Der Bundestag hat eine Verschärfung der Regeln für Spätabtreibungen beschlossen. Vorangegangenen war ein jahrelanger, hochemotional geführter Streit zwischen Lebensschützern und Frauenrechtlern. Der Kompromiss, auf den sich die Initiatoren am Ende verständigten, ist die sprichwörtliche Einigung auf dem kleinsten Nenner, wie Kirchen und Wertkonservative anmerken. Doch schmälert dies nicht den Erfolg der Parlamentarier, die ihn zustande brachten. Die Verfechter waren vielmehr klug beraten, das Mögliche auszuloten und auf ideologische Kämpfe zu verzichten. Dass der Antrag zwar eine deutliche, aber keine überwältigende Mehrheit fand, zeigt, dass höhere Hürden nicht durchzusetzen gewesen wären.
Das Abstimmungsergebnis belegt aber auch, dass die meisten Abgeordneten die heutige Praxis, bei der die Diagnose einer Behinderung oder schweren Krankheit fast automatisch zum Schwangerschaftsabbruch führt, für falsch halten. Drei Tage Bedenkzeit müssen nun zwischen der Mitteilung des Arztes und dem tödlichen Eingriff mindestens vergehen. Damit soll verhindert werden, dass die Mutter
noch unter dem Schock der Diagnose die Entscheidung darüber fällt, ob sie die Schwangerschaft beenden lässt oder nicht - und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem ihr ungeborenes Kind schon lebensfähig wäre.
In den Fällen, in denen die Entscheidung der Eltern gegen das Kind unverrückbar ist, stellt die Neuregelung eine Verschärfung dar, die das ohnehin schwere Los noch ein wenig härter macht. Doch dies war abzuwägen gegen die Chance, dass manche Mütter doch die Kraft finden, ihr Baby zu bekommen, obwohl es anders ist, als sie es sich gewünscht hatten. Die meisten Parlamentarier votierten für das Leben - und das ist gut so.