Ein neues, ehrgeiziges Energiesparprogramm der EU hat mit der ersten Lesung im Europäischen Parlament am 7. Juni eine wichtige Hürde genommen. Mit großer Mehrheit stimmten die Europaabgeordneten dafür, in den nächsten neun Jahren rund 11,5 Prozent Energie einzusparen. Die Energiesparrichtlinie soll für die 25 Mitgliedsaaten verbindlich sein und in drei Stufen erfolgen: Von 2006 bis 2009 sollen mindestens drei, von 2009 bis 2012 mindestens vier und von 2012 bis 2015 mindestens 4,5 Prozent eingespart werden. Damit ging das Parlament noch über den Vorschlag der EU-Kommission hinaus, die eine lineare jährliche Einsparung von einem Prozent vorgeschlagen hatte.
Die Kommission verwies in ihrem Bericht auf Untersuchungen, wonach der Gesamtverbrauch an Energie in der EU, ohne Einschränkung des Komforts oder des Lebensstandards, bis 2010 um 20 Prozent gesenkt werden könnte. Bei den vorgesehenen jährlichen Einsparungen von "nur" einem Prozent könnten nach Brüsseler Schätzungen schon bis zu 50 Prozent der Verringerung des C02-Ausstoßes erreicht werden, zu denen sich die EU bei der Umsetzung des Kyoto-Protokolls verpflichtet hat.
Die einmütige Haltung von Kommission und Parlament dürfte ein starkes Argument gegenüber der Energiewirtschaftslobby sein. Um eine Vorreiterrolle zu übernehmen, verlangt das Parlament, dass für den öffentlichen Sektor höhere Ziele beschlossen werden. Dazu soll die Energieeffizienz als Bewertungskriterium bei der Ausschreibung öffentlicher Aufträge eingeführt werden. Zudem fordert das Parlament die Einführung eines transparenten und europaweit einheitlichen Systems zur Messung von Energieeinsparungen. Bürger und Unternehmen sollen außerdem besser über Energieeinsparmöglichkeiten informiert werden.
Die jetzt beratene Gesetzesinitiative ist im Zusammenhang mit dem ebenfalls im Gesetzgebungsprozess stehendem Vorstoß der Kommission zu sehen, mit dem in der Europäischen Union der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiegesamtverbrauch gesteigert werden soll. Nach den Plänen aus Brüssel soll ihr Anteil von sechs Prozent im Jahr 2001 auf zwölf Prozent im Jahr 2010 ansteigen.