KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG
Streit um die Förderung der klimaschonenden Erzeugung von Strom
Aus Jens Lattmanns Worten spricht ein gewisser Stolz: "Die Kraft-Wärme-Kopplung wird fast ausschließlich von Stadtwerken vorangetrieben." Nur die klimaschonende KWK, so das Kürzel, habe bei den kommunalen Versorgern "im Bereich umweltverträglicher Energien die Nischensphäre verlassen", betont der Umweltdezernent des Deutschen Städtetags. Die Stadtwerke produzieren 16 Prozent ihrer Elektrizität selbst. Dazu haben die über 600 dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) angehörenden Versorger eine Kapazität von 10.000 Megawatt installiert, wovon gut zwei Drittel auf KWK entfallen. Kraft-Wärme-Kopplung gilt als Musterbeispiel für Energieeffizienz, weil durch die doppelte Nutzung von Kohle, Öl, Gas oder Biomasse weniger Energie verfeuert und der Ausstoß von Kohlendioxid reduziert wird: In KWK-Anlagen wird gleichzeitig Strom und zu Heizzwecken Wärme erzeugt. Die Energieeffizienz wird so um bis zu einem Drittel gesteigert.
Die Stadtwerke würden ihr KWK-Highlight gern noch heller erstrahlen lassen. Immerhin hat auch SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel angekündigt, in Deutschland den KWK-Anteil an der Stromerzeugung bis 2020 auf 25 Prozent erhöhen zu wollen. Allerdings sind Neubau und Modernisierung von KWK-Anlagen mit höheren Investitionskosten verbunden, weshalb für VKU-Vizegeschäftsführer Michael Wübbels eine "finanzielle Flankierung unbedingt nötig ist". Allein über die Marktkräfte finde ein KWK-Ausbau nicht statt, so Klaus Traube vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung.
Doch die KWK-Förderung, die von den Verbrauchern über einen Aufschlag auf den Strompreis finanziert wird, ist in der Koalition umstritten. Angeheizt wurde der Konflikt durch einen ersten Entwurf von CSU-Wirtschaftsminister Michael Glos, der die KWK-Subventionierung auf kleinere Kraftwerke mit einer Leistung von höchstens zehn Megawatt (MW) begrenzen will.
Gegen dieses Limit laufen VKU, KWK-Bundesverband und SPD Sturm.
Auf der Basis eines Gesetzes von 2002 wurden KWK-Anlagen schon einmal unterstützt. Gezahlt wurden Zuschüsse für Elektrizität, die in KWK-Kraftwerken produziert und ins öffentliche Netz eingespeist wird. Die aufgrund von Förderanträgen bis Ende 2005 bewilligten Subventionen laufen spätestens 2009 aus. Bis dahin werden über dieses Programm 5,6 Milliarden Euro in die Kassen vor allem kommunaler, aber auch industrieller und kleinerer privater Versorger geflossen sein.
Eigentlich haben sich Union und SPD auf eine Neuauflage der KWK-Förderung verständigt. Doch deren Ausgestaltung ist eben umstritten - ein Konflikt um den Klimaschutz, der das politische Klima belastet.
Der CDU-Abgeordnete Joachim Pfeiffer, Fachmann seiner Fraktion, sieht im Entwurf des Wirtschaftsministeriums eine Diskussionsgrundlage, die den richtigen Weg weist: Die Konzentration der Unterstützung auf kleinere KWK-Anlagen fördere den Trend hin zur Dezentralisierung der Energiewirtschaft. Ob es beim Zehn-MW-Limit bleibe, werde sich im Herbst bei der Debatte über das energiepolitische Umfeld zeigen. Die Union, erläutert Pfeiffer, wolle die KWK-Subventionierung einbetten in ein Gesamtkonzept mit dem Emissionshandel, mit Fördermaßnahmen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und mit einem von der Union geplanten "integrierten Wärmekonzept", das auf eine verstärke Nutzung der Abwärme von Kraftwerken sowie einen Ausbau der Fern- und Nahwärmenetze ziele. Letztlich sollten alle Instrumente des Klimaschutzes in den Emissionshandel überführt werden: "EEG und KWK können nur Anschubförderungen sein, um Technologien näher an den Markt zu bringen." Pfeiffer: "Verbraucher und Industrie dürfen nicht zusätzlich belastet werden."
Die Kritiker hingegen gehen mit der Vorlage von Glos hart ins Gericht. Traube spricht von einem "desolaten Entwurf". Wübbels ortet beim Wirtschaftsressort ein "halbherziges Vorgehen": Bei einem Zehn-MW-Limit bleibe "ein großes Potenzial für die Modernisierung von KWK-Anlagen bei Stadtwerken ungenutzt". Laut VKU haben kommunale Unternehmen in den vergangenen Jahren 1,5 Milliarden Euro in KWK-Kraftwerke investiert, was den Kohlendioxidausstoß jährlich um 3,5 Millionen Tonnen senke. "Frustriert" über Glos zeigt sich auch SPD-Umweltpolitiker Ulrich Kelber: "Der Wirtschaftsminister unterminiert die Klimaschutzpolitik dieser Koalition". Die Steigerung der Energieeffizienz spiele bei ihm als politisches Ziel kaum eine Rolle.
Die SPD hat einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach es bei der KWK-Subventionierung keine Grenze nach oben bei der Kraftwerksleistung geben soll. Kelber lehnt ein Zehn-MW-Limit strikt ab: "Um KWK zum Durchbruch zu verhelfen, brauchen wir eine breit angelegte Förderun." Bislang mache der KWK-Anteil an der gesamten Elektrizitätserzeugung nur gut zehn Prozent aus, das Potenzial reiche jedoch bis zu 57 Prozent. Auch die von Gabriel angestrebte 25-Prozent-Quote bis 2020 sei ohne eine Unterstützung der Investitionen in Neubau und Modernisierung solcher Anlagen nicht zu schaffen.
Nun muss die KWK-Förderung letztlich der Bürger bezahlen. Auch Sicht des VKU halten sich diese Belastungen jedoch in Grenzen. Der Verband hat einen eigenen Gesetzentwurf präsentiert, der die an KWK-Kraftwerke gezahlten Subventionen nach deren Größe differenziert: Die Vergütungsaufschläge je Kilowattstunde sollen zwischen 2 Cent für Anlagen über zwei MW und 5,11 Cent für Kraftwerke unter 50 Kilowatt variieren. Nach VKU-Berechnungen hätte bei einem solchen Modell ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden im Monat nur 73 Cent zusätzlich aufzu- bringen.