werden. Ausdrücklich wurde auch die Streichung der Anerkennung bewerteter Ausbildungszeiten, der so genannte Nachhaltigkeitsfaktor bei künftigen Rentenanpassungen und die gesetzliche Vertrauensschutzregelung bei der Anhebung der Altersgrenze für die frühestmögliche Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in den Jahren 2006 bis 2008 kritisiert. Während sich der Petitionsausschuss nicht in der Lage sah, die Beibehaltung bewerteter Ausbildungszeiten für die Rentenberechnung zu befürworten, war ihm die Überprüfung der übrigen Anliegen bis zum Ende des Berichtsjahres nicht mehr möglich.
Mehrere Petenten wandten sich dagegen, dass Tagespflegepersonen seit 2001 wiederholt als Selbständige in die Rentenversicherungspflicht einbezogen worden sind und Beiträge für mehrere Jahre nachzahlen müssen. Unter Berücksichtigung dessen, dass Tagespflegepersonen im Grunde bereits seit Jahrzehnten der Rentenversicherungspflicht unterliegen, kam der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung zu dem Schluss, dass Umstände, die die soziale Schutzbedürftigkeit von Tagespflegepersonen grundsätzlich in Frage stellen würden, nicht erkennbar sind und zudem eine generelle Herausnahme der Tagespflegepersonen aus der Rentenversicherungspflicht eine Präjudizwirkung für andere Gruppen von Selbständigen, insbesondere selbständige Lehrer, auslösen würde, die zu einer nicht gewollten Erosion des versicherungspflichtigen Personenkreises in der Rentenversicherung führen könnte. Der Ausschuss vermochte daher das Anliegen der Petenten nicht zu unterstützen.
Nach wie vor wurde in vielen Petitionen aus den neuen Bundesländern gefordert, den aktuellen Rentenwert (Ost) schneller auf das Niveau des aktuellen Rentenwerts (West) anzuheben. Die Petenten konnten nur auf die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses aus dem Jahre 2003 verwiesen werden, wonach sich der Ausschuss im Ergebnis nicht in der Lage sieht, dieses Anliegen zu unterstützen.
Mehrere Petenten aus den neuen Bundesländern kritisierten, dass Personen, die neben einer Versorgungszusage für ein Zusatzversorgungssystem in der ehemaligen DDR Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtet haben, keine höheren Rentenleistungen erhalten als Zusatzversorgte, die solche Beiträge nicht geleistet haben. Dieses Anliegen war bereits in der 14. Wahlperiode Gegenstand der parlamentarischen Prüfung durch den Petitionsausschuss. Die tragenden Überlegungen, die seinerzeit zu einem die Petenten nicht zufrieden stellenden Ergebnis geführt hatten, waren für den Petitionsausschuss nach erneuter Prüfung auch diesmal maßgebend. Ergänzend verwies er auf das Leiturteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 zur Überführung der in Zusatz- und Sonderversorgungssystemen erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung und auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Zusammentreffen von Zusatzversorgungszeiten und FZR-Beiträgen. Danach bestand für den Ausschuss auch zum Zeitpunkt seiner neuen Beschlussempfehlung keine Möglichkeit, eine Rechtsänderung im Sinne der Petitionen zu befürworten.
In mehreren Petitionen aus den neuen Bundesländern wurde kritisiert, dass eine Anerkennung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in solchen Fällen versagt wird, in denen am 30. Juni 1990 eine entsprechende Beschäftigung in einem volkseigenen Betrieb nicht mehr ausgeübt worden ist. Unter Berufung auf gefestigte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führte der Petitionsausschuss aus, dass das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz für im Beitrittsgebiet aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen erworbene Ansprüche und Anwartschaften gelte. „Erworben“ in diesem Sinne seien solche Versorgungsanwartschaften, wenn die Nichteinbezogenen rückschauend nach den zu Bundesrecht gewordenen Regeln der Versorgungssysteme praktisch und rechtsgrundsätzlich im Regelfall am 30. Juni 1990 hätte einbezogen werden müssen. Hierzu zählten alle diejenigen, die am 30. Juni 1990 nach der Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen Qualifikation sowie der „Beschäftigungsstelle“ aus bundesrechtlicher Sicht in das Versorgungssystem einzubeziehen waren und denen eine Zusage auf Versorgung hätte erteilt werden müssen. Wer am 30. Juni 1990 - aus welchen Gründen auch immer - keine entsprechende Beschäftigung in einem volkseigenen Betrieb ausgeübt habe, könne eine Anerkennung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nicht verlangen.
Die ablehnende Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses erging mit den Stimmen der Fraktion der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP.
Zahlreiche Petenten aus den neuen Bundesländern - insbesondere ehemalige Mitarbeiter der Interflug GmbH - beschwerten sich darüber, dass ihnen die Anerkennung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz mit der Begründung verweigert werde, dass sie keine Versorgungszusage erhalten hätten und nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb bzw. in einem solchen Betrieb gleichgestellten Betrieb tätig gewesen seien. Auch hierzu liegt einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vor, die der Petitionsausschuss nicht zu ignorieren vermochte. Danach ist für den Bereich der technischen Intelligenz die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 i.V.m. der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 maßgebend. Sowohl die Interflug GmbH als auch die übrigen in den Petitionen genannten Betriebe waren keine volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens bzw. keine solchen Betrieben gleichgestellte Betriebe. Der Petitionsausschuss sah daher keine Möglichkeit, dass die in solchen Betrieben tätig gewesenen Petenten in die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz einbezogen werden könnten.
Weitere Anliegen, mit denen sich der Petitionsausschuss aufgrund zahlreicher Eingaben aus den neuen Bundesländern auch im Jahre 2004 befasst hat, sind die Forderung auf Einbeziehung weiterer Berufe - z.B. Diplom-Chemiker - in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz, die Kritik an einer Ungleichbehandlung der Akademiker in den neuen Bundesländern hinsichtlich ihrer Altersversorgung und Beschwerden ehemaliger Beschäftigter der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post über die Modalitäten der Überführung ihrer Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung. Diese Petitionen konnten im Berichtszeitraum keiner abschließenden Beratung zugeführt werden.
Mit 127 Eingaben hat es bei den Petitionen zur gesetzlichen Unfallversicherung eine geringfügige Erhöhung gegenüber dem Vorjahr gegeben. Die meisten Anliegen betrafen die Leistungen der Unfallversicherung, zu beitragsrechtlichen Problemen erreichten den Petitionsausschuss 19 Eingaben.
Weitergewährung einer befristeten Rente
Eine Petentin aus Schleswig-Holstein wandte sich an den Petitionsausschuss und beanstandete die medizinische Sachverhaltsaufklärung der BfA im Verfahren auf Weitergewährung einer befristeten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sowie die Dauer des Verfahrens.
Die Prüfung unter Einbeziehung einer Stellungnahme des BVA ergab, dass der beratungsärztliche Dienst der BfA nach Auswertung der von den behandelnden Ärzten eingeholten Befundberichte zur umfassenden Beurteilung des Leistungsvermögens der Petentin fachärztliche Begutachtungen auf dem Gebiet der Inneren Medizin und der Neurologie/Psychiatrie für erforderlich gehalten hatte.
Da sich die Erstellung des neurologisch/psychiatrischen Gutachtens trotz Erinnerung des Gutachters und Einschaltung der Ärztekammer verzögert hatte und zwischenzeitlich der Bewilligungszeitraum abgelaufen war, nahm der Versicherungsträger die Eingabe zum Anlass, noch einmal den beratungsärztlichen Dienst einzuschalten.
Dies führte dazu, dass der Petentin die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zunächst befristet bis zum 30. April 2004 weitergezahlt werden konnte. Darüber hinaus wurde ein neuer Gutachter bestellt.
Der Versicherungsträger unterrichtete die Petentin über das weitere Verfahren und entschuldigte sich bei ihr für die eingetretenen Verzögerungen und die ihr entstandenen Unannehmlichkeiten.
Nach Auswertung sämtlicher medizinischer Unterlagen gelangte der beratungsärztliche Dienst der BfA schließlich zu dem Ergebnis, dass die Petentin weiterhin erwerbsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist und eine Besserung des Gesundheitszustandes unwahrscheinlich sei. Infolge dessen wurde die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nunmehr auf unbestimmte Zeit bewilligt.
Dem Anliegen der Petentin wurde damit Rechnung getragen.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen
Die Anzahl der Zuschriften, die den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) betrafen, lag im Jahr 2004 bei 736 Eingaben. Gegenüber dem Vorjahr (994) ist dies ein Rückgang von 258 Eingaben.
Den Schwerpunkt bildeten - wie schon in den Jahren davor - die Eingaben aus dem Verkehrsbereich (680).
Innerhalb des Verkehrsbereichs hatte ein großer Teil der Eingaben - wie auch schon in den Jahren davor - Straßenbauvorhaben des Bundes zum Gegenstand.
Soweit es um die Einstufung von Vorhaben in den neuen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ging – hier waren auch noch die dazu bereits in den Jahren 2002/2003 eingegangenen Petitionen zu berücksichtigen - lag dem Petitionsausschuss für seine abschließende Entscheidung zu den einzelnen Eingaben erst ab Mitte des Jahres die nach § 109 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages eingeholte Stellungnahme des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vor. Aus dieser ergab sich, dass bei der endgültigen Einstufung der Straßenbauvorhaben den Wünschen etlicher Petenten Rechnung getragen werden konnte.
Zahlenmäßig rückläufig gegenüber den Vorjahren waren Eingaben zum Thema Lärmschutz an Straßen- und Schienenwegen sowie im Luftverkehr. Dennoch beschäftigte eine Eingabe aus dem Bereich Lärmschutz an bestehenden Schienenwegen den Petitionsausschuss besonders. Bürger des Ortsteils Dauelsen der Stadt Verden (Aller) beschwerten sich beim Ausschuss über ihrer Meinung nach unzureichenden Lärmschutz an der Bahnstrecke Hannover – Bremen in der Ortsdurchfahrt Dauelsen. Da der Ausschuss bereits in der 13. Wahlperiode durch einen Erwägungsbeschluss zu einer entsprechenden Eingabe von Anwohnern entscheidend dazu beigetragen hatte, dass der Streckenabschnitt im Bereich der Ortschaft Dauelsen als Härtefall in das Sonderprogramm der Bundesregierung „Lärmschutz an bestehenden Schienenwegen“ aufgenommen worden war, interessierte es ihn natürlich zu erfahren, warum auf einmal ein Teilstück dieses Streckenbereichs keine Lärmschutzwand erhalten sollte. Nachdem ihn die dazu eingeholten Stellungnahmen des BMVBW bzw. des Eisenbahnbundesamtes (EBA) nicht befriedigt hatten, begab sich der Petitionsausschuss nach Verden-Dauelsen, um sich vor Ort über die Lärmsituation zu informieren und durch ein Gespräch mit den Bürgern, Vertretern des BMVBW, des EBA sowie der DB AG als Planerin der Lärmschutzmaßnahmen eine Meinung für eine spätere Entscheidung zu bilden. Dem Ortstermin folgte ein weiteres Gespräch mit Vertretern des BMVBW, des EBA und der DB AG in Berlin. Im Ergebnis stellte der Ausschuss fest, dass es sich vorliegend um einen Fall der Lärmsanierung handelt, es also um eine freiwillige Leistung geht, auf die kein Rechtsanspruch besteht, und dass auch die Wirtschaftlichkeitsprüfung des EBA grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Dennoch hielt er es für geboten, sich nachhaltig für den Bau der geforderten Lärmschutzwand und damit die Schließung der vorhandenen „Lücke“ einzusetzen. Entscheidend war für ihn dabei, dass in diesem Fall die Bahn offensichtlich ohne eine vorherige Abstimmung mit dem EBA zur Frage der Finanzierbarkeit seine Planungen zu dem Streckenabschnitt im Bereich Dauelsen öffentlich gemacht und damit bei den Bürgern ein entsprechendes Vertrauen geschaffen hatte, dass der Lärmschutz durchgängig sein würde. Dieses Vertrauen der Bürger dürfe nicht enttäuscht werden. Der Petitionsausschuss empfahl deshalb, die Petition der Bundesregierung - dem BMVBW - zur Berücksichtigung zu erweisen, und der deutsche Bundestag folgte dieser Empfehlung. Mittlerweile hat das BMVBW mitgeteilt, dass es der Beschlussempfehlung folgen wird. Die von den Petenten geforderte Lärmschutzwand wird gebaut. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die dem Petitionsausschuss zur Verfügung stehenden Instrumente des Ortstermins und des erweiterten Berichterstattergesprächs sehr hilfreich sein können, um in einer Petition zu einer sachgerechten Entscheidung zu kommen.
Zahlreiche Eingaben beschäftigten sich mit der Straßenverkehrordnung. Es wurden viele Änderungs- bzw. Verbesserungsvorschläge gemacht, vom Tempolimit auf Autobahnen über eine Ausweitung der bundeseinheitlichen Parkerleichterungen für Schwerbehinderte bis hin zu Reaktionstests für lebensältere Fahrerlaubnisinhaber. Die Vorschläge waren jedoch entweder nicht überzeugend oder es gab gewichtige Gründe, die gegen ihre Einführung sprachen.
Im Bereich des Eisenbahnwesens betrafen die Eingaben schwerpunktmäßig – wie auch in den Vorjahren – die Deutsche Bahn AG (DB AG). Dabei ging es vor allem um Beschwerden über die Kundenbetreuung und den sonstigen Service, aber auch um die Fahrpreisgestaltung sowie die Ausdünnung des Zugangebots auf bestimmten Strecken. Angemahnt wurde auch eine Stärkung der Verbraucherrechte für die Bahnkunden. Auffallend dabei war, dass die Petenten wieder zunehmend eine Einflussnahme des Bundes auf das Geschäftsgebaren der Bahn forderten. Der Petitionsausschuss konnte hier jedoch mangels Zuständigkeit nicht weiterhelfen.
Im Bereich des Luftverkehrs gab es zahlreiche Eingaben, die sich gegen die Einführung von Flugbeschränkungsgebieten um Kernkraftwerke ausschließlich für Sichtflieger aus Gründen der Gefahrenabwehr richteten. Die Petenten waren der Auffassung, diese Maßnahme bringe keinen Sicherheitsgewinn für die Allgemeinheit und sei eine übertriebene Reaktion des BMVBW nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Der Petitionsausschuss konnte diese Auffassung jedoch nicht teilen.
Mautbefreiung für Fahrzeuge von Hilfsorganisationen
Dem Anliegen eines gemeinnützigen Vereins zur Durchführung von Hilfsgütertransporten, seine Fahrzeuge von der Autobahnbenutzungsgebühr zu befreien, war auf Empfehlung des Petitionsausschusses vom Deutschen Bundestag im Jahr 2003 dahingehend Rechnung getragen worden, dass die Petition der Bundesregierung – dem BMVBW – zur Erwägung überwiesen worden war mit der Maßgabe, eine Erweiterung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Absatz 2 Autobahnmautgesetz (ABMG) vorzusehen. Danach sollten künftig auch Fahrzeuge von gemeinnützigen Vereinen, deren Zweck es ist, Hilfsgütertransporte durchzuführen, von der Autobahnmaut befreit sein, soweit sie ausschließlich für diese Zwecke eingesetzt werden.
Des Weiteren war die Petition den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis gegeben worden, weil sie für eine parlamentarische Initiative geeignet erschien.
Die Bundesregierung – das BMVBW – teilte als Antwort auf den Erwägungsbeschluss mit, es werde – auch mit Blick auf die in den Nachbarstaaten Schweiz und Österreich bestehende Möglichkeit zur Gebührenbefreiung – geprüft, gesetzliche Ausnahmeregelungen in Form von „Kann-Bestimmungen“ für humanitäre Hilfsorganisationen zu schaffen.
Im parlamentarischen Raum hat die Fraktion der CDU/CSU das Thema aufgegriffen und einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht, der auch im Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen beraten wurde. Der Verkehrsausschuss erklärte den Antrag einstimmig für erledigt, nachdem die Koalitionsfraktionen im Rahmen der Beratungen über den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Autobahnmautgesetzes für schwere Nutzfahrzeuge einen Änderungsantrag eingebracht hatten, in dem es u. a. genau darum ging, den Ausnahmetatbestand des § 1 Absatz 2 ABMG um Fahrzeuge zu erweitern, die für humanitäre Hilfstransporte eingesetzt werden. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.
Inzwischen hat der Deutsche Bundestag das Erste Gesetz zur Änderung des ABMG entsprechend den Empfehlungen des Verkehrsausschusses verabschiedet.
Somit werden zukünftig auch Fahrzeuge von Hilfsorganisationen von der Maut befreit sein. Die Petition konnte also im Ergebnis positiv abgeschlossen werden.
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ein Anstieg der Petitionen im Berichtsjahr von 172 auf 204 Eingaben - oder anders ausgedrückt um nahezu 20% - belegen das steigende Interesse, dass dem Themenkreis "Umwelt" entgegengebracht wird.
Neben Kernthemen wie Sicherheit von Atomkraftanlagen oder Atomtransporten, CO2-Emissionshandel oder die Umsetzung des Bundesbodenschutzgesetzes befassten sich zahlreiche Eingaben mit der Nutzung erneuerbarer Energien.
So beklagten enttäuschte Investoren, dass für ihre Solarstromanlagen keine Fördermittel bewilligt worden seien. Der Petitionsausschuss stellte im Verlauf seiner Prüfung fest, dass in einer Reihe dieser Fälle der Erwerb der Anlage bereits vor der Antragstellung erfolgt war, was eine Förderung ausschließt. In anderen Fällen war zwar bereits ein Bewilligungsbescheid erteilt worden. Die Antragsteller hatten dann aber innerhalb des mit dem Bescheid zugleich vorgegebenen Bewilligungszeitraumes die Solarstromanlage nicht vollständig installiert, sodass nach der Überschreitung der Frist trotz eines positiven Bewilligungsbescheides auch hier die Auszahlung des Förderbetrages unterbleiben musste.
Die Nutzung Erneuerbarer Energien führte auch bezüglich Windkraftanlagen (Windparks) in zahlreichen Fällen zu Eingaben, die sich gegen die Errichtung entsprechender Anlagen in ihrer Nachbarschaft wandten. Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages konnte zu diesen Beschwerden jedoch regelmäßig keine inhaltliche Prüfung durchführen, da die Zuständigkeit für eine solche parlamentarische Prüfung ausschließlich bei der jeweiligen Landesvolksvertretung liegt. Der Ausschuss konnte somit die Eingaben nur an das betreffende Landesparlament weiterleiten und die Petenten hierüber unterrichten. Entsprechendes gilt im Übrigen auch für die Eingaben, mit denen Petenten sich über den Bau kommunaler Abwasserkläranlagen oder aber die Höhe der Abwassergebühren beklagten.
„Monopolstellung“ der Schornsteinfeger
Ein Petent beanstandete, dass die von Schornsteinfegern für eine Abgasmessung verlangten Gebühren zu hoch seien. Hierfür verantwortlich sei eine "Monopolstellung" von Schornsteinfegern, die private Heizungsbauer von den staatlich vorgeschriebenen Messungen ausschließe. Somit entfalle eine den Preis regulierende Konkurrenz für die Schornsteinfeger, obwohl Heizungsbauer bei Messungen evt. aufgezeigte Mängel sogar sofort beheben könnten.
Der Petitionsausschuss konnte nach eingehender Prüfung unter Anhörung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die Forderung des Petenten, die im staatlichen Auftrag durchzuführenden Prüfungen auch anderen Personen als Schornsteinfegern zu übertragen, nicht unterstützen.
Mit der vorgeschriebenen Verpflichtung für Betreiber von Feuerungsanlagen, wiederkehrende Abgasmessungen vornehmen zu lassen, soll sichergestellt werden, dass Feuerungsanlagen auf Dauer immissionsarm betrieben werden. Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz sind die zuständigen Behörden verpflichtet, die Durchführung des Gesetzes sowie der darauf gestützten Rechtsverordnungen zu überwachen. Da die Behörden diesen Auftrag aufgrund der Vielzahl häuslicher Feuerungsanlagen nicht selbst durchführen können, wird auf die Fachkunde des Schornsteinfegerhandwerkes zurückgegriffen.
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hält diese Zuweisung für sachgerecht. Der Ausschuss lässt sich dabei von der Überlegung leiten, dass die Eigenverantwortung der Betreiber von Kleinfeuerungsanlagen und die staatliche Kontrolle streng voneinander getrennt werden müssen. Der Schornsteinfeger nimmt die genannten, staatlich übertragenen Überwachungshandlungen ohne Eigeninteresse wahr. Bei der Heranziehung von Heizungsfachfirmen für diese Kontrollaufgaben wären dagegen Interessenkonflikte nicht auszuschließen, wenn die Firmen auch Wartungs- oder Instandsetzungsarbeiten durchführten. Bei den im staatlichen Auftrag durchzuführenden Messungen müssten diese Betriebe letztlich ihre eigene Arbeit bewerten. Dies hielt der Ausschuss nicht für sinnvoll.
Der Petitionsausschuss empfahl deshalb, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen aus den genannten Gründen nicht entsprochen werden konnte.
Zwischenzeitlich ist dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit des Deutschen Bundestages ein Fraktionsantrag „Bürokratieabbau und mehr Bürgernähe durch Wettbewerb im Schornsteinfegerwesen“ vom Parlament überwiesen worden. Anlässlich weiterer sachgleicher Petitionen, die den Petitionsausschuss nach dieser Überweisung erreichten, ist der Fachausschuss um Abgabe einer Stellungnahme nach § 109 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages gebeten worden.
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Wie bereits in den Vorjahren bildeten auch in diesem Berichtszeitraum bei den Eingaben aus dem Geschäftsbereich des BMBF die Beschwerden über die Rückzahlung der in Darlehensform gewährten Ausbildungsförderung den Schwerpunkt.
Viele Eingaben spiegelten die in diesem Berichtszeitraum geführte Föderalismusdiskussion wider. Mehrere Bürgerinnen und Bürger unterbreiteten Vorschläge zur Neuorganisation des Bildungswesens in Deutschland.
Unterstützt durch tausende Unterschriften forderten mehrere Petenten, durch eine gesetzliche Regelung für alle Jugendlichen eine qualifizierte Berufsausbildung zu garantieren. Der Petitionsausschuss empfahl, die Petition der Bundesregierung, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, als Material zu überweisen, um sie in die Überlegungen zur Modernisierung der beruflichen Bildung einzubeziehen.
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Gegenüber den Vorjahren zeigte sich im Berichtszeitraum beim Eingabespektrum aus dem Geschäftsbereich des BMZ eine sinkende Tendenz. In den Eingaben wurden Personal- und entwicklungspolitische Fragen angesprochen.