GLOS-PAPIER
Vorschläge des Wirtschaftsministers in der Kritik
Mit seiner wirtschafts- und finanzpolitischen Mittelfriststrategie "Goldener Schnitt 2012" hat Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) einigen Staub aufgewirbelt. Für die FDP waren die Thesen des Ministers Anlass, am 21. Juni im Bundestag eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Die Fronten zwischen Koalition und Opposition verliefen nicht ganz eindeutig. Von der FDP gab es teilweise Zustimmung, von der SPD auch offene Ablehnung.
Glos hatte seine Strategie in einem Brief an die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen offenbart und für die nächsten fünf Jahre folgende Prioritäten festgestellt: Defizite in den öffentlichen Haushalten müssen vermieden und die öffentliche Verschuldung schrittweise verringert werden. Belastungen durch Steuern und Abgaben sollten dauerhaft gesenkt werden. Der Anteil der Investitionen, vor allem in Bildung, müsse erhöht werden. Glos unterstellt eine Wachstumsrate von gut drei Prozent und sieht daher Spielräume von zweieinhalb Prozent des Bruttosozialprodukts, das sind gut 70 Milliarden Euro bis 2012. Folgt man seiner Strategie, wäre Ende 2012 das Defizit des Bundes von heute 17 Milliarden Euro verschwunden, der Anteil öffentlicher Investitionen am Bruttoinlandsprodukt wäre auf knapp zwei Prozent (14 Milliarden Euro) gestiegen und Bürger und Unternehmen wären um rund 42 Milliarden Euro von Steuern und Abgaben entlastet. Staat und Wirtschaft sind nach Ansicht des Ministers zurzeit in einem "Tugendkreislauf", der durch Reformen verstärkt werden müsse.
Rainer Brüderle (FDP) konnte Glos' Vorstoß einiges abgewinnen. Allerdings müssten den Ankündigungen Taten folgen. Laurenz Meyer (CDU/CSU) pladierte dafür, versicherungsfremde Leistungen über Steuern statt über Sozialabgaben zu finanzieren. Rainer Wend (SPD) wandte sich gegen die Einschätzung des Ministers, die Erfolge seien der Angebotspolitik zu verdanken. Vielmehr resultierten sie aus einer Kombination von Angebots- und Nachfragepolitik. Herbert Schui (Die Linke) warf Glos vor, eine unsoziale Haushaltskonsolidierung zu fordern, die die Armen ärmer mache. Für die Grünen sprach sich Kerstin Andreae dafür aus, den Haushalt bis 2009 auszugleichen. Unter den jetzigen Bedingungen sei dies ein "realistisches Ziel".