RUSSLAND
Die Duma hat die Amtszeit des nächsten Präsidenten verlängert. Wird es Putin sein?
Kurz schien sich Widerstand zu regen. "Ihr vergreift Euch am Heiligsten, der Verfassung, und jetzt stopft Ihr sie auch noch der Opposition in den Mund", wetterte Wladimir Schirinowskij am 15. November in der Staatsduma. Der Führer der nationalpopulistischen Liberaldemokraten grollte, weil bei der zweiten Lesung der von Präsident Dmitri Medwedew eingebrachten Verfassungskorrektur die Änderungsvorschläge seiner Fraktion nicht einmal auf die Tagesordnung gekommen waren. Schirinowskijs Liberaldemokraten stimmten deshalb in zweiter Lesung gegen die vorliegende Gesetzesänderung. Und doch beschloss die Duma auch mit ihren Stimmen nur zwei Tage später endgültig, dass die Legislaturperioden der Staatsduma von vier auf fünf Jahre gestreckt werden, dass die Minister künftig der Duma Rechenschaft ablegen müssen, aber vor allem, dass sich die Amtszeit des nächsten russischen Präsidenten von vier auf sechs Jahre verlängert. 392 Abgeordnete stimmten für und nur 57 gegen das Gesetz. Lediglich die Kommunisten votierten mit Nein. Der Änderungsantrag der Schirinowskij-Fraktion hätte sogar mehr Machtzuwachs für den Staatschef bedeutet: 7 Jahre Amtszeit.
Die Kommunisten hatten ebenfalls einen Änderungsvorschlag vorgelegt: Sechs Jahre statt vier, aber ohne das einmalige Recht auf Wiederwahl. Dieser Vorschlag wurde von der kremltreuen Dumamehrheit ignoriert. Der nächste russische Präsident wird laut Verfassung nun bis zu 12 Jahre herrschen dürfen, eine Frist, die in nur 14 Tagen durch die Duma gedroschen wurde. In Moskau kursieren Gerüchte: Wladimir Putin wolle sein Amt als Premierminister bald los werden. Jungstaats-chef Dmitri Medwedew werde demnächst zurücktreten, um Putin, dem wirklich starken Mann, die Rückkehr auf den Präsidententhron zu ermöglichen.
Die Russen schert das nicht. Umfragen zufolge begrüßen 60 Prozent, dass der nächste Präsident länger regieren kann. Und Putin ist weiter hochpopulär. "Die Leute sind davon überzeugt, dass die Macht weiterhin in seinen Händen liegt", sagt Alexej Lewinson vom Levada-Meinungsforschungsinstitut. "Sie sind bereit, eine Ausnahme zu machen, wenn es um Putin geht." Der ist nach wie vor der Superstar der russischen Politik. Gerade in Zeiten der Krise hoffen die Menschen auf ihn. Zum anderen haben die Russen ein eher lässiges Verhältnis zum Gesetz. "Unsere Gesetze sind so schlecht, dass es unmöglich ist, sie einzuhalten", heißt es. Und Walerij Sorkin, der Vorsitzende des Verfassungsgerichts erklärte die Gesetzesänderung zur Bagatelle: "Es ist doch egal, ob in der Wohnung eine Kommode verschoben wird." Hauptsache, Dach und Fundament würden nicht abgerissen.