Die Europäische Union will normale diplomatische Beziehungen zur Notregierung in Ramallah unter dem neuen Ministerpräsidenten Salam Fajad aufnehmen. Ferner soll die ausgesetzte Direkthilfe für den Haushalt der Palästinensischen Autonomiebehörde möglichst bald wieder fließen. Das beschloss der Rat der Europäischen Außenminister am bei seinem Treffen in Luxemburg.
EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (EVP) begrüßte diese Entscheidung bei einer Plenardebatte zur Lage in den palästinensischen Gebieten am 19. Juni in Straßburg. Er rief die Palästinenser dazu auf, zum Dialog zurückzukehren. An die Adresse Israels gerichtet forderte er, die eingefrorenen Zoll- und Steuereinnahmen in Höhe von ungefähr 800 Millionen Dollar an die Notregierung auszuzahlen. "Israelis und Palästinenser haben die gleiche Würde. Sie haben das Recht, in gesicherten Grenzen zu leben", betonte Pöttering.
In der sich anschließenden Debatte stellten mehrere Abgeordnete die kritische Frage, ob der Riss zwischen Fatah und Hamas teilweise als Folge verfehlter europäischer Nahost-Politik begriffen werden müsse. Martin Schulz, der Vorsitzende der Sozialistischen Fraktion fragte: "Warum hat der Außenministerrat erst jetzt beschlossen, die Hilfen wieder aufzunehmen, nachdem die staatliche Ordnung auseinander gebrochen ist?" Der Vorsitzende der Liberalen, Graham Watson, stimmte dem indirekt zu. Der Dialog mit den gemäßigten Kräften in der demokratisch gewählten Regierung hätte fortgeführt werden müssen, dann wäre die Situation nicht so eskaliert.
Am 20. Juni debattierten die Abgeordnetendann über das Mittelmeerhilfsprogramm MEDA. Auf Grund der aktuellen Lage in Palästina konzentrierten sich fast alle Debattenredner auf diesen Aspekt des Programms. Staatsminister Günter Gloser sagte für die deutsche Ratspräsidentschaft, der nach der Wahl im Januar 2006 anstelle der direkten Budgethilfe eingerichtete Zahlungsmechanismus (TIM) habe sich bewährt. "TIM hat die nötigsten Bedürfnisse der palästinensischen Bevölkerung aufgefangen. Vergangenes Jahr wurden über diesen Mechanismus knapp 700 Millionen Euro aus den Mitgliedstaaten und dem EU-Budget ausgezahlt."
Der portugiesische Sozialist Paulo Casaca bedauerte, dass eine Untersuchung der Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF über TIM unter Verschluss gehalten werde. "Wir können nicht garantieren, dass die Gemeinschaftsmittel korrekt verwendet wurden und nicht in Kriegsmaterial oder Hasspropaganda geflossen sind."
Seine französische Fraktionskollegin Véronique de Keyser sagte hingegen, es hätten sich keine Hinweise für Korruption und Missmanagement bei den Geldtransfers von Brüssel nach Palästina ergeben. Es seien aber offenbar politische Fehler gemacht worden, erklärte die Europaparlamentarierin.