Es kommt selten vor, dass ein Geheimdienstler öffentlich auf Distanz zu seinem Chef geht, in diesem Fall zum früheren Dienstherrn. Insofern hatte der Auftritt Michael Hildebrandts im Untersuchungsausschuss seinen Reiz: 2002 war er beim BND Vorgesetzter jener zwei Mitarbeiter, die im September jenes Jahres zu einem Verhör des einstigen Guantanamo-Gefangenen Murat Kurnaz in das US-Lager entsandt worden waren. Trotz massiver Vorhaltungen von SPD-Obmann Thomas Oppermann widerspricht Hildebrandt dem Urteil des seinerzeitigen BND-Präsidenten August Hanning, der die Einschätzung der beiden Vernehmer, von Kurnaz gehe "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" keine Gefährdung aus, im Ausschuss als "unprofessionell" und "grob fehlerhaft" abqualifiziert hatte.
Hildebrandt stellt sich hinter die Kurnaz entlastende Sicherheitsprognose der BND-Angehörigen, deren Bericht über die Befragung in Guantanamo "in Ordnung" gewesen sei. Es sei normal, wenn die Dienstleitung zu anderen Bewertungen kommen könne als Untergebene. Indes zeigt sich der Zeuge "schon überrascht", dass er von Hannings scharfer Kritik erst aus den Medien erfahren habe. BND-intern habe sich Hanning so nicht geäußert. Im Übrigen habe 2002 nach dem Guantanamo-Verhör auch der daran beteiligte Verfassungsschutz-Mitarbeiter trotz einiger offener Fragen im Kern das Urteil der BND-Vertreter bestätigt.
Die Oppositionsfraktionen haben beantragt ( 16/5751 ), den Untersuchungsauftrag des Ausschusses auf den Fall des Deutsch-Ägypters Abdel-Halim Khafagy auszuweiten, der von September 2001 an mehrere Monate in einem bosnischen US-Lager inhaftiert war. Entscheiden wird der Bundestag vermutlich Anfang Juli.