EMISSIONSHANDEL
Gesetz zum Abbau von Kohlendioxidemissionen verabschiedet
Beim Streit um den Emissionshandel machte Michael Kauch (FDP) einen Mitspieler aus, der dem Zuschauer in der Regel verborgen bleibt: der Lobbyist. Es habe in den vergangenen Monaten einen "Kampf der Lobbyisten" gegeben, stellte Kauch fest. Die Interessenvertreter von den Stromkonzernen bis hin zu den Verbraucherschützern hatten in den vergangenen Wochen offenbar mit großer Hektik versucht, dem Gesetz ihren Stempel aufzudrücken. Ein Indiz, das deutlich macht, dass es bei diesem Gesetz nicht allein um Klimaschutz geht, sondern um Weichenstellungen für eine zukünftige Energiepolitik - und damit auch um viel Geld. Darauf nahm Frank Schwabe (SPD) in seiner Eingangsrede der Bundestagsdebatte am 22. Juni ganz anders Bezug: "Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif", erklärte er. Das Gesetz, das in einer namentlichen Abstimmung mit 360 Stimmen angenommen wurde, legt fest, wie der Emissionshandel von 2008 bis zum Jahr 2012 gestaltet werden soll. 180 Abgeordnete stimmten dagegen, denn auch in der Koalition selber gibt es dagegen Bedenken. So stimmten vor allem Parlamentarier gegen die neuen Regelungen, in deren Heimatregionen sich viele Braunkohlekraftwerke mit hohem CO2-Ausstoß befinden. Sie fürchten, dass der Emissionshandel ihre Betriebe benachteiligen und dadurch von Arbeitsplätzen verloren gehen würden.
Das Emissionshandelsgesetz setzt europäische Richtlinien um und sieht vor, dass Energieversorger und Industrieunternehmen ihren CO2-Ausstoß stärker als bisher reduzieren müssen. Nach einem langen Streit mit Brüssel wurde die zulässige Gesamtemissionsmenge für CO2 auf 453 Millionen Tonnen pro Jahr festgelegt - 57 Millionen Tonnen weniger als in der ersten Handelsperiode von 2005 bis 2007. Die Verschmutzungsrechte werden in Form von Zertifikaten dargestellt. Dahinter steht der Grundgedanke, dass CO2-Emissionen zu einem Kostenfaktor für die Unternehmen werden. Im Gegensatz zur ersten Handelsperiode sollen jetzt knapp zehn Prozent dieser Emissionsrechte versteigert und nicht wie bislang kostenlos abgegeben werden.
Auch die FDP möchte, dass in Zukunft noch mehr Emissionsrechte unter den Hammer kommen. Der Erlös der Aktionen soll nach dem Willen der Fraktion aber nicht in die Bundeskasse gehen. "Geben Sie das Geld den Verbrauchern und Verbraucherinnen zurück", forderte Michael Kauch. Für die CDU/CSU ist das Gesetz nach Katherina Reiches Meinung das "ganz zentrale klimapolitische Ziel dieser Legislaturperiode". Gleichzeitig kritisierte sie aber auch die Stromerzeuger, die den Emissionshandel als Grund für Preiserhöhungen angeführt hatten: "Ich halte das nicht für eine glückliche Politik", sagte Reiche diplomatisch. Eva Bulling-Schröter von der Linksfraktion ging mit den Stromversorgern härter ins Gericht. "Es werden die Kriegskassen der großen Stromversorger gefüllt", sagte sie und kritisierte, dass auch in dem neuen Gesetzentwurf noch 91 Prozent der Zertifikate umsonst vergeben würden. Zudem sieht sie eine "Hintertür", mit der die Obergrenze der Emissionen von 453 Millionen Tonnen hintergangen werden könnte: Die CDM-Projekte (Clean Development Mechanism), bei denen vereinfacht ausgedrückt klimafreundliche Entwicklungshilfe gegen Zertifikate getauscht werden können.
Der Grüne Reinhard Loske erklärte mit sichtbarer Genugtuung, dass dieses Gesetz mit dem ursprünglichen Entwurf "kaum mehr etwas zu tun" habe. Ausdrücklich lobte er Brüssel dafür, dass es bei der Umsetzung seiner Vorgaben zum Klimaschutz hart geblieben sei: "Danke EU-Kommission für diese Beharrlichkeit", sagte er. Dennoch gibt es für Bündnis 90/Die Grünen eine Reihe von Kritikpunkten: "Ja, Sie sind zu kohlefreundlich, Sie geben der Kohle doppelt so viele Emissionen wie dem Erdgas", sagte Loske in Richtung des Bundesumweltministers. Das Gesetz biete daher "keinerlei Anreiz zum Brennstoffwechsel", sagte der künftige Bremer Senator in seiner letzten Rede vor dem Bundestag. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht in dem neuen Gesetz hingegen einen Fortschritt: "Dieser Emissionshandel gehört zu den echten Erfolgsgeschichten dieser großen Koalition", meinte er. Den Gegnern des Entwurfs warf er hingegen vor: "Sie sorgen doch dafür, dass die alten CO2-Schleudern am Netz bleiben" und fügte hinzu: "Sie bleiben die Antwort schuldig, wie wir Klimaschutz in Deutschland bezahlen sollen."